Am 3. Januar 2005 verstarb im Alter von 84 Jahren
Professor Dr.
techn.Richard Doleal in Konstanz, emeritierter Ordinarius
für Verfahrenstechnik und Dampf-kesselwesen und
wissenschaftlicher Direktor des Heizkraftwerkes Pfaffenwald
der Universität. Er war ein national und international
anerkannter Wissenschaft-ler auf dem Gebiet der Feuerungs-
und Kraftwerkstechnik.
1921 in Böhmen geboren, studierte er von 1939 mit
kriegsbedingten Unter-brechungen bis 1946 Maschinenbau an der
TH Prag. Nach der Promotion 1947 führte ihn sein beruflicher
Weg über Tätigkeiten in der tschechischen
Kraftwer-ksindustrie (Skodawerke, Witkowitzer Eisenwerke) zum
ordentlichen Profes-sor, zunächst an der Bergbauakademie
Ostrava und dann an der TH Prag (1960 - 1968). Das
politische Ende des „Prager Frühlings“ zwang ihn, eine
Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als
Leiter der Dampf-erzeugerabteilung der Firma Gebr. Sulzer,
Winterthur/Schweiz, anzunehmen (1969 -1974). Dort erhielt er
den Ruf an die TU Braunschweig zum Direktor des Instituts
für Wärme- und Brennstofftechnik (1974 -1978).
1978 wurde Prof. Doleal als Direktor des Institutes für
Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen (IVD) und des
Heizkraftwerks an die Universität Stuttgart berufen. Diese
Institutionen leitete er über die Emeritierung 1989 hinaus
bis 1992.
Die Entwicklung des so genannten Schmelzkammerkessels für
ballastreiche Kohle ist untrennbar mit seinem Namen
verbunden, was durch 42 Patente, viele Publikationen und
durch das Buch „Schmelzfeuerungen“ dokumen-tiert ist. Es
folgten die in mehrere Sprachen übersetzten Bücher „Hochdruck-Heißdampf“,
„Großkesselfeuerungen“ und „Durchlaufkessel“, die nicht nur
im damaligen Ostblock Standardwerke waren.
Seine wissenschaftlichen Arbeiten in Stuttgart waren
schwerpunktmäßig geprägt durch die immer besseren
Mög-lichkeiten der digitalen Datenverarbeitung und den Ausbau
des Rechenzentrums. Dies ermöglichte es ihm, sich intensiv
mit der mathematischen Simulation der Prozesse im
konventionellen thermischen Kraftwerk zu befassen. Damit
können neben den komplizierten Anfahr- und Abfahrvorgängen
eines Dampferzeugers auch schnelle Last-änderungen sowie
Störfälle berechnet und kritische, thermisch hoch belastete
Stellen im Kessel identifiziert werden. Die von ihm
entwickelten Lösungsalgorithmen, insbesondere die
semianalytische Methode, werden auch noch heute in den
Programmsystemen des IVD eingesetzt.
Diese Arbeiten führten dazu, dass Prof. Doleal mit den von
ihm entwickelten Programmen bei der Planung der Erweiterung
des Heizkraftwerkes Pfaffenwald mit zwei Abhitzekesseln für
zwei Gasturbinen maßgeblich mit eingebunden war. Diese
Abhitzekessel sind heute ein wesentlicher Bestandteil der
Energieversorgung der Univer-sität und der benachbarten
Großforschungseinrichtungen in Vaihingen.
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeiten am IVD war es, die
aus der Verbrennung von Kohle, Öl, Gas oder Biomassen
resultierenden Umweltbelastungen im thermischen Kraftwerk so
gering wie möglich zu halten. Hierzu wurde die mathematische
Modellierung der Verbrennungsvorgänge im Feuerraum weiter
entwickelt und mit den Experimenten der halbtechnischen
Versuchsanlagen des IVD überprüft. In diese Zeit fällt auch
die Gründung des Forschungsschwerpunktes TECFLAM, der es
erlaubte, zusammen mit anderen Hochschulen und
Forschungs-einrichtungen in Baden-Württemberg über viele
Jahre hinweg die Möglichkeiten umweltfreundlicher
Verbrennung zu erforschen.
