Unikurier Inhaltsverzeichnis Suchen Uni Home
Kunst auf dem Campus > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
Micha Ullman - Fantasiereiche grüne Schüssel

Am 31. Mai 2005 wurde die Freie Mitte Süd auf dem Vaihinger Campus eingeweiht, eine Grünanlage zwischen den Institutsgebäuden am Allmandring und der Nobelstraße, die zu Mußestunden und Bewegung einlädt (wir berichteten). Kunst entdeckt man auch beim Durchschreiten der grünen Insel. Zwei Bodenplastiken gewannen den 2002 von der Universität ausgeschriebenen Wettbewerb: Rolf Bodensehs „Quadratrahmen“ und Micha Ullmans „Schüssel“.

grüne Schüssel

 

Micha Ullmans ist es gelungen, mit seiner Schüssel Kunst in einer beziehungsreichen Form in das Campusleben zu integrieren.  (Foto: Eppler)

Der 1939 in Tel Aviv geborene Micha Ullman wurde durch seine Teilnahmen an der Biennale von Venedig 1980 und an der Documenta 8 international bekannt. Auf dem Bebelplatz in Berlin schuf er 1995 eines der aussagekräftigsten Mahnmale gegen die Nazi-Zeit: Seine unterirdische Bibliothek erinnert an die dortige barbarische Bücherverbrennung von 1933. Von 1991 bis 2005 war Ullman Professor für Bildhauerei an der Stuttgarter Kunstakademie. In diesem Zeitraum entstand in Baden-Württemberg ein Netzwerk von Bodeninterventionen mit kosmologischen Bezügen. Begonnen hat dieser Arbeitszyklus 1994 mit dem Werk „Neumond“ auf dem Vorplatz des Stuttgarter Schloss Solitude: 29 in das Granitpflaster eingelassene kleine Darstellungen der Mondphasen verketten sich auf einer imaginären Linie eines Kreises mit etwa 16 Metern Durchmesser zum Monatszyklus. 1996 folgte „Abendstern“ an der Stuttgarter Ecke Stauffenbergstraße - Bolzstraße, 2000 „Mahlzeit“ auf dem Pragfriedhof und 2003 „Echo“ vor dem Physikalischen Institut der Universität Heidelberg. Ullman vervollständigt mit seiner Schüssel diesen Zyklus.

  Sie befindet sich in einem Mittelpunkt des elliptisch angelegten Wegs. Gerahmt wird eine zwei Meter tiefe und mit einem Durchmesser von fast 30 Metern große Mulde von einem doppelten Betonring mit Rechteckprofil. Der innere Ring liegt nach allen Richtungen hin waagerecht, der äußere Ring ist so um die Nord-Süd-Achse gekippt, dass sein östlicher Teil im leicht steigenden Gelände mit dem Scheitel um 50 Zentimeter über dem inneren Ring zu liegen kommt, der westliche Teil im fallenden Gelände dagegen entsprechend weit unter dem inneren Ring. Es entsteht dadurch eine bankartige Sitzfläche, die Skulptur erscheint als ein Amphitheater, ein Versammlungsort für Entspannung und Kontemplation.

  Die technische Konstruktion des Werkes selbst verleiht der Skulptur kosmologische Bezüge. Die Ringe sind aus je zwölf vorgefertigten Segmenten zusammengesetzt, die mit den zifferblattähnlich angeordneten Entwässerungslöchern in der Betonscheibe am tiefsten Punkt der Mulde korrespondieren. Die in die Ringoberseiten für den Krantransport gebohrten Greiflöcher wirken mit Regenwasser gefüllt wie Himmelsspiegel.

  Die hauptsächlich von ingenieur- und  naturwissenschaftlichen Instituten umgebene Skulptur könnte nicht zuletzt als Forschungsgerät gedeutet werden: Als Radioteleskop zur Erforschung außerirdischen Lebens oder als Parabolantenne. Denn laut dem Künstler unterstützt die konkave Form der Schüssel die Konzentration, das Senden und Empfangen von Ideen, Energie und Kraft.

  Micha Ullman verbindet mit minimalen Mitteln in seiner Plastik Natur, Wissenschaft und Kunst und schafft es damit, Kunst in einer beziehungsreichen Form ins Campusleben zu integrieren.

Michael La Corte

 

 

 
last change: 20.12.07 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart