Nachweis von verschränkten Photonenpaaren aus Quantenpunkten
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Meilenstein zum Quantencomputer
Nicht-klassische Lichtzustände sind nach den Maßstäben
des alltäglichen Lebens nicht spürbar und lassen sich
nur mit dem Konzept der Quantenmechanik beschreiben. Für die
abhörsichere Übertragung von Nachrichten oder die Entwicklung
extrem schneller Quantencomputer haben derartige Lichtquellen jedoch
großes Potential. Erzeugt werden sie mit Hilfe nanoskopischer
Halbleiter-Quantenpunkte. Ein Meilenstein ist dabei die Erzeugung
verschränkter Photonenpaare. Wissenschaftlern des Instituts
für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen (IHFG)
der Uni gelang vor kurzem der Nachweis dieses Phänomens.
Quantenpunkte
repräsentieren punktförmige Nanostukturen und sind somit
eine künstliche Entsprechung zu „echten“ Atomen.
Strahlende Übergänge zwischen den Energieniveaus eines
Quantenpunkts sind eine Quelle zur Erzeugung einzelner Photonen,
also den unteilbar kleinsten Energiequanten des Lichts. Für
diesen Erzeugungsprozess können unterschiedliche Ausgangszustände
eines Quantenpunkts dienen, so Exzitonen (X) oder auch Bi-Exzitonen
(XX), wobei unter einem Exziton ein gebundener Zustand von Elektron
und Defektelektron in einem Halbleiter zu verstehen ist. Bei der
kaskadierten (aufeinanderfolgenden) Freisetzung eines XX- und eines
X-Photons können zwei Grenzfälle unterschieden werden.
So kann es zu einer klassischen Polarisations-Korrelation eines
Photonenpaars kommen. Hier sind die Quanten auf den Emissionspfaden
beide horizontal oder vertikal polarisiert. Eine strukturelle Quantenpunkt-Asymmetrie
spiegelt sich hierbei als Feinstrukturaufspaltung der Emissionsspektren
der Photonen wider. Anhand dieser Feinstruktur sowie der gleichartigen
Polarisation beider Photonen können die Pfade der Kaskade
klar voneinander unterschieden werden.
Ein völlig anderes
Szenario stellt sich bei einer sehr kleinen beziehungsweise verschwindenden
Feinstruktur der Photonenemission dar. In diesem Fall kann zwischen
den beiden existierenden Emissionspfaden anhand der Polarisation
nicht unterschieden werden, und somit muss der Gesamtzustand des
Photonenpaares als Überlagerung aus den beiden möglichen
Rekombinationswegen beschrieben werden. Ein solcher Zwei-Photonen-Zustand
wird quantenmechanisch als polarisations-verschränkt bezeichnet.
In dieser Verschränkung ist die Polarisation jedes einzelnen
der beiden Photonen zunächst komplett unbestimmt. Erst die
gezielte Messung an einem der beiden Photonen erlaubt - dann aber
sofort - auch eine direkte Aussage über die Polarisation des
zweiten Photons aus derselben Kaskade. In der Sprechweise der Quantenmechanik „zwingt“ die
Messung den verschränkten Superpositionszustand zum „Kollaps“ in
den gemessenen Polarisationszustand. Der zuvor unbestimmte Zustand
des zweiten (korrelierten) Photons wird hierbei instantan, also
abhängig vom Resultat der Messung am ersten Photon, festgelegt.
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Erzeugung
klassisch korrelierter sowie „polarisations-verschränkter“ Paare
von Photonen. Während im klassischen Fall (links) eine
klare Unterscheidung der emittierten Photonen möglich
ist, befinden sich verschränkte Photonen (rechts) in einem
quantenmechanischen Überlagerungszustand. |
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Zwei-Photonen-Dichtematrix für den klassischen und den
verschränkten Zustand von Photonen. (Grafiken: Institut) |
Den Physikern um IHFG-Leiter Prof. Peter Michler ist es nun ebenso
wie kurz zuvor einer Gruppe an der Universität Cambridge gelungen,
verschränkte Photonenpaare an einem einzelnen Halbleiter-Quantenpunkt
des Materials Indium-Arsenid/Gallium-Arsenid bei einer Temperatur
von zehn Kelvin (das entspricht minus 263 Grad Celsius) zu erzeugen
und anschließend mit Hilfe von Photonen-Korrelationsmessungen
nachzuweisen. Aus einer Reihe von Messungen unterschiedlicher Polarisations-Kombinationen
konnte mit Hilfe eines Quanten-Tomographieverfahrens der Verschränkungsgrad
der Photonen ermittelt werden. Stellt man das Ergebnis in Form
einer Zwei-Photonen-Dichtematrix dar, so spiegelt sich darin ein
hoher Verschränkungsgrad von bis zu 72 Prozent. Weitere Messungen
am IHFG zeigten überraschenderweise, das selbst bei einer
Temperatur von 30 Kelvin der Verschränkungsgrad mit 68 Prozent
nahezu unverändert bleibt.
Abhörsichere Datenverbindungen
In weiteren Untersuchungen wollen die Wissenschaftler nun die Temperaturstabilität
der verwendeten Quantenpunkte optimieren, um verschränkte
Photonen auch bei technologisch interessanten Temperaturen oberhalb
von 77 Kelvin oder gar bei Raumtemperatur (300 Kelvin) erzeugen
zu können.
Die Möglichkeit zur Erzeugung solcher verschränkter
Photonenpaare ist ein wichtiger Meilenstein zum Beispiel für
die Quantenkryptographie, da es hiermit prinzipiell möglich
wird, absolut abhörsichere Datenverbindungen aufzubauen. Dabei
ist es die starke quantenmechanische Korrelation der übertragenen
Photonen zwischen Sender und Empfänger selbst, die im Falle
eines Lauschangriffs von dritter Stelle sofort die Störung
aufdecken würde. Erste experimentelle Kryptographienetzwerke
dieses Typs befinden sich bereits in Erprobung. Dr. Sven Ulrich/Robert
Hafenbrak/amg
KONTAKT
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Prof. Peter Michler
Institut für Halbleiteroptik
und Funktionelle Grenzflächen
Tel. 0711/685-64660
Fax 0711/685-63866
e-mail: p.michler@ihfg.uni-stuttgart.de
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