Das Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen und
die Universität Stuttgart werden Richard Doleal in
ehrender Erinnerung behalten.
Bernhard Pfau
Am 26. März verstarb Prof. Dr.-Ing. Dres. h.c.
Wolfgang Kaiser im Alter von 82 Jahren. Die
Universität Stuttgart und das Institut für
Nachrichtenübertragung, das er von 1967 bis 1992
leitete, verlieren mit ihm eine große Persönlichkeit.
Über 25 Jahre begeisterte er an seinem Lehrstuhl
Studierende und Wissen-schaftler für sein Fachgebiet.
Kaiser erwarb sich internationale Anerkennung durch
seine Forschungs-arbeiten, besonders auf den Gebieten
der Übertragung von Sprache, Daten, Texten und Bildern
sowie der optischen Übertragungssysteme. Er gestaltete
Forschungsrichtungen, wie zum Beispiel die schnelle
Datenübertragung über Telefonleitungen in den 60er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts, ohne die wir
heute keine DSL-Modems hätten. In jener Zeit ging den
Ingenieuren im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht
auf. Sie versuchten, mit Lichtimpulsen aus Lasern
Informationen über eine Glasfaser zu schicken.
Wolfgang Kaiser hat die Entwicklung der optischen
Nachrichtenübertragung ganz wesentlich geprägt. Ohne
diese Technik wäre der Datenverkehr im Internet
vergleichbar mit den Staus auf den Autobahnen. Bereits
in den 80er Jahren befasste er sich mit dem „Bildschirmtext“,
der heutigen E-Mail, und hat mit seinen Assistenten
die ersten Versuche im Labor durchgeführt. Mit seiner
Art, schnell auf den Kern einer Sache zu kommen und
eine knappe, aber treffende Antwort zu finden, hat er
viele Generationen von Studierenden und Doktoranden
geprägt.
Seine fachliche Kompetenz, seine Integrationsfähigkeit,
sein Geschick zur Motivation, sein Überblick und nicht
zuletzt seine verbindliche, herzliche Art machten ihn
zum gefragten Mann bei der Industrie und anderen
Insti-tutionen. Die Liste seiner Verpflichtungen war
lang. Er war über viele Jahre Mitglied des
Aufsichtsrats der
SEL-Alcatel und stellvertretendes Vorstandsmitglied
der Landesanstalt für Kommunikation in Stuttgart. Der
Münchner Kreis und das internationale Fernseh-Symposium
in Montreux am Genfer See haben ihm hervorragend
organisierte Kongresse und Fachtagungen zu verdanken.
Auch nach seiner Emeritierung im Herbst 1992 war
Wolfgang Kaiser weiterhin aktiv. So war er über
mehrere Jahre Vorsitzender des Forschungsverbunds
Medientechnik Südwest. Der ehemalige
baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth
hat ihn in dieser Zeit in den Wissenschaftlichen
Beirat der Jenoptik AG berufen. Er war Träger des
Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse und der
Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Zudem
war
Kaiser Mitglied der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften, der Europäischen Akademie der
Wissenschaften und Künste in Salzburg und Fellow des
Institute of
Electrical and Electronic Engineers in New York.
Wolfgang Kaiser wurde im hohenlohischen Schöntal
geboren. Nach dem Abitur 1941 in Tübingen führte sein
Weg direkt in den Krieg. Er geriet 1943 als Mitglied
der Luftnachrichtentruppe im Afrikakorps in
Gefangenschaft. 1947 aus der Gefangenschaft in den USA
und England zurückgekehrt, studierte er Elektrotechnik
in Stuttgart und promovierte dort 1954 bei Prof.
