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Forschung hinter den Kulissen >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Höher, schneller … immer weiter?

Wenige Tage vor dem Auftakt der Olympischen Spiele in Peking lud die Pressestelle der Uni Journalisten zur „Forschung hinter den Kulissen“ ins Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft. Sind die Grenzen der Leistungsfähigkeit bei Sportlern nicht längst ausgereizt? Dies war eine der zentralen Fragen.

Rund 500 Studierende bereiten sich am Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft auf das Lehramt an Gymnasien oder auf die wissenschaftliche Tätigkeit in den Bereichen Sportmanagement oder Gesundheitsförderung vor. Aber auch Olympioniken sind am Allmandring anzutreffen, denn seit 2004 arbeiten die Stuttgarter Sportwissenschaftler mit dem Olympiastützpunkt Stuttgart zusammen. Anhand präziser Analysen des Krafteinsatzes und der Bewegungsabläufe entwickeln sie individuell angepasste Trainings für Kunst- und Trampolinturner, Leichtathleten wie auch Judokas und verhelfen ihnen so zu einem Optimum an sportlicher Leistung.

In der Sporthalle auf dem Vaihinger Campus schnellt sich Andreas Hofer, Turner im olympischen B-Kader, aus der Kniebeuge in die Höhe und landet zielsicher auf einer Messplatte. Fast zeitgleich zeichnen sich auf dem PC-Monitor des wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. Dieter Bubeck Kurven für Höhe, Kraft und Zeit des Sprungs ab. Anhand der Absprungleistung erarbeiten die Sportwissenschaftler Trainingsempfehlungen, von denen auch die leichtathletischen Sprungdisziplinen profitieren. „Durch die Kombination von Trainingswirkungsanalysen und speziellem Training können die Sportler ihre Leistungsfähigkeit sogar so timen, dass sie die Höchstleistung genau zum Zeitpunkt des Wettkampfes erreichen“, erklärt Prof. Wilfried Alt, der den Arbeitsbereich Biomechanik, Bewegung und Training betreut.

Neben mehreren Expemplaren der rund 30.000 Euro teuren Messplatte finden sich in der Sporthalle viele weitere Präzisionsmessgeräte. Auf den ersten Blick erinnern sie an Trainingsgeräte aus einem Fitness-Studio. Doch sobald Anderas Hofer darin fest arretiert wird, ist diese Gemeinsamkeit dahin. Um die Kraft der Rücken- und Bauchmuskeln oder der Muskeln links und rechts der Wirbelsäule gezielt zu vermessen, dürfen jeweils nur die zum Einsatz kommen, denen gerade das Interesse gilt. Zeigt sich dabei bespielsweise, dass die Muskulatur auf einer Seite der Wirbelsäule schwächer ausgeprägt ist, muss das Training darauf abzielen, diese zu stärken. Eine besonders wichtige Rolle spielt die Stabilität der Wirbelsäule etwa bei den Judokas.

Sprung
Nach dem Sprung auf die Messplatte
erarbeiten die Stuttgarter
Sportwissenschaftler individuelle
Trainingsempfehlungen. (Foto: Eppler)

Olympiaservice „made in Vaihingen“
An einem anderen, eigens entwickelten Messplatz diagnostizieren die Biomechanik-Fachleute die Kraftleistung an den Ringen. Mittels der so genannten Elektromyographie, vergleichbar einem EKG, können sie damit bei dem Kraftelement „Schwalbe“ die „Muskelströme“ aller beteiligten Muskeln des Schultergürtels erfassen. Thomas Andergassen vom MTV Stuttgart, 2007 Deutscher Meister an den Ringen, hat davon schon profitiert. Vor seiner zweifachen Schulter-OP wurde am Institut sein neuromuskuläres Aktivierungsprofil erfasst. Knapp ein halbes Jahr nach der Operation startet er nun schon bei Olympia – auch dank der Daten aus Stuttgart konnte seine Muskulatur während der Rehabilitationsbehandlung wieder zielgerichtet aufgebaut werden.

Höher, weiter, schneller? Sind beim Sport die Grenzen erreicht? „Wenn man sportliche Leistungen nur unter dem Blickwinkel der Mechanik betrachtet, stoßen wir längst an Grenzen“, sagt Alt. „Durch präzise Analysen des Krafteinsatzes, der Bewegungen und ein individuell angepasstes Training lassen sich solche Grenzen jedoch durchaus nach oben verschieben.“ Allerdings werden die Zuwachsraten im Durchschnitt kleiner. Eine Leistungsgrenze kann Alt angesichts immer besserer Trainingsmethoden nicht benennen. „Außerdem wird es immer wieder einen Sportler geben wird, der aufgrund seiner genetischen Veranlagung einfach besser ist als alle anderen.“

Gesundheit im Blick – nicht nur für Sportler
Viel Aufmerksamkeit widmen die Stuttgarter Biomechanikfachleute dem Nachwuchs im Leistungssport. Wie muss Kraft trainiert werden, wie kann man Überlastungsfolgen vermeiden? „Unser Ziel ist es, die Athleten gesund zu Höchstleistungen zu bringen, ohne Überlastungsfolgen“, betont Alt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Verletzungen, die man eigentlich vermeiden könnte. Knie- und Sprunggelenkverletzungen können zum Beispiel mittels sogenannter Orthesen (orthopädische Prothesen) reduziert werden – man kann ihnen aber auch durch ein Gleichgewichtstraining auf instabiler Unterlage vorbeugen. „Es ist empirisch bewiesen, dass sich Sportler mit diesem Training weniger verletzen“, sagt Wilfried Alt, ergänzt allerdings: „Wir wissen nur noch nicht genau, warum es wirkt.“ Von den Erkenntnissen über die Funktion des Bewegungsapparates profitieren übrigens nicht nur Leistungssportler. Ihr Wissen kommt auch Menschen zugute, die mit gestörten Bewegungsabläufen zu kämpfen haben, beispielsweise nach Unfällen oder aufgrund einer Parkinson-Erkrankung. Julia Alber

 

KONTAKT
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Prof. Wilfried Alt
Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft
Tel. 0711/685-63186
e-mail: wilfried.alt@sport.uni-stuttgart.de
> > > www.sport.uni-stuttgart.de/inspo/

 

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