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So gelang es am Institut für Physikalische Chemie, die Elementarschritte der Reaktion bei der Synthese von Phenol aus Benzol auf der molekularen Ebene in Ansätzen zu verstehen. Dadurch soll es möglich werden, die weit verbreitete Chemikalie effizienter und ökologisch unbedenklich herzustellen. Phenol wird weltweit jährlich in Mengen von etwa sieben Millionen Tonnen produziert und ist ein zentrales Ausgangsmaterial bei der Herstellung von Kunststoffen, die beispielsweise bei CD-Scheiben, Automobilteilen und Sicherheitsgläsern sowie in Lacken zur Beschichtung von Büchsen oder in Klebstoffen Anwendung finden. Konventionell wird Phenol in einem dreistufigen Cumol-Prozess gewonnen. Als Alternative dazu gelten kupferhaltige Zeolith-Katalysatoren. Diese sollen den Prozess zur Synthese von Phenol aus Benzol durch einen einstufigen ersetzen, der effizient und ökologisch unbedenklich ist. Die Ausbeuten dabei sind bisher jedoch gering. Um sie signifikant zu verbessern und eine selektive Katalyse zur erreichen, muss man die Elementarschritte der Reaktion auf molekularer Ebene verstehen. Hierzu setzen die Stuttgarter Wissenschaftler spektroskopische Methoden ein, welche Informationen über Schwingungen von Molekülen (im Falle der Infrarot-Spektroskopie) oder über den elektronischen Zustand und die Umgebung des katalytisch aktiven Kupfer-Zentrums (ESR- und EXAFS-Spektroskopie) liefern. Mit Hilfe der Infrarotspektroskopie gelang der Nachweis, dass das Benzolmolekül bevorzugt am Cu-Zentrum adsorbiert und dieses unter Bildung eines Benzol-Radikalkations zu einfach geladenen Kupferionen (Cu1+) reduziert. Das Sauerstoffmolekül oxidiert Cu1+ zurück in den Oxidationszustand Cu2+ (zweifach geladene Kupferionen), womit der katalytische Kreisprozess am Kupfer geschlossen ist. Sekundär adsorbiert Benzol am Säurezentrum des Zeoloithen. Das Benzol-Radikalkation reagiert zu noch nicht identifizierten Produkten weiter.
In einem anderen Teilprojekt geht es um eine neuartige Klasse fester Katalysatoren, die Selektivoxidation von nichtaktivierten Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen in Alkanen auf die Sprünge helfen sollen. Es handelt sich dabei um so genannte oktaedrische Molekularsiebe (OMS). Dahinter verbergen sich mikroporöse Übergangsmetalloxide. Die bislang untersuchten Vertreter dieser Materialklasse basieren nahezu ausschließlich auf Oxiden des Mangans. Ähnlich wie Zeolithe besitzen diese kristallinen Oxide Mikroporen mit Durchmessern im Bereich von Molekülabmessungen. In OMS-Materialien kann jedoch eine breitere Vielfalt an Übergangsmetallen wie zum Beispiel Eisen, Cobalt, Kupfer oder Zink in das Feststoffgerüst oder auf Kationenplätzen eingebracht werden. Dadurch sind diese Materialien für die Anwendung als Oxidationskatalysatoren besonders attraktiv.