Richard Feldtkeller, einem der Begründer der
Nachrichtentechnik in Deutschland. Nach 13-jähriger
erfolgreicher Industrietätigkeit bei der Standard
Elektrik Lorenz AG, der heutigen Alcatel SEL, gelang
es der Universität Stuttgart 1967, den herausragenden
Fachmann und Industriemanager als Direktor des
Instituts für Fernmeldeanlagen zu gewinnen, aus dem
das heutige Institut für Nachrichtenübertragung
hervorging.
Speidel/ve
Ulrich Schmidt
Im Alter von 80 Jahren verstarb am 19. November 2004
Prof. Dr. Ulrich Schmidt, einer der führenden Peptid- und
Naturstoffchemiker Deutschlands.
Geboren am 24. Mai 1924 in
Woldenberg (Kreis Neumark) hatte Ulrich Schmidt nach seinem
Abitur zuerst seinen Reichsarbeits- und Wehrdienst
abzuleisten, bevor er nach einjähriger Kriegsgefangenschaft
1946 in Greifswald, Halle und schließlich Freiburg Chemie
studieren konnte. Nach nur zweijähriger Promotionszeit
(1953) schloss Ulrich Schmidt seine Habilitation an der
Univer-sität Freiburg an, wo er 1958
zum Dozenten und 1964 zum außerplanmäßigen Professor ernannt
wurde. Hauptarbeitsgebiete während dieser Zeit waren zu-erst
die Chemie von Schwefel- und Phosphorverbindungen sowie
Radikalreak-tionen, während sich
seine Forschungsinteressen ab Mitte der 70er Jahre in
Richtung Aminosäuren- und Naturstoffsynthesen wandelten. Im
Oktober 1977 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor
an die Universität Wien, wo er weitere zehn Jahre seines
wissenschaftlichen Schaffens verbrachte, bevor er im Oktober
1977 den Lehrstuhl für Organische Chemie an der Universität
Stuttgart übernahm. In den 15 Jahren bis zu seiner
Emeritierung 1992 beschäf-tigte er
sich überwiegend mit der Naturstoffsynthese, vor allem der
Synthese biologisch aktiver Peptide. Die Ent-wicklung
neuer Synthesemethoden zum Aufbau auch äußerst komplexer
Cyclopeptide bescherte ihm sein großes internationales
Renommee. In Forschung und Lehre ging Ulrich Schmidt voll
und ganz auf, und seine rege forscher-ische
Tätigkeit dokumentieren nicht nur die Vielzahl der
vollendeten Naturstoffsynthesen, sondern auch die 220
wissenschaftlichen Publikationen. Trotz dieses Engagements
fand er Zeit, sich seiner Familie und seinen Hobbys zu
widmen. Er war früher begeisterter Skifahrer und Segler, in
jüngster Zeit widmete er sich neben dem Reisen vor allem der
Kunst und der Literatur.
Mit Ulrich Schmidt haben wir
nicht nur einen großen Wissenschaftler und Lehrer, sondern
auch einen außer-gewöhnlichen
Menschen verloren. Er wird uns immer unvergessen bleiben.
Uli Kazmaier
Curt Siegel
Am 16. April 2004, wenige Wochen nach seinem 93.
Geburtstag, verstarb in Dornbirn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.
h. Curt Siegel.
In Brüssel am 11. März 1911
geboren, studierte Curt Siegel Architektur und
Bauingenieurwesen an der TH Dresden. Nach dem
Architekturdiplom 1936 und der Promotion arbeitete er
während der Kriegsjahre als Architekt in Magde-burg.1946
wurde Curt Siegel auf den Lehrstuhl „Statik für Architekten“
an die Hochschule für Baukunst in Weimar berufen. 1950
folgte er - nach abenteuer-licher
Flucht aus der gerade gegründeten DDR - einem Ruf der TH
Stuttgart an die Architekturabteilung, der seinerzeit noch
mit den Ingenieurwissenschaften vereinigten Fakultät für
Bauwesen. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1970 vertrat er
als Ordinarius zunächst die Fächer Statik und
Baukonstruktion, später noch Industriebau, schließlich
Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen.
