Ein Leben für den Flugzeugbau
Mit einem Kolloquium feierte das Institut A für Mechanik im
Juni den 80. Geburtstag seines ehemaligen Leiters Prof.
Richard Eppler. Mit Modellflugzeugen der Marke Eigenbau
führte der Jubilar auf anschauliche und vergnügliche Weise
die Gäste zurück zu den Anfängen der Motorfliegerei.
Mit leisem „Plopp“ landete der filigrane Nachbau eines
historischen Gleitvogels auf dem Hörsaalboden am
Pfaffenwaldring. Prof. Eppler blickte verschmitzt in die
Runde: „Sehen Sie, es fliegt längsstabil.“ Doch bis den
Gebrüdern Wright 1903 die ersten motorisierten Flüge
glückten - bei einer Flugdauer von 59 Sekunden muss man wohl
eher von Sprüngen sprechen - war es ein weiter Weg. Die
Stationen und Schwierigkeiten waren Thema des Festvortrags
Epplers. Zwei Probleme galt es zu bewältigen: Zum einen
müssen Flugzeuge um drei Achsen stabil sein. Vor allem die
Stabilität um die Querachse, die so genannte Längsstabilität,
bereitete lange Kopfzerbrechen. Da die Auftriebskräfte je
nach Anstellwinkel des Flugzeugflügels an unterschiedlichen
Stellen angreifen, konnten schon kleine Variationen dieses
Winkels zum Absturz führen. Gelöst wurde das Problem, indem
die Flieger einen zweiten Flügel bekamen, der so eingestellt
wird, dass die Wanderung der gesamten Antriebskraft ihre
gefährliche instabile Eigenschaft verliert. Im Zusammenspiel
von Höhenleitwerk und Tragfläche findet sich dieses Prinzip
bis in den Flugzeugbau unserer Tage.
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Richard Eppler |
Problem Nummer zwei war, die Flieger zu steuern. Als
wahrer Balancekünstler erwies sich dabei der Flugpionier
Otto Lilienthal, der seine Flugapparate durch
Schwerpunktverlagerung lenkte. Seine Längs-Instabilität
bescherte ihm zwar manchmal unsanfte Bauchlandungen, doch
die Botschaft war: „Man kann fliegen.“
Er hat bekanntlich recht behalten. Die komplexen
Wechsel-wirkungen der Strömungskräfte freilich beschäftigen
die Luftfahrt bis heute. Prof. Siegfried Wagner vom Institut
für Aerodynamik und Gasdynamik verdeutlichte dies in einem
Beitrag über Strömungs-Struktur-Wechselwirkungen an
Hubschrauberrotoren. Prof. Lothar Gaul, Nachfolger Epplers
am Institut A für Mechanik, hielt einen Vortrag zur
Simulation und Messung der Schall-wellen-ausbreitung in
flexiblen Rohrleitungen infolge von Druckschwankungen. Die
vorhandenen Fluid-Struktur-Interaktionen treten in Leitungen
für Bremssysteme, für die Kraftstoffzufuhr und in der
Verfahrenstechnik auf. Mit der Fluidbeschreibung durch eine
neue hybride Randelementmethode führt Gaul das
Forschungsgebiet der Panelverfahren seines Vorgängers fort.
Hochverdienter Wissenschaftler
Einen Blick auf das Lebenswerk des Jubilars warf der Dekan
der Fakultät Maschinenbau, Prof. Engelbert Westkämper.
„Prof. Eppler hat sich um die Entwicklung des deutschen
Segel- und Motorflugbaus sehr verdient gemacht und viel für
sein Institut, seine Fakultät und seine Universität getan.“
Der gebürtige Ulmer, der sich von Jugend an für den
Segelflug begeistert hat, habilitierte sich 1959 in
Stuttgart für das Fachgebiet Aerodynamik und ein Jahr später
an der TU München für Theoretische Strömungsmechanik.
Nach zwölf Jahren Industrietätigkeit folgte er 1968
dem Ruf der Uni Stuttgart. In teilweise turbulenter Zeit war
er bis zu seiner Emeritierung 1989 insgesamt sechs Jahre
Dekan der Fakultät Verfahrenstechnik. Sein Motto: Die
Universität wird trotz aller Hochschulgesetze erfolgreich
arbeiten.
Für seine national und international anerkannte Arbeit
wurde er vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem
Bundesverdienstorden am Bande.
Der wissenschaftliche Elan des 80-Jährigen, der bei
der Veranstaltung zwei Treppenstufen auf einmal nahm, ist
ungebrochen: Erst zwei Monate zuvor begeisterte er beim
Emeritierungskolloquium von Prof. Wagner mit neuen
Forschungsergebnissen.
Andrea Mayer-Grenu/uk
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