Wissen, was den Konsumenten gefällt – Eye-Tracking macht es möglich. Dank moderner Blickverfolgungssysteme können Vermarkter punktgenaue Aussagen über die optischen Präferenzen ihrer Kunden treffen: Welche Produkte wecken das größte Interesse? Welche Details fallen ins Auge? Liegt die Aufmerksamkeit bei Werbespots wirklich auf dem zu bewerbenden Produkt? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Visualisierungsinstitut der Universität Stuttgart (VISUS) beschäftigen sich mit der Entwicklung innovativer Softwarelösungen zur Visualisierung und Analyse hochkomplexer Eye-Tracking-Daten, die Fragen wie diese beantworten können.
Eye-Tracking-Systeme nutzen Kameras, Lichtquellen und Algorithmen, um die Bewegungen des Auges nachzuvollziehen. Dafür werden die Probanden mit Eye-Tracking-Brillen ausgestattet und beispielsweise vor ein befülltes Supermarktregal platziert. Die Brille zeichnet jede Augenbewegung auf. Vom Eye-Tracker wird Infrarotlicht auf die Netzhaut der Testperson projiziert. Die Reflexion dieser für den Menschen unsichtbaren Strahlen gibt dem System Auskunft über den Richtungsvektor und die räumliche Entfernung. Pro Sekunde werden bis zu 60 Datenpunkte registriert. Insgesamt sind über zehn verschiedene Augenbewegungen bekannt, die sich in drei Kategorien zusammenfassen lassen: Fixationen (die Fokussierung des Auges auf einen Punkt), Sakkaden (Augenbewegung zwischen zwei Fixationen) und Blickfolgen (Verfolgung eines sich bewegenden Punktes). Algorithmen wandeln die gesammelten Informationen in Aussagen über die Augenbewegungen der Probanden um.
Eine große Herausforderung stellt die Auswertung dieser enormen Datenmengen dar. Bei statischen Bildern kommen hierfür am häufigsten Attention Heatmaps und Gaze Plots zum Einsatz: Attention Heatmaps visualisieren die fokussierten Blickpunkte und heben die Bereiche farblich hervor, die von einem oder mehreren Probanden intensiver betrachtet wurden. Je wärmer die Farbe, desto länger lag die Aufmerksamkeit auf diesem Bereich.
Gaze Plots arbeiten zusätzlich mit dem Pfad der Augenbewegungen. Fixationen werden durch Punkte dargestellt, deren Umfang sich mit der Aufmerksamkeitsdauer vergrößert; die Verbindungslinien zwischen den Punkten stehen für Sakkaden. Somit messen Gaze Plots sowohl die Beobachtungsintensität als auch den zeitlichen Ablauf der Augenbewegungen. Beide Methoden eigenen sich jedoch nicht für die Arbeit mit Filmen oder ähnlich dynamischen Stimuli. Denn die Komplexität der dabei gewonnenen Daten überschreitet das Fassungsvermögen herkömmlicher 2D-Visualisierungen.
In einer dreidimensionalen Präsentation werden die Aufmerksamkeitspunkte aller Probanden auf das verwendete Filmmaterial projiziert . Damit ist auf einen Blick deutlich, welche Bereiche von den Probanden primär anvisiert wurden. Eine detailliertere Analyse erlaubt zudem ein Scarf Plot sowie die Gaze Stripes . Entlang eines Zeitstrahls werden dabei die Datenpunkte aller Probanden in Form von Bildsequenzen aufgelistet und automatisch nach analogen Aufmerksamkeitsmustern gruppiert. Dies ermöglicht es, sowohl individuelle Unterschiede zwischen den Probanden aufzudecken als auch gemeinsame Interessenbereiche zu definieren.
Bianca Finkel