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Performance Development Engineer und Absolventin der Uni >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Keine Angst vor schnellen Motoren
Als Frau hat man es in Ingenieurberufen nicht immer leicht.
Doch die Absolventin des Studiengangs Fahrzeug- und Motorentechnik
der Universität Stuttgart Annette Müller ließ sich
davon nicht beirren, sondern startete voll durch – im doppelten
Sinne. In den nächsten Jahren wird sie in England leben und
arbeiten. Dort, wo die Geschwindigkeit auf Autobahnen begrenzt
ist, fühlt sie sich wohl und tüftelt als Performance
Development Engineer bei Mercedes-Benz HighPerformanceEngines Ltd
in Brixworth an Motoren der Extraklasse.
Dem eleganten schwarzen
Outfit nach könnte Annette Müller Architektin sein oder
an der Börse mit viel Geld jonglieren. Das Logo auf dem T-Shirt „Mercedes-Benz“ gibt
jedoch eine andere Richtung vor und der weiße Schriftzug
auf der Jacke „HighPerformanceEngines“ macht klar,
man hat es hier mit einer „schnellen Frau“ zu tun. „Das
ist unser Team-Outfit“, lacht sie und fügt an: „Da
muss ich morgens vor dem Kleiderschrank nicht lange überlegen.“ Seit
Januar 2008 arbeitet die Absolventin der Uni Stuttgart bei Mercedes-Benz
HighPerformanceEngines Ltd in Brixworth, die das McLaren-Team mit
Motoren ausstattet. „Bei der Formel 1 mitzuarbeiten, das
ist schon ein Traum“, schwärmt die Ingenieurin und stellt
staunend fest, dass bei ihr „bislang irgendwie alles flüssig
ineinander über ging“.
„Ich will Autos bauen“
Mit dem Führerschein und dem ersten Auto reifte bei der
Abiturientin Annette der Gedanke: „Ich will Autos bauen“.
Herumgeschraubt an ihrem ersten fahrbaren Untersatz hat sie
zwar nie, aber die Technik interessierte sie sehr, und schnell
war klar, dass ihr Studium „etwas mit Autos“ zu
tun haben sollte. Die Wahl fiel schließlich auf das Studienfach
Fahrzeug- und Motorentechnik an der Uni Stuttgart. Ob ihr damals
klar war, dass sie dabei so gut wie nur mit Jungs zusammen
sein wird? „Wohl schon“, erinnert sie sich vage,
sah es aber damals – wie auch heute – nie als Problem.
Annette Müller suchte Kontakt zu jenen, mit denen sie
sich gut verstand, und gesteht: „Um ehrlich zu sein,
ich hatte nie tieferen Kontakt zu meinen Kommilitoninnen.“
Die Katastrophe der ersten zwei Semester, das waren nicht
die „rund 90 Prozent geballte Männlichkeit“,
sondern die technischen Zeichnungen. Da keine Alternative
zur Verfügung stand, boxte sie sich durch, fand von
Semester zu Semester mehr Geschmack am Studium und infizierte
sich schließlich während eines Besuchs bei der
Audi AG mit dem „Motorsport-Virus“. Es folgte
ein Praktikum bei dem Automobilhersteller, und als im Jahr
2005 Studierende der Uni Stuttgart das Rennteam gründeten,
war Annette Müller mit dabei. „Rund ein Jahr“,
schätzt sie, hat sie ihr Engagement gekostet, aber in
Eigenregie einen Rennwagen zu bauen, das „hat sich
voll gelohnt“. Die Praxiserfahrung und das Miteinander
im Team möchte sie nicht missen. Als „Abteilungsleiterin“ stand
sie damals der Motorenentwicklung vor – und hat dabei
erstmals erfahren, dass sie als Frau mit mehr Bestimmtheit
auftreten muss, um bei den Jungs Gehör zu finden. |
Schon
als Studentin hat sich Annette Müller erfolgreich mit
dem Motorsport beschäftigt. Rund ein Jahr engagierte
sie
sich beim Rennteam der Uni Stuttgart.
(Foto: Rennteam Uni Stuttgart) |
Traumjob bei der Formel 1
Über
ihre Diplom-Arbeit kam Annette Müller schließlich nach
England und – „wie ein Traum“ – in die
Formel 1. Mercedes-Benz HighPerformanceEngines bot der „rennsportbegeisterten“ Ingenieurin
gleich im Anschluss an ihre Diplom-Arbeit eine feste Stelle an,
und diese schwärmt nun von den Möglichkeiten, der Schnelligkeit,
den Finanzen und der „extraordinären Technik“ im
Motorsport. „Das ist etwas ganz anderes als in der Serienentwicklung,
und man bekommt mehr Einblick“, betont Annette Müller,
die am Prüfstand in der Motorenentwicklung die Kraftpakete
testet – und an den Wochenenden vor dem Fernseher mit Herzklopfen
die Rennen von Hamilton und Kovalainen verfolgt.
Von 140 auf 350
km/h
Nur einmal hat Annette Müller bislang wegen ihrer Berufsentscheidung
schlaflose Nächte verbracht. Damals stand die Frage „Promotion
ja oder nein?“ an, die sie für sich schließlich
mit „Nein“ beantwortet hat, „weil ich die Chance
nicht ungenutzt lassen wollte, in der Formel 1 zu arbeiten und
der angebotene Job genau dem entsprach, was ich schon immer machen
wollte“. In zwei Jahren von 140 Stundenkilometern mit dem
Studi-Rennwagen auf gut 350 in der Formel 1 – Frauen sollten
sich einfach mehr zutrauen, realisieren, dass sie gut sind, auch
etwas ausprobieren, machen, nicht abwarten und zurückhaltend
sein, rät Annette Müller allen, die es ihr nachtun wollen.
Benachteiligt hat sie sich in der Männerdomäne nie gefühlt,
kam mit Kommilitonen, Professoren, Chefs und Kollegen immer gut
klar. Allerdings, räumt sie ein, „wenn es um das Gehalt
und um Aufstiegschancen geht, habe ich jetzt das Gefühl, da
denkt manch` ein Kollege schon: Die Frau muss ich im Auge behalten“.
Julia Alber
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