Sie sind winzig klein, bauen Hüllen, die Architekten erblassen lassen, und können doch so verheerend sein. Während sich die Pflanzenvirologin Dr. Katharina Hipp vom Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme der Universität Stuttgart, Abteilung Molekularbiologie und Virologie der Pflanzen, mit dem Afrikanischen Maniokmosaikvirus beschäftigt, einem Schädling der Maniokpflanze, gewinnt ihre Kollegin Dr. Sabine Eiben dem Tabakmosaikvirus auch etwas Gutes ab. Viren könnten in Zukunft die Nanotechnologie beflügeln – als Basis für Sensoren, Gerüst für Gewebeersatz oder in der Krebsdiagnostik.
Katharina Hipp ist fasziniert von Geminiviren – seit dem Tag, als sie als junge Studentin einem Vortrag der Abteilung Molekularbiologie und Virologie der Pflanzen am Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme lauschte. Ihre Augen leuchten, während sie behutsam das Modell des Maniokmosaikvirus, ein Vertreter der Geminiviren, zwischen ihren Fingern dreht und wendet. Das Modell ist das Abschiedsgeschenk einer ehemaligen Diplomandin. Ausgedruckt auf einem 3D-Drucker nach der hochaufgelösten Struktur, die sie zusammen aus vielen verrauschten elektronenmikroskopischen Projektionsbildern eines Viruspartikels berechnet haben.
„Geminiviren sind insofern einzigartig unter den Viren, als ihre Protein-Hülle zwei unvollständige Ikosaeder ausbildet. Daher auch der lateinische Name Gemini für Zwilling“, erzählt die Biologin, die inzwischen als Postdoktorandin in der von Holger Jeske geleiteten Abteilung forscht. „Man sollte denken, dieser Zwillingspartikel bricht leichter auseinander, aber das ist nicht der Fall“, wundert sich Hipp noch heute. Normalerweise kommen Viren als Stäbchen, als fast kugelförmige Polyeder oder eben als einzelne Ikosaeder daher.
Obwohl die etwa 35 mal 20 Nanometer kleinen Geminiviren (ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter) zu den Zwergen unter den Viren zählen und nur mit einer minimalen Ausstattung an Proteinen auskommen, verursachen sie vor allem in den Tropen und Subtropen unter vielen Nutzpflanzen erheblichen Schaden. Das Afrikanische Maniokmosaikvirus verrät sich zunächst durch ein mosaikartiges Muster aus hell- und dunkelgrünen Bereichen auf den Blättern der infizierten Maniokpflanze. Später verkümmert die gesamte Pflanze. „Die Maniokwurzel ist für viele Afrikaner und Südostasiaten als Grundnahrungsmittel so wichtig wie für uns einst die Kartoffel“, betont Hipp. Da gebe es viele Kleinbauern, die Maniok hinter dem Haus anbauen, um ihre Familie zu ernähren. Fällt die Ernte durch einen Virusbefall aus, sei das für die Menschen dramatisch.