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Kooperation zwischen dem Städtebau-Institut und der UNO in Palästina >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Frieden bauen in Flüchtlingslagern

Aus den ursprünglich als Zeltstädte errichteten Flüchtlingslagern in der Westbank Palästinas sind mit den Jahren regelrechte „Camp Cities“ mit einer extrem hohen Wohn- und Baudichte entstanden. Oft waren es die Bewohner selbst, die jede Normalisierung ablehnten, um ihr Recht auf Rückkehr nicht zu gefährden. Inzwischen jedoch setzt ein Umdenken ein. Das Städtebau-Institut der Uni entwickelt im Rahmen eines Projekts der Uno-Flüchtlingsorganisation UNRWA Ansätze, um die Lebensverhältnisse in den Lagern zu verbessern.

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Die Flüchtlingslager in Palästina haben sich zu dicht besiedelten „Camp Cities“ entwickelt, für die neue städtebauliche Ansätze gefragt sind

 

Workshop mit Repräsentanten eines Lagers.                       (Fotos: Institut)

„Warum brauchen wir Planung? Wir sind ein Flüchtlingslager. Camps brauchen keine Spielplätze oder Parks… Dies gehört in die Stadt. Wollt ihr aus unserem Camp eine Stadt machen?” Solche Sätze hören Hilfsorganisationen in Palästina häufig, wenn es um konzeptionelle Veränderungen in den Flüchtlingslagern geht. Sie zeigen, dass die Forderung der Vertriebenen nach der Rückkehr in die Heimat ihrer Groß- und Urgroßeltern im heutigen Staatsgebiet Israels ungebrochen ist. Auch die 58 Flüchtlingslager in der Westbank sind solche „temporären Warteräume“. Doch aus den 850.000 Vertriebenen im Jahr 1948 sind inzwischen 4,6 Millionen Menschen geworden und die Lager längst keine Zeltstädte mehr. Enge Gassen, schlechte Belüftung und Belichtung sowie das Fehlen öffentlicher Freiräume führen zu prekären Wohnverhältnissen.

Aufgerieben zwischen bitterer Erinnerung und einer ungewissen Zukunft begegneten die Flüchtlinge dieser Situation über Jahrzehnte hinweg mit großer Passivität. Doch allmählich ändert sich das, was nun auch bei den humanitären Organisationen ein Umdenken eingeleitet hat. So entwickelt die UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East), mit 29.000 Mitarbeitern die wichtigste Organisation in diesem Bereich, seit 2004 einen neuen Ansatz. Auch UNRWA versteht die Flüchtlinge jetzt nicht nur als Empfänger von Hilfsleistungen, sondern als aktive Partner bei der Verbesserung und Konsolidierung der Flüchtlingslager. Dabei gilt weiterhin die Prämisse, dass sich das Recht auf Rückkehr und eine Verbesserung der alltäglichen Lebensverhältnisse keineswegs ausschließen. Gefragt ist deshalb ein Planungsansatz, der sich gleichermaßen auf die physisch-räumlichen und sozio-ökonomischen Probleme der Lager richtet und der zu einer echten Partnerschaft mit der Lager-Bevölkerung führt. Unter diesen Vorgaben starteten das Fachgebiet SIAAL (Städtebau in Asien, Afrika und Lateinamerika) des Städtebau-Instituts und die
UNRWA mit Unterstützung der Europäischen Union 2005 ein Pilotprojekt.

Im Vordergrund stand dabei zunächst eine systematische Bestandsaufnahme der Flüchtlingslager in der Westbank, die am Beispiel der „Camp Cities“ Amari, Deheishe und Al Fawwar durchgeführt wurde. Analysiert wurden in den umfassenden Fallstudien unter anderem die Flächennutzung und die Infrastruktur, der öffentliche Raum, die Bau- und Wohntypologie sowie der gesellschaftlich-wirtschaftliche und kulturelle Charakter der Lager. Durch die Arbeit vor Ort gewannen die Stuttgarter Städtebauer und Architekten Schritt für Schritt das Vertrauen der Bewohner. Nach kontroversen Debatten, bei denen das Städtebau-Institut die Rolle des Moderators übernahm, konnte im Jahr 2007 mit der partizipativen Planung begonnen werden. Um die Prioritäten und Forderungen der Bewohner differenziert zu erfassen, folgten zahlreiche Treffen mit unterschiedlichen Gruppen wie Schülern, Frauen, Alten oder Behinderten. Konkretes Ergebnis ist ein „Camp Improvement Plan“, der neben einem strategischen Entwicklungskonzept für das Lager Al Fawwar detaillierte Vorschläge wie etwa ein Netzwerk von Nachbarschaftszentren und Wegeverbindungen, eine bessere Anbindung der Schulen und den Ausbau lokaler Institutionen enthält. Um die Ideen greifbar zu machen, richteten die Wissenschaftler gemeinsam mit Anwohnern öffentliche Plätze her und inszenierten „Events“.

Als weiteres Projektergebnis entstand ein „Aktions- und Planungshandbuch für Flüchtlingslager“, das der UNRWA als methodische Grundlage der regionalen Programme auch für Lager in Syrien, Jordanien, Libanon und dem Gazastreifen zur Verfügung steht. Um das „Camp-Improvement“-Konzept und die Planungsmethoden weiterzuentwickeln, beteiligen sich die Wissenschaftler des SIAAL auch weiterhin an kurzfristigen Einsätzen und Workshops in der Region. Einige Ergebnisse des zweijährigen Forschungs- und Planungsprojektes waren im Oktober und November im Rahmen der internationalen Ausstellung „Peacebuilding – Identity and Architecture in (post)-Conflictual Areas” in der „Casa dell' Architettura Rom“ zu sehen. Gezeigt wurden Kurzfilme, Fotografien und Informationstafeln über die Situation in den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens. Zu Wort kamen auch Lagerbewohner, die kontrovers über das „Camp Improvement“ debattierten und Einblicke in die komplexen sozialen, kulturellen Probleme gaben. Denn die gibt es schließlich nicht nur in der Westbank, sondern auch in vielen anderen Flüchtlingslagern und informellen Siedlungen rund um die Welt.          Philipp Misselwitz/Eckhart Ribbeck/amg

 

KONTAKT
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Prof. Eckhart Ribbeck
Städtebau-Insitut
Tel. 0711/685-83370
e-mail: eckhart.ribbeck@si.uni-stuttgart.de
>>> www.uni-stuttgart.de/si/siaal/siaal_forschung

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