Der russische Angriff auf die Ukraine bedroht die Kulturgüter der Ukraine. Bedeutende Museen oder Kirchen sind bereits durch russische Bomben oder Artillerie zerstört oder schwer beschädigt worden. Der Deutsche Kunsthistorikertag in Stuttgart (23. bis 27. März) hat sich daher kurzfristig entschlossen, in dieser Woche die Kunst in der Ukraine und ihre bedrohten Kulturschätze zu einem eigenen Schwerpunkt zu machen. Auf dem Forum geht es auch um Strategien, wie dabei der Ukraine geholfen werden kann.
Noch vor dem offiziellen Auftakt des Kongresses werden am Mittwoch, 23. März 2022, auf einer Zoom-Konferenz Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine die dramatische Lage vor Ort schildern. Zugeschaltet werden soll unter anderem der Direktor des Jüdischen Museums in Czernowitz. Manche Museumsverantwortlichen in der Ukraine harren nach Angaben des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker seit Tagen in ihren zerstörten Gebäuden aus, weil sie Angst um die Bestände haben. Sie wollen deshalb auch ihr Land nicht verlassen. Der Verband hat bereits erste Schritte unternommen, wie etwa durch die Lieferung von Feuerlöschern aus Deutschland Kulturgüter besser geschützt werden können.
Am Donnerstag geht es um die Rolle der frühneuzeitlichen Kunstdenkmäler in der Westukraine. Ein Vortrag gilt einem Militär-Invalidenhaus in Lviv/Lemberg, das noch aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie stammt. Am Freitag werden bereits im Krieg zerstörte modernistische Gebäude in Charkiw thematisiert sowie die zeitgenössische Kunst in der Ukraine, die zum Teil selbst auf den Krieg reagiert. Am Samstag wird sich ein Vortrag mit der Frage beschäftigen, wie in der russischen und ukrainischen Forschung die dortige Holzarchitektur für einen russischen oder ukrainischen Nationalstil in Anspruch genommen wird. Ein weiterer stellt hölzerne Synagogen aus dem 17. und 18. Jahrhundert vor.
Der Verband Deutscher Kunsthistoriker hat unterdessen die Bundesregierung zu mehr Hilfe aufgefordert, um die ukrainischen Kulturschätze vor dem Krieg zu retten. Sein erster Vorsitzender Prof. Kilian Heck (Universität Greifswald) fordert von Kulturstaatsministerin Claudia Roth die Einrichtung eines Krisenstabs zur Bündelung aller bereits angelaufenen Hilfen und Initiativen. Es müsse darum gehen, den Menschen vor Ort zu helfen, die sich um den Bestand und Schutz von Museen und Kulturgüter sorgten. Auch die fotografische Dokumentation der Kunstwerke sei notwendig, erklärte Heck. „Es müssen Beweise geschaffen werden. Wir müssen an die Zeit denken, in der es vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu Prozessen kommt.“
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Kunsthistorikertag knüpft an die Ausstellung „Die Form“ an, die 1924 vom Deutschen Werkbund in Stuttgart organisiert wurde: https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Universitaet-Stuttgart-ist-Gastgeberin-des-Deutschen-Kunsthistorikertags-2022/
Das weitere Programm des Kunsthistorikertages ist online erreichbar unter https://kunsthistorikertag.de/programm/.