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Ganzzell-Biosynthese in Kolibakterien am Beispiel von Astaxanthin. (Grafik: IMB) |
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Daher suchen die Wissenschaftler nach Wegen, um neuartige Vertreter der OMS-Katalysatorklasse zu präparieren. Neben Untersuchungen zur katalytischen Wirkungsweise der präparierten OMS-Materialien sollen auch innovative Reaktionsmedien genutzt werden. Hierbei wird insbesondere auf „überkritisches“ Kohlendioxid zurückgegriffen, das heißt auf Kohlendioxid bei Temperaturen und Drücken oberhalb eines kritischen Punktes. Dieses umweltfreundliche Lösungsmittel besitzt zugleich gas- und flüssigkeitsähnliche Eigenschaften. Daher können sowohl das zu oxidierende Substrat als auch der Sauerstoff leicht gelöst und dadurch zur Reaktion gebracht werden. Um diesen interdisziplinärer Ansatz verfolgen zu können, sind in dem Teilprojekt Wissenschaftler des Instituts für Anorganische Chemie und des Instituts für Technische Thermodynamik und Thermische Verfahrenstechnik der Uni Stuttgart sowie des Instituts für Technische Chemie der Universität Leipzig aktiv. Im ersten Jahr haben die Forscher gelernt, die Partikelgröße und –gestalt des manganoxidbasierten Materials K-OMS-2 einzustellen. So können beispielsweise unstrukurierte nanoskalige Partikel oder auch nadelförmige Kristalle gezielt hergestellt werden. Entscheidend sind dafür die Menge und die Verfügbarkeit von Kaliumionen, die in die Kanäle der OMS-2-Struktur eingebaut werden. Erste Untersuchungen zeigten, dass sich die Form und Größe der Partikel deutlich auf ihre katalytische Aktivität auswirkt.
Kolibakterien als Ganzzellbiokatalysator
Ein weiterer Schwerpunkt im SFB 706 sind zwei verschiedene Formen von Biokatalysatoren. Hierbei werden zum einen einzelne, freie oder immobilisierte Enzyme untersucht, die eine spezifische Oxidationsreaktion katalysieren. Zum zweiten entwickeln die Wissenschaftler des Instituts für Mikrobiologie sowie des Instituts für Bioverfahrenstechnik der Uni einen Ganzzellbiokatalysator, der nachwachsende Rohstoffe in hochwertige Produkte umsetzen soll. Dies wird am Beispiel der Darstellung der Antioxidantien Astaxanthin und Vitamin E durch das Darmbakterium Escherichia coli (E.Coli) gezeigt. Die Biosynthese dieser Verbindungen in Pflanzen ist bereits aufgeklärt und beinhaltet sauerstoffabhängige Oxidationsreaktionen. Mit Hilfe molekularbiologischer Methoden sollen die für die Biosynthese von Astaxanthin beziehungsweise Vitamin E wichtigen Gene in Kolibakterien eingebracht werden. Im Fall von Vitamin E ist dies deshalb reizvoll, weil sowohl die chemische Synthese des Vitamins als auch dessen Extraktion aus Pflanzen bisher zu Gemischen führt, deren Auftrennung sehr aufwendig und teuer ist. Durch das Einbringen der Vitamin E-Biosynthesegene in E.Coli hingegen soll die gezielte Herstellung der einzelnen Vitamin E-Verbindungen möglich werden. Die einfache Handhabung des Organismus erlaubt ferner die schnelle genetische Veränderung und damit eine Möglichkeit, die Produktausbeuten zu optimieren.
Ein weiterer Vorteil der Methode ist die Möglichkeit der so genannten Cofaktor-Regenerierung. Cofaktoren werden speziell von Enzymen gebraucht, die Sauerstoff-abhängige Oxidationsreaktionen katalysieren und sind zum Teil recht teuer. Im Fall der Ganzzellbiosynthese können sie vom Zellstoffwechsel automatisch zur Verfügung gestellt werden. Last but not least wird durch den Einsatz von E.Coli auch die Nachhaltigkeit der Synthese verbessert, da für die Biosynthese von Feinchemikalien, anders als bei der chemischen Synthese, nachwachsende Rohstoffe wie etwa Glukose oder Glyzerin verwendet werden. Allerdings können Kolibakterien die Vorstufen für die Synthese der gewünschten Antioxidantien nur begrenzt zur Verfügung stellen. Folglich ist zunächst mit geringen Ausbeuten zu rechnen. Eine weitere wichtige Aufgabe des Teilprojektes ist daher die modellgestützte Optimierung der gewonnenen Produktionsstämme. Ziel ist es, neben der erhöhten Produktausbeute die Produktivität der biologischen Systeme zu verbessern.
amg
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