In dieser Zeit hat Curt
Siegel in seinen Lehrgebieten den didaktischen Ansatz in der
Architektenausbildung beispiellos und nachhaltig verändert.
Er hat sie weggeführt von der tradierten „Schmalspur-Ingenieurausbildung“
hin zu einer auf Architekten bezogenen Tragwerkslehre, deren
Inhalte sich nicht mehr aussch-ließlich
über mathematische Modelle erklären, sondern durch bildhafte
Anschauungen und eher intuitiv erschlo-ssenem
Wissen zu den elementaren Wirkungsprinzipien lasttragender
Strukturen.
Überzeugt, dass nur auf
diesem Weg ein Zugang zum Verständnis und zur Berufspraxis
künftiger Architekten gelingt, wurde Curt Siegel zum
Begründer einer neu verstandenen Tragwerkslehre, die ohne
Vorbild war und über alle Erwartungen hinaus erfolgreich; er
selbst hinterfragte seinen Ansatz fortwährend kritisch und
fand so Ant-worten, sie immer
deutlicher zu entwickeln. Seine grundlegenden Ideen, auf
denen die neue Lehre aufbaute, brauchte er nie zu revidieren.
Sie haben noch heute Gültigkeit.
Curt Siegel vertrat seine
Überzeugungen vehement, mit unvergleichlich furioser, nie
ermüdender Energie und intel-lektueller
Brillanz, die seine Zuhörer ebenso fesseln wie motivieren
konnte. In seinem einzigen, in elf Sprachen übersetzten,
nahezu weltweit publizierten Lehrbuch „Strukturformen der
modernen Architektur“ hat er schon 1960 niedergeschrieben,
was er unter einer Konstruktionslehre für Architekten
verstand. Seine Tragwerkslehre wurde eines der Kennzeichen
der „Neuen Stuttgarter Architekturschule“ und hat, zusammen
mit den Beiträgen, die unter anderem Rolf Gutbier, Rolf
Gutbrod, Günter Wilhelm oder Maximilian Debus zur gleichen
Zeit auf ihren Fach-gebieten
geleistet haben, deren besonderen Ruf gerechtfertigt.
Und er gab sein Wissen nicht
nur an Studierende weiter. Auf Einladung fünf
lateinamerikanischer Universitäten hielt er in den Jahren
1965 bis 1968 jeweils mehrwöchige Seminare im konstruktiven
Entwerfen, an denen Dozenten aus nahezu allen Ländern des
Kontinents teilnahmen. Zurückgekehrt initiierte er ein
Hochschullehrer-Austausch-programm,
das - vom DAAD gefördert - bis heute besteht.
In seinem seit 1953 mit
Rudolf Wonneberg geführten Büro sind zahlreiche besondere
Projekte geplant und real-isiert
worden. Allein für die Universität Stuttgart: Die
Fertigungstechnischen Institute für Maschinenwesen, das
Institut für Statik und Dynamik der Luft- und
Raumfahrtkonstruktionen sowie - gemeinsam mit Rolf Gutbier
und Günter Wilhelm - das Kollegiengebäude I, wo ab 1960
Architekten, Bau- und Vermessungsingenieure „unter einem
Dach“ vereint waren. Das Museum für Naturkunde am Löwentor
und die Hanns-Martin-Schleyer-Halle sind in Stutt-gart
weitere bleibende Zeugnisse seiner Baukunst, die ihm immer
auch kritische Auseinandersetzungen waren mit dem, was er
als Wissenschaftler und Pädagoge an der Universität lehrte.
