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Projektseminar in Westafrika >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Studieren ohne Bücher und Internetraum
Mali, der Senegal, Burkina Faso: Drei frankophile Länder
Westafrikas waren Ziel des ungewöhnlichen Projektseminars „Voyages
d`Afrique“, das am Institut für Literaturwissenschaft
(Romanische Literaturen I) der Uni Stuttgart unter der Leitung
von Françoise Joly stattfand. Für die Studierenden
wurde die dreiwöchige Reise nicht nur zum abschließenden
Höhepunkt des Seminars, sondern auch zum Startschuss für
Neues. Der Kontakt zu Germanistik-Studenten der Universität
Ouagadougou in Burkina Faso soll weiter auf- und ausgebaut werden,
ein Lehrmodul für afrikanische Studien für die Stuttgarter
Kommilitonen ist geplant.
Abenteuerliche Sandstraßen, Nächte unter freiem Himmel,
die Metropole Dakar mit ihren vielen außerafrikanischen Einflüssen,
der Kontakt zu Menschen eines ganz anderen Kulturkreises – zum
besonders beeindruckenden und „folgereichen“ Erlebnis
wurde für die Studierenden aus Stuttgart Burkina Faso und
das Zusammentreffen mit Germanistik-Studenten der Universität
Ouagadougou. Auf beiden Seiten war die Neugierde groß, das
Gesprächsklima „von Student zu Student“ offen. „Man
geht viel zu oft davon aus, dass alles so ist, wie man es kennt,
bis man das andere gesehen hat“, sagt Tinette Schnatterer,
die in Stuttgart Galloromanistik und Geschichte studiert. Die Realität
ihrer afrikanischen Kommilitonen sieht völlig anders aus:
Spärlich bestückte Uni-Bibliotheken, Übersetzungen
ohne Wörterbuch oder Arbeit im Internetcafé, da niemand
von ihnen über einen Internetanschluss verfügt.
Mit diesen Bildern im Kopf haben sich die Afrikareisenden das
Ziel gesetzt, nachhaltige Kontakte zu den überaus motivierten,
gut deutsch redenden Studierenden von Ouagadougou zu knüpfen
und auch auf universitärer Ebene etwas aufbauen. Fotos und
Videos vom deutschen Studentenleben werden sich auf den Weg nach
Burkina Faso machen, eine gemeinsame Internetplattform ist im Entstehen,
deutsch-afrikanische Tandems sollen mit dem Ziel des Studentenaustausches
gebildet werden. Und natürlich heißt es, die gesammelten
Erfahrungen weitergeben – etwa in Form eines Lehrmoduls für
afrikanische Studien.
„Wer reist schon nach Westafrika …“
„Ein außergewöhnliches Projekt. Wer reist schließlich
schon nach Westafrika, um Kontakte mit Universitäten aufzubauen“,
betonten die Stuttgarter „Explorateurs“, die sich eineinhalb Jahre
lang intensiv auf ihre Reiseziele vorbereitet haben. Dazu gehörte, sich
Mali, dem Senegal und Burkina Faso kolonialhistorisch, tagespolitisch, wirtschaftlich,
literarisch, kunstgeschichtlich, musikalisch, religiös und ethnisch zu
nähern. Ganz nebenbei erwarben die Studierenden dabei noch ganz andere
Kompetenzen, indem sie eine Homepage erstellten, Flyer für die Öffentlichkeitsarbeit
erstellten und sich auf Sponsorensuche machten. „Für mich war es
eine absolute Verantwortung und Herausforderung“, gesteht Françoise
Joly, die sich vorgenommen hatte, ihre Studierenden mit einer ganz anderen
Realität zu konfrontieren, als der, die sie in der frankophonen Welt sonst
kennenlernen, sie mit Menschen dieses anderen Kulturkreises ins Gespräch
zu bringen und ihnen, den jungen Europäern, ein Gefühl der Verantwortung
für die globale Welt zu vermitteln. „Dieser Blick über den
Tellerrand muss öfter geschehen, für mehr Menschen möglich sein,
auf beiden Seiten. Das Kennenlernen der Fremde ist unabdingbar notwendig, um
jegliche unbegründete (aber natürliche) Angst ablegen zu können
und so voneinander zu lernen“, betont Thomas Stichler, der
sein Studium der Germanistik/Galloromanistik inzwischen abgeschlossen
hat.
Afrika-Politik live
Große
Neugier und offenes Gesprächsklima: Stuttgarter Studierende
treffen Kommilitonen in Westafrika.
Auch im zwischenmenschlichen Umgang erlebten die Studierenden in
Afrika eine „Offenbarung“: Überall wurden sie
freundlich aufgenommen. Am Straßenrand Gedichte des ersten
Senegalesischen Präsidenten Senghor lesend, kamen sie mit
den Menschen ins Gespräch. Romane und Gedichte begleiteten
die „Afrikaentdecker“, die auch auf den Spuren des
französischen Ethnologen Marcel Griaule wanderten, der Anfang
der 20. Jahrhunderts mit seinen Forschungen über die Dogon
in Mali berühmt wurde. In
Dakar, der Metropole Westafrikas, empfanden sie die westlich-europäische Welt mit der afrikanischen „am
deutlichsten, aber auch am krassesten“ aufeinanderprallend.
Und in Bamako, der Hauptstadt Malis, stand aktuelle, gesamtafrikanische
Politik live auf der Agenda. Die EPA-Verträge zwischen den
afrikanischen Ländern und der EU, aufgrund derer billige
Importprodukte aus Europa die lokale Wirtschaft schwächen,
riefen massiven Protest hervor. Mittendrin bei Pressekonferenzen
und einer Protestveranstaltung im Stadion die Studierenden aus
Stuttgart. Zuhause stellen sich die Reisenden nun einer neuen
Herausforderung, sollen doch möglichst viele Studierende
auf beiden Seiten von den Erfahrungen ihrer „Voyages d`Afrique“ profitieren.
Stuttgarter Studierende können in die Afrikanischen Impressionen
im Rahmen einer kleinen Fotoausstellung in der Heilbronner Straße
7, 2. Stock, eintauchen. Dort wurde das Projekt im Juni auch
der Öffentlichkeit vorgestellt.
Julia
Alber/amg
Auf den Dächern der Lehmbauten
von Djenné, Mali
V.l.n.r.:
Evi Schreihans, Françoise Joly, der malische Führer,
Thomas Stichler
(Fotos:
Institut)
KONTAKT
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Françoise Joly
Romanische Literaturen I
Tel. 0711/685-83111
Fax 0711/685-82765
e-mail: francoise.joly@ilw.uni-stuttgart.de
>>>>http://www.voyagesdafrique.com
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