Der Eintritt in die Atmosphäre gehört zu den heikelsten Phasen einer Weltraummission, da der
Flugkörper stark abgebremst und dabei viel kinetische Energie in Wärme umgewandelt wird. Damit das
Raumfahrzeug keinen Schaden nimmt, ist die Spitze mit einem Hitzeschild geschützt.Während die
Ingenieure dabei bei früheren Raumfahrzeugen auf eine abgerundete Außenhaut setzten, sollen künftig
scharfe Ecken und Kanten den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre billiger, sicherer und flexibler
machen. Im Rahmen der Wiedereintrittsexperimente SHEFEX I und II (SHEFEX steht für Sharp Edge
Flight Experiment, das bedeutet scharfkantiger Flugversuch) hat das DLR dieses Prinzip bereits
erfolgreich getestet. Doch werden die Hitzeschilde derzeit noch mit sehr hohen Sicherheitsfaktoren
ausgelegt, weil die Wissenschaftler das Thermalverhalten vor allem im Wechselspiel mit der
Anströmung noch nicht ausreichend gut verstehen. Vor diesem Hintergrund wird die neue
Forschungsgruppe unterschiedliche Kühlungsmechanismen wie Strahlungs-, Transpirations- oder
Ablationskühlung weiter untersuchen, um die Sicherheitsfaktoren reduzieren zu können.
Zentraler Arbeitspunkt wird die Analyse der Vorderkante des scharfkantigen Rückkehrfahrzeugs
SHEFEX III des DLR sein. Die Vorderkante ist in ihrem sehr kleinen Radius von nur einem Millimeter
besonders stark belastet wird, so dass eine Kühlung besonders wichtig ist. Sie soll daher
transpirationsgekühlt werden, also während der heißen Flugphase von Kühlgas durchströmt werden. Für
eine derartige Struktur fehlen derzeit sowohl im Bereich Auslegung als auch im Bereich
Instrumentierung noch die nötigen Werkzeuge. Die Nachwuchsgruppe soll diese Werkzeuge erarbeiten
und die Grenzen und Kühlungsmöglichkeiten einer scharfen Anlaufkante untersuchen. Aufbauend auf
experimentellen Ergebnissen aus der Brennkammerentwicklung, den Projekten RESPACE, SFB-TR40, ATLLAS
und den Untersuchungen und Entwicklungen für das Wiedereintrittsexperiment SHEFEX II, wird die
Nachwuchsgruppe das Thermalantwortverhalten in Simulation und Experiment untersuchen.
Initiiert und geleitet wird die Helmholtz-Nachwuchsgruppe „High Temperature Management for
Hypersonic Flight" (Hochtemperaturmanagement für den Hyperschallflug) von Dr. Hannah Böhrk, die
sich in einem mehrstufigen Wettbewerb mit Fachbegutachtungen und einer interdisziplinären Jury
durchsetzen konnte. Die 38-jährige Ingenieurin hat an der Universität Stuttgart über die
Leistungssteigerung von elektrischen Antrieben mit Hybridplasmageneratoren promoviert und forscht
seit 2007 am Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung des DLR. „Die Nachwuchsgruppe
bietet eine hervorragende Möglichkeit, fünf Jahre lang eine Forschergruppe sowohl an der
Universität als auch im DLR zu leiten und zugleich Lehrerfahrung zu sammeln“, freut sich Böhrk.
Verantwortlich an der Universität Stuttgart ist Prof. Jens von Wolfersdorf am Institut für
Thermodynamik der Luft- und Raumfahrt. „Die Forschergruppe ist eine besondere und wichtige
Ergänzung zu der bisherigen ausgezeichneten Kooperation beider Institute im Rahmen von nationalen
und internationalen Forschungsprogrammen“, betont von Wolfersdorf. Die Helmholtz-Nachwuchsgruppe
nahm am 1. Oktober 2013 ihre Arbeit über den Zeitraum von fünf Jahren auf.
Kontakt
DLR:
Dr. Hannah Böhrk, Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung, Tel.: +49 (0)711
6862-604,
E-Mail: hannah.boehrk (at) dlr.de
Denise Nüssle, Kommunikation, Tel. ++49 (0)711 6862-8086, E-Mail: Denise.Nuessle (at)
dlr.de
Universität Stuttgart:
Prof. Jens von Wolfersdorf, Institut für Thermodynamik der Luft- und Raumfahrt (ITLR),
Tel. +49 711 685-62316, E-Mail jens.vonwolfersdorf (at) itlr.uni-stuttgart.de
Andrea Mayer-Grenu, Universität Stuttgart, Hochschulkommunikation, Tel. +49 711 685-82176,
E-Mail andrea.mayer-grenu (at) hkom.uni-stuttgart.de