Einen Ruhestand im üblichen
Sinn hat es für Curt Siegel nie gegeben. Noch 1983,
inzwischen 72jährig, wurde er Mitbegründer des
Initiativkreises Ökologie der Universitäten Stuttgart und
Hohenheim mit vielfältigen engagierten Beiträgen in den
folgenden Jahren.
Sein letztes, persönlich
vielleicht wichtigstes Engagement galt einem bewegenden
Plädoyer für den Wiederaufbau der Frauenkirche in seiner
Heimatstadt Dresden, vorgetragen anlässlich eines
Kolloquiums der Fakultät zu seinem 80. Geburtstag.
Darin schloss sich zugleich
sein Lebenswerk als Architekt: Als junger Assistent hatte er,
gut 50 Jahre zuvor, Rissbilder in dem damals schon 200 Jahre
alten Kuppelgewölbe dokumentiert und konnte nun als Einziger
die Ursachen dieser Schäden in der historisch einmaligen
Steinkonstruktion nach eigener Anschauung beurteilen. Es
waren seine Untersuchungen und sein Rat, die als Grundlage
für die Rekonstruktion dieser Kirche gedient haben.
Curt Siegel hat sich selbst
einmal als Pessimisten aus Erfahrung bezeichnet, einer, der
trotzdem ruhelos Wahr-heiten
nachforscht, Richtiges mit ganzem Einsatz uneigennützig
fördert bei tief verwurzelter, gelegentlich durchaus
ambivalenter Abneigung allem Irrationalen gegenüber -
einschließlich Ehrungen aller Art. So hat er, ohne es später
sonderlich zu erwähnen, 1968 an der Universität von
Lima/Peru und 1982 an der RWTH Aachen die Würde zweier
Ehrenpromotionen entgegen genommen. - Ihm gilt der Respekt,
gewiss auch die Dankbarkeit von Vielen, denen er so
reichlich gegeben hat.
Dieter Sengler.
Franz Späth
Franz Späth, von 1986 bis 1993 ordentlicher Professor an
der Abteilung Päda-gogik, ist am 3.
Dezember 2004 im Alter von 76 Jahren verstorben.
Geboren am 14. März 1928
begann Franz Späth 1949 seine berufliche Karr-iere
zunächst als außerplanmäßiger Lehrer an Volksschulen, um
dann nach einem Hochschulstudium erneut in verschiedenen
außerplanmäßigen Lehrer-stellen zu
arbeiten. So begann er auch 1962 seine Tätigkeit an der
Übungs-schule der Hochschule
Weingarten, deren Rektor er bereits im folgenden Jahr wurde.
Es folgten Tätigkeiten als Dozent und Professor an der
Pädagogischen Hochschule Weingarten, als Regierungsdirektor
und dann Ministerialrat im Kultusministerium, schließlich ab
1975 als Professor an der Berufspädagog-ischen
Hochschule Stuttgart, ab 1986 bis 1993 als Professor an der
Universität Stuttgart, davon zwei Jahre als Dekan der
Philosophischen Fakultät.
Der berufliche Werdegang
Franz Späths unterscheidet sich von der Normal-biographie
späterer Jahrgänge ganz erheblich: Das Spektrum seiner Tätig-keiten
reicht von der des Lehrers über die Lehrerausbildung und die
Bildungs-administration bis zur
universitären Lehre und Forschung. Dies Spektrum beruflicher
Tätigkeiten wird unterstrichen durch ein Studium an drei
Universi-täten (Tübingen, Hamburg und
München) mit zwei Promotionen in Erziehungswissenschaft
(Hamburg) und Wirt-schaftspädagogik (München).
