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Kosmische Sphärulen auf der Schwäbischen Alb >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Außerirdisches in der Karsthöhle
Dass Höhlen ein Archiv der Erdgeschichte sind, ist bekannt. Dass sich
in der Tiefe auch exterrestrische Ereignisse wie ein Meteoriteneinschlag erforschen
lassen, entdeckten Mitarbeiter des Instituts für Planetologie der Uni,
als sie bei der Untersuchung von Sedimentproben aus der Laierhöhle bei
Geislingen unerwartet auf sogenannte Sphärulen stießen. Die winzigen
metallischen Kügelchen könnten neue Aufschlüsse über die
Entstehung des Nördlinger Ries und anderer Einschlagskrater rund um den
Globus liefern.
Sphärulen zeugen meist vom Einschlag eines kosmischen Körpers auf
der Erde oder gelangen in Form von „Mikrometeoriten“ auf unseren
Planeten. Sie entstehen durch Ablösung von Meteoriten, die in die Erdatmosphäre
eindringen oder sogar mit der Erde kollidieren (Impakt-Sphärulen), können
aber auch schon im Weltall entstehen und als kosmische Sphärulen, engen
Verwandten der Mikrometeorite, zur Erde gelangen. Besonders zahlreich bildeten
sich die Kügelchen vor 65 Millionen Jahren. Damals löste ein riesiger
Meteoriteneinschlag nicht nur ein Massensterben aus, das so prominente Opfer
wie die Dinosaurier forderte, sondern ließ auch die Gesteine der Erdkruste
verdampfen und schmelzen. Impakt-Sphärulen treten daher heute in der Kreide-Tertiär-Grenzlage
massenhaft auf.
Marcel Strasser vom Institut für Planetologie bei der Probennahme
in der Laierhöhle in Weiler auf der Schwäbischen Alb. (Foto:
J. Kröchert) |
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Die Laierhöhle ist mit 126 Metern die tiefste derzeit
bekannte Höhle der Schwäbischen Alb. Für Höhlenforscher
ist sie besonders interessant, da sie erst 1996 entdeckt wurde und Einwirkungen
durch Menschenhand daher weitgehend ausgeschlossen werden können.
Das aus Dr. Elmar Buchner, Martin Schmieder, Annette und Marcel Strasser
und Jörg Kröchert bestehende Stuttgarter Forscherteam, das im
Sommer 2008 in das unterirdische Labyrinth einstieg, wollte eigentlich
dem Alter der Höhle auf die Spur kommen. Als die Wissenschaftler später
im Labor in den Sedimentproben die bis zu 200 Mikrometer großen,
glänzenden Kügelchen entdeckten, staunten sie nicht schlecht. „Der
Fund von Sphärulen in den tiefen Karsthöhlen der Schwäbischen
Alb ist weltweit einzigartig“, sagt Dr. Elmar Buchner. Doch woher
kamen die Exoten? Eine Vermutung: Bei den Sphärulen könnte es
sich um Produkte des nahe gelegenen Urach-Kirchheimer Vulkangebiets handeln,
das vor rund 13 Millionen Jahren aktiv und durch explosiven Vulkanismus
charakterisiert war. Jüngere Forschungen haben außerdem gezeigt,
dass ähnliche metallische Kügelchen auch anthropogen, etwa bei
Schweißarbeiten oder in Verbrennungsmotoren, entstehen können.
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Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der Eisenoxid-Sphärulen
aus der Laierhöhle (links) und der Laichinger Tiefenhöhle. (Fotos:
M. Schmieder) |
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Doch einige der Kügelchen zeigten einen erhöhten
Gehalt an Nickel, Kobalt und weiteren seltenen Metallen und unterschieden
sich damit deutlich von den eisenreichen Bohnerzen und vulkanischen Eisenmineralien,
die in dieser Umgebung zu erwarten waren. Das Mengenverhältnis der
Metalle untereinander glich denen in bestimmten Meteoriten-Typen. Zudem
wiesen die Sphärulen Mikrokrater auf, die durch Partikelkontakte der
Kügelchen untereinander bei Geschwindigkeiten von mehreren Kilometern
pro Sekunde entstehen. „Wir waren uns ziemlich schnell sicher, dass
die Kügelchen kein irdisches Phänomen waren, sondern durch ein
kosmisches Ereignis entstanden sind“, erzählt Marcel Strasser. |
Mindestalter von 250.000 Jahren
Wann die Besucher aus dem Weltall in die Höhlen eingetragen wurden, lässt
sich nicht sicher sagen, denn das Bildungsalter der Karsthöhlen der Schwäbischen
Alb ist bis heute umstritten. Datierungen der Höhlenlehme, in denen die
Sphärulen gefunden wurden, ergaben ein Mindestalter von 250.000 Jahren.
Möglicherweise sind die Sphärulen Ablösungsprodukte des riesigen
Meteoriten, der vor knapp 15 Millionen Jahren von Südwesten kommend über
die Schwäbische Alb hinwegraste und den 24 Kilometer großen Impaktkrater
Nördlinger Ries sowie das kleinere Steinheimer Becken schlug. Beim Überflug
des Gebiets wurde der Rand des Meteoriten unter starker Luftreibung aufgeschmolzen,
woraus sich die winzigen Kügelchen formten.
Die Funde der Stuttgarter Wissenschaftler zeigen einmal mehr, dass Süddeutschland
für Geologen und Planetologen noch immer große Überraschungen
bereithält. Sie erlauben zudem neue Forschungsansätze auch für
andere Regionen der Erde, in denen möglicherweise Zeugnisse kosmischer
Katastrophen in Höhlen überliefert wurden. „Das ist von weltweitem
Interesse“, sagt Buchner. amg
KONTAKT
_________________________________
Dr. Elmar Buchner
Institut für Planetologie
Tel. 0711/685-81340
e-mail: elmar.buchner@geologie.uni-stuttgart.de
>>>> http://www.geologie.uni-stuttgart.de
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