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Aeroakustik-Fahrzzeugwindkanal gehört zu den modernsten der Welt > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >

Tests vom Smart bis zum Boliden

 

Als am 18. Mai 1989 die neue Kraftfahrzeug-Windkanalanlage der Uni eingeweiht wurde, war dies der Grundstein für eine der leistungsfähigsten Prüfanlagen auf dem Gebiet der Aerodynamik und Aeroakustik in Europa. Trotz des Fortschreitens der Simulationstechnologien hat die mehrfach erweiterte Einrichtung nicht an Bedeutung eingebüßt. Die Pläne für den weiteren Ausbau sind schon fertig.

Die technischen Daten der Anlage, zu der eine 1:1 Messstrecke sowie ein kleiner Windkanal für Modelle im Maßstab 1:5 und 1:4 gehören, lasen sich schon damals beeindruckend. Sieben Meter beträgt der Durchmesser des Rotors im Gebläse des großen Windkanals. Angetrieben durch einen 2.900 Kilowatt starken Elektromotor, lassen sich damit Geschwindigkeiten von bis zu 265 Stundenkilometern erzielen, im Modellwindkanal werden sogar 290 Stundenkilometer erreicht. Drei Jahre später begann der Ausbau zum Aeroakustik-Windkanal, im Jahr 2001 wurden beide Windkanäle mit je einem fünfteiligen Laufbandsystem ausgerüstet. Dadurch wurde die Simulation einer realistischen Straßenfahrt möglich, was die Versuchsergebnisse noch sicherer machte. Seither ist der große Windkanal einer der modernsten Aeroakustik-Fahrzeugwindkanäle der Welt, in dem aerodynamische Untersuchungen von Pkw, Vans und Rennsportfahrzeugen durchgeführt werden. Neben akustischen Methoden stehen weitere umfangreiche Versuchsmöglichkeiten zur Messung von Kräften, Drücken und Geschwindigkeiten sowie zur Strömungsvisualisierung zur Verfügung. Die Anlage dient der Forschung und Entwicklung auf den Gebieten Fahrzeugaerodynamik mit bewegtem Boden und drehenden Rädern, Aeroakustik mit Innen- und Außengeräuschmessungen sowie Aeroelastik. Im besonders leistungsfähigen kleinen Modellwindkanal können zudem Grundlagenforschung sowie aerodynamische Formoptimierungsarbeiten an Fahrzeugmodellen mit bewegtem Boden und drehenden Rädern durchgeführt werden.

   Anlässlich der Eröffnung prognostizierte der damalige baden-württembergische Minister für Wissenschaft und Kunst, Prof. Helmut Engler, die Windkanalanlage werde „die traditionell engen Bande zwischen der Universität Stuttgart und der Industrie festigen und vertiefen“. Tatsächlich wurde am Pfaffenwald seither vom Smart bis zum Formel-I-Boliden so ziemlich alles getestet, was das Benzin im Blut in Wallung bringt. Daimler, Porsche und Opel prüfen die Aerodynamik und Aeroakustik ihrer kompletten Flotte einschließlich der Rennfahrzeuge im Stuttgarter Windkanal. Und wenn die Anlage an Feiertagen einmal frei ist, wird sie von Formel-I-Konstrukteuren und amerikanischen Rennteams genutzt.

Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer
 

Rotor im Gebläse des großen Windkanals

 
Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer

Der Durchmesser des Rotors im Gebläse des großen Windkanals beträgt sieben Meter.          (Foto: FKFS)

Anstoß zu Forschungsprojekten

Auch in der Wissenschaft spielt der Stuttgarter Windkanal eine wichtige Rolle. So zielt ein eigenfinanziertes Projekt des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS) darauf, das Fahrzeugverhalten bei Seitenwind zu verbessern. Klassische Tests berücksichtigen hierbei beispielsweise den Einfluss des Fahrers nur unzureichend. Mit Hilfe des Windkanals konnte das FKFS eine Simulationssoftware entwickeln, mit der sich anhand der Lenkbewegungen ermitteln lässt, wie sich der Autofahrer bei Seitenwind fühlt. „Damit können wir voraussagen, wie ein Fahrzeug Jahre später in punkto Seitenwind beurteilt wird“, sagt Prof. Jochen Wiedemann, Leiter des Bereichs Kraftfahrwesen am FKFS sowie Inhaber des Lehrstuhls Kraftfahrwesen am Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen der Uni. Aber auch der Windkanal selbst war Gegenstand der Forschung. So untersuchte die Forschungsvereinigung Automobiltechnik in einem Projekt zum Thema Bodensimulation, wie die Messergebnisse von insgesamt vier Windkanälen mit denen auf einer realen Straße korrelieren. Das Ergebnis des Vergleichs: Das Stuttgarter System schnitt am besten ab.

Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer
 

Stuttgarter Windkanal

 
Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer

Im Stuttgarter Windkanal prüfen namhafte Fahrzeughersteller die Aerodynamik und Aeroakustik ihrer Flotte.                                       (Foto: FKFS)

   Für die nächsten Jahre ist die weitere Modernisierung der Anlage geplant. So sollen die Eigengeräusche des Kanals verringert werden, damit man künftig auch leisere Fahrzeuge testen kann. Vorgesehen ist zudem der Einbau neuer Laufbandanlagen, wovon sich die Wissenschaftler Verbesserungen bei der Straßensimulation versprechen. Weitere Neuerungen gehen das Problem an, dass im Windkanal eine gleichmäßige Strömung herrscht, während es auf der Straße selbst bei gleichbleibender Geschwindigkeit zu Wirbeln kommt. Mit mathematischen Methoden sollen solche Schwankungen künftig nachvollziehbar werden. Denkbar ist aber auch, durch geeignete Strömungsbeeinflussung die auf der Straße vorherrschenden Wirbelstrukturen nachzubilden.

   Dass Windkanäle, wie gelegentlich kolportiert wird, im Zeitalter von Virtual und Augmented Reality eine „Technologie von gestern“ seien, glaubt am Pfaffenwald niemand. „Computergestützte Fluid-Dynamik (CFD) und Windkanaltests ergänzen sich“, sagt Wiedemann. So lassen sich beispielsweise Strömungsfelder gut mit Hilfe der CFD darstellen. Den Höreindruck oder den konkreten Luftwiderstand eines Fahrzeugdetails dagegen erhält man erst beim Test im Windkanal. Die sinnvolle Parallelnutzung beider Methoden ist für die Stuttgarter Wissenschaftler denn auch ein wichtiges Zukunftsthema. „Wir können hier beides, und das ist selten in der Welt“, betont Wiedemann.

amg

 

 

 

KONTAKT

 
                                                                

Prof. Jochen Wiedemann
Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen
Tel. 0711/685-65600
e-mail: jochen.wiedemann@fkfs.de 
> > > www.fkfs.de

   
 
 
last change:20.12.2007/ yj
Pressestelle der Universität Stuttgart