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10. Internationales Kolloquium zur Historischen Geographie
des Altertums >>>>>>>>>>>>
Antike Ressourcenprobleme – topaktuell
Von der Seidenherstellung in der Antike über die Gewinnung
von Asphalt, Pech und Teer in der griechisch-römischen Welt
und den Umgang mit Wasser bei den Germanen bis hin zu Fragen der
Nachhaltigkeit reichte das Themenspektrum beim 10. Internationalen
Kolloquium zur Historischen Geographie des Altertums im Mai. „Die
Schätze der Erde - Natürliche Ressourcen in der antiken
Welt“ lautete das Thema im Jubiläumsjahr. Ganz bewusst
rückten die Veranstalter der Abteilung Alte Geschichte im
Historischen Institut der Uni auch moderne Problemlagen in den
Blickpunkt.
Seit 1981 veranstaltet Prof. Eckart Olshausen, Abteilung Alte
Geschichte im Historischen Institut, in einem dreijährigen
Rhythmus die Stuttgarter Kolloquien zur Historischen Geographie
des Altertums. Ziel der von Ernst Kirsten (1911 – 1987) initiierten
Veranstaltung war und ist der interdisziplinäre Diskurs beispielsweise
zwischen Archäologen, Altorientalisten, Althistorikern, Klassischen
Philologen, Geologen, Geographen, Klimatologen und Philosophen
zu einem Dachthema aus dem Bereich der antiken Historischen Geographie. „Die
institutionelle Verankerung der Historischen Geographie der Antike
an den deutschen Universitäten ist nach wie vor ungenügend,
obwohl diese Disziplin eine lange wissenschaftliche Tradition hat
und es ganz offensichtlich unmöglich ist, eine solche interdisziplinäre
Zusammenarbeit allein auf der Basis von Zeitschriften wie dem von
mir herausgegebenen Orbis Terrarum oder der Reihe Geographica Historica
zu organisieren“, betonte Olshausen bei der Eröffnung.
Es gäbe in Deutschland keinen Lehrstuhl für Historische
Geographie der Antike, der sich diese Leistung zur Hauptaufgabe
machte und weiterreichende Forschungsperspektiven sichern könnte,
so Olshausen weiter: „Periodisch wiederkehrenden Veranstaltungen,
die durch wissenschaftliche Diskussionen eine solche interdisziplinäre
Zusammenarbeit fördern, können eine universitäre
Anbindung des Fachs nicht ersetzen. Sie sollen jedoch daran mahnen,
dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.“ Zu hoffen
sei jetzt immerhin auf die Einrichtung und Besetzung eines Lehrstuhl
für Historische Geographie des antiken Mittelmeerraums an
der Freien Universität Berlin.
Hauptanbaugebiete
landwirtschaftlicher Güter vor rund 2.000 Jahren (Ausschnitt).
(Foto: Historischer Atlas der antiken Welt; „Der neue Pauly“ -
Supplemente, Band 3. J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl
Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2007).
Diskutiert wurden im Laufe der fast drei Jahrzehnte die verschiedensten
Aspekte der historischen Geographie des Altertums: die antike Stadtkultur
ebenso wie das Gebirgsland als Lebensraum, Naturkatastrophen und
Verkehrswege, Migrationsbewegungen oder die Bezüge von Landschaft
und Religion. Stets war es den Veranstaltern dabei wichtig, die
historischen Befunde in Bezug zu setzen zu heutigen Problemen.
Dies galt auch für das Jubiläumskolloquium in diesem
Jahr, das mit der Fokussierung auf das Thema „Natürliche
Ressourcen“ angesichts der alltäglichen Schlagzeilen
um Rohstoffengpässe und explodierende Lebensmittelpreise aktueller
nicht hätte sein können. „Zweifelsohne kann die
Antike keine Rezepte für moderne Schwierigkeiten zur Verfügung
stellen, sie kann aber Modelle abgeben, an denen moderne Probleme
zu diskutieren sind“, so Olshausen. Die über 30 Referenten
aus dem In- und Ausland thematisierten natürliche Ressourcen
aller Art, von Minen (Denis Morin, Toulouse) und Erzen (Eckart
Olshausen, Stuttgart) über Böden (Peter Emberger, Salzburg)
und Wasser (Sergey Saprykin, Moskau) bis hin zu Pflanzen (Ulrich
Kull, Stuttgart) und Tieren (Tønnes Bekker-Nielsen, Kolding).
Die Vorkommen der Ressourcen interessierten ebenso wie ihre Exploration,
Gewinnung und Nutzung. Aspekte antiker Technik kamen dabei ebenso
zur Sprache wie politische, soziale, ökonomische und kulturelle
Zusammenhänge. Aber auch neue Instrumente und Methoden, mit
denen die antike Ressourcen-Gewinnung und -Nutzung von der Materialanalyse
bis hin zur Satellitenbildauswertung erforscht werden, durchzogen
die Diskussionen.
Ganz in die Gegenwart hinein wies auch der Festvortrag von Prof.
Siegfried F. Franke, einem der Höhepunkte des insgesamt fünftägigen
Kolloquiums. Der Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik und öffentliches
Recht des Instituts für Volkswirtschaftslehre und Recht der
Uni sprach über das Thema „Klimawandel und Ressourcenknappheit – einst
und jetzt“. Der Wirtschaftswissenschaftler knüpfte an
dem biblischen Bild von den sieben fetten und den sieben mageren
Kühen an. „Für den nüchternen Ökonomen
verbirgt sich dahinter nichts anderes als das Wissen um einen heraufziehenden
Klimawandel und um eine sich abzeichnende Ressourcenknappheit“,
analysierte Franke. Wer aber stellt heute wie und mit welchen Absichten
Phänomene des Klimawandels und der Ressourcenknappheit fest?
Sind Naturkatastrophen und daraus resultierende Hungersnöte
untrügliche Zeichen des vom Menschen verursachten Klimawandels
und sind der hohe Wohlstand westlicher Länder und die kapitalistische
Produktionsweise dafür zu geißeln? Mit welchen Maßnahmen
wollen Wissenschaft und Politik dem entgegenwirken und sind diese
als effizient einzustufen? Pointiert ging Franke den damit verbundenen
ernsten Fragen nach und stellte dabei die bekannten medial vermittelten
und schablonenhaft wiederholten Worthülsen in Frage.
Die Akten der Tagungen werden regelmäßig in der Reihe „Geographica
Historica“ im Steiner-Verlag publiziert. amg
KONTAKT
_____________________________________
Prof. Eckart Olshausen
Historisches Institut, Abteilung Alte Geschichte
Tel. 0711/685-83440
Fax 0711/685-83584
e-mail eckart.olshausen@po.hi.uni-stuttgart.de
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