
Auch kleine und mittlere Unternehmen stehen vor der Umsetzung von Industrie 4.0. Weil dafür oft Ressourcen und Strategien fehlen, soll das Projekt „Smart Factory Hub“ des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart helfen, die Hürden zu senken und erste Schritte zu ermöglichen.
Die Digitalisierung ist der wohl dynamischste Wirtschaftstrend der vergangenen Jahrzehnte. Unter den Stichworten „Industrie 4.0“ oder „Intelligente Fabrik“ entstehen neue Produkte, neue Herstellungsverfahren, sogar neue Märkte. Während große Unternehmen intensiv an der Weiterentwicklung und Implementierung digitaler Prozesse arbeiten und sich gegebenenfalls Expertise einkaufen, herrscht in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oftmals Unsicherheit: Wie wird smarte Produktion umgesetzt? Lohnt sich das für uns? Und an welcher Stelle können wir beginnen?
Nicht nur Antworten, sondern konkrete Hilfestellung verspricht das Projekt „Smart Factory Hub“, an dem seit Januar 2017 Jonathan Masior und Marco Kayser vom Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement der Universität Stuttgart arbeiten. Ziel ist es, in der Donauregion – also in den mittel- und osteuropäischen Donau-Anrainerstaaten – den Wissenstransfer zur Industrie 4.0 zu beschleunigen und zu stärken. Im Zuge des Projekts, das bis Juni 2019 angelegt ist, sollen beispielsweise Lern- und Trainingsnetzwerke entstehen – Aufgaben, die maßgeblich von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Stuttgart gestemmt werden.
Klar sei, sagt Marco Kayser, dass „jede Produktion ihr eigenes Ökosystem ist“, mit eigenen Details und Abläufen. Dennoch gebe es mit Blick auf die „intelligente Fabrik“ sich überschneidende Herausforderungen, etwa in Logistik, Qualitätsmanagement oder Dokumentation. „Smart ist, was wirtschaftlich ist“, so Kayser. Gerade KMU müssen herausfinden, welche Lösung sich mit Blick auf höhere Produktivität oder Einsparung am schnellsten rechnet. „Oft haben Unternehmen Sorge, weil sie ein riesiges Themenfeld sehen, und nicht wissen, was sie davon anwenden sollen, ergänzt Jonathan Masior.
Wikipedia-ähnliche Wissensdatenbank im Aufbau
Ein Grundgedanke des „Smart Factory Hub“-Projekts ist daher, dass nicht jedes Unternehmen das Rad neu erfinden muss: „Kleine und mittlere Unternehmen haben meist weder Zeit noch Mittel, diesen Prozess alleine anzugehen“, sagt Kayser. Ein gangbarer Weg sei für KMU dagegen, aus den Erfolgen und Fehlern anderer zu lernen. Solche Best- Practices wollen die IAT-Forscher in einer Datenbank sammeln, mit konkreten Anwendungsfällen, aber auch Vor- und Nachteilen. „Unser Ziel ist eine Wikipedia-ähnliche Technologie- und Wissensdatenbank für Industrie 4.0“, verdeutlicht Masior. Die Datenbank soll als erste unverbindliche Info-Plattform dienen und die häufig vorhandene Scheu vor dem Thema Industrie 4.0 abbauen helfen. In den Trainingseinheiten, die sie im Projekt entwickeln werden, wollen Masior und Kayser in praktischen Übungen Unternehmen zu ersten Schritten führen. Ein erster Ansatz könnte sein, papierbasierte Prozesse zugunsten mobiler digitaler Geräte aufzugeben. Das schafft Transparenz und mehr Zeitaktualität in der Produktion.
Im Moment gibt es zwischen großen Unternehmen und KMU noch eine große Lücke – gerade die Industriezulieferer unter den Mittelständlern müssen jedoch mitziehen. Wichtig ist dabei, frühzeitig zum Beispiel in der IT geeignete Strukturen zu schaffen. Auf diese Weise fällt es später leichter, auf neue Anforderungen der Kunden zu reagieren und sich in Teilschritten an die Umsetzung zu machen. Im Projekt „Smart Factory Hub“ können KMU konkret mitarbeiten. Wer sich an der Entwicklung beteiligt, bekommt Innovationsgutscheine angeboten, um sich Beratung, Workshops oder Implementierungen sichern zu können.
Jens Eber
Jonathan Masior, FuE-Management Fraunhofer, Tel.: +49 711/970-2369, E-Mail
Marco Kayser, FuE-Management Fraunhofer, Tel.: +49 711/970-2279, E-Mail
Das Projekt: Smart Factory HUB