Neben der breit angelegten
beruflichen und akademischen Orientierung Franz Späths sind
seine Hauptarbeits-gebiete und
Forschungsschwerpunkte bemerkenswert: Neben der
Theoriegeschichte der Pädagogik und anthropo-logischen
Fragen der Berufspädagogik beschäftigten ihn die
pädagogische Biographieforschung und die Erziehung im
Lebenslauf aus autobiographischer Sicht - Themen, die in den
letzten Jahren (wieder) an Bedeutung gewinnen. Insbesondere
die pädagogische Biographieforschung gehört auch zu den
Arbeits- und Forschungsschwerpunkten der Abteilung Pädagogik
der Universität Stuttgart.
Martin Fromm
Günter Wilhelm
Der Architekt Günter Wilhelm (Jahrgang 1908) wirkte an
unserer Hochschule von 1934 bis 1936 als Assistent von Prof.
Paul Bonatz und von 1948 bis 1973 als ordentlicher Professor
für Baukonstruktion und Entwerfen. Gerne erinnere ich mich
an unsere Zusammenarbeit am Institut für Baukonstruktion, an
das ich 1969 berufen wurde: vier fruchtbare Jahre, in denen
ich als blutjunger Prof-essor von den
Erfahrungen des Älteren profitieren durfte.
Wilhelm hatte die
Baukonstruktionslehre (sein Vorgänger Schmitt-henner war als
„Blut-und-Boden-Architekt“ in Verruf geraten) neu orientiert:
Fächer wurden in die Projektarbeit der Studenten integriert,
darauf die heutige „integrierte Lehre“ auf-gebaut. Stets
bestand er dabei auf der Koordination von Tragwerk und
technischer Gebäudeausrüstung. Er, der Architekt
vorbildlicher Schul-bauten, baute
auch das Institut für Schulbau auf, das durch seine
Forschungen weithin bekannt wurde. Günter Wilhelm selbst
wirkte eher im Stillen, war jedoch von großem Einfluss auf
Generationen von Architekten.
Mein Karlsruher Lehrer Egon
Eiermann sagte in den fünfziger Jahren „geht nach Stuttgart
und schaut Euch die Schulen an, die der Wilhelm da baut!“
Eine zu Wilhelms 75. Geburtstag im Jahr 1983 erschienene
Broschüre*) gibt über sein Wirken als Architekt Auskunft:
das illustrierte Werkverzeichnis umfasst auch seine
kompromisslosen Bauten der 1930er und 1940er Jahre, darunter
die Forschungsanstalt „Graf Zeppelin“ in Ruit, für die er
auch die moderne Möblierung gestaltete. Und sie informiert
über seine preisgekrönte Bauten wie die Silcher-Schule in
Stuttgart-Rot (Paul-Bonatz-Preis 1959, Auszeichnung auf der
Triennale di Milano, 1960) sowie die beiden Uni-Hochhäuser K
I und K II, die er gemeinsam mit den Professoren Gutbier und
Siegel gebaut hat (Paul- Bonatz-Preis 1963). Bei einer
Instituts-Exkursion zeigte er Mitarbeitern und Kollegen das
Museum Hauff in Holzmaden (1967-1971), bei dem es ihm
gelungen war, die wichtigen Urweltfunde in sanftem
Tageslicht zu zeigen. Ich denke, dass dieser Bau sein
liebster war.
Nach der Emeritierung und
dem Abschied aus der Architektenarbeit konnte sich Günter
Wilhelm noch viele Jahre seiner Lieblingsbeschäftigung
widmen: mit seiner Leica fotografierte er die geliebten
Orchideen in den italienischen und französischen Alpen, dem
Murnauer Moos und der Schwäbischen Alb - seiner Heimat. Am
13. November 2004 ist er im Alter von 96 Jahren verstorben.
Peter Sulzer
*) Günter Wilhelm. Ein illustriertes Werkverzeichnis;
zusammengestellt auf der Basis einer Arbeit von Nanna Küsgen
von Walter Kroner, Jürgen Schwarz und Peter Sulzer Stuttgart
1983, 42 Seiten (vergriffen, in der Univer-sitätsbibliothek
vorhanden)