|
|
Mikro- und Makromodelle zusammengebracht >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Strömungsprozesse in Blutgefäßen
Das Magnetresonanzbild eines menschlichen Gehirns oder die
Zeichnung einer Lunge würde man am Lehrstuhl für Hydromechanik
und Hydrosystemmodellierung des Instituts für Wasserbau nicht
unbedingt vermuten. Lehrstuhlinhaber Prof. Rainer Helmig hat dafür
jedoch eine durchaus verständliche Erklärung parat: Strömungs-
und Transportprozesse in porösen Medien sind ein Forschungsschwerpunkt
seines Teams. Und zu den porösen Medien zählen eben auch
Teile des „biologischen Systems Mensch“.
Schon
vor fünf Jahren baten Mediziner die Stuttgarter Wissenschaftler,
die Ausbreitung von Medikamenten gegen Hirntumore zu modellieren,
die direkt in die betroffene Gehirnregion injiziert werden. Im
Rahmen des Projekts „Coupling of Micro and Macro Models for
Complex Flow and Transport Processes in Biological Tissue“ steht
nun die Lunge des Menschen im Zentrum ihres Interesses. Das Ziel:
Die Ausbreitung eines in die Blutbahn applizierten Medikaments
gegen Lungentumore und dessen Kontakt mit den Tumorzellen möglichst
genau – bis auf Zellniveauebene – zu simulieren. Dazu
werden die Wissenschaftler den Weg des Medikaments im Blutstrom
bis in die Kapillaren, die kleinsten Bluttransportgefäße,
durch deren Wand ein steter Stoffaustausch mit dem umgebenden Gewebe
stattfindet, mittels mathematischer Methoden beschreiben. Untersucht
werden auch die Vorgänge beim Transport durch die Kapillarenwand,
beim Überwinden der Zellzwischenräume und schließlich
beim Eintritt in eine Tumor- oder normale Gewebezelle.
Aus physikalischer Sicht hoch komplexe Vorgänge wechseln sich
auf diesem Weg ab mit wesentlich einfacheren Prozessen. Während
Erstere, wie etwa der Transport durch die Kapillar- und Zellwände,
eine sehr feinskalige Betrachtung erfordern, erlauben Letztere,
zu denen beispielsweise die Strömungs- und Transportprozesse
in den Zellzwischenräumen zählen, eine gröbere Beobachtungsskala.
Diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen zu kombinieren und die
im Makro- und Mikromaßstab gewonnenen Daten so zusammenzufassen,
dass daraus eine Simulation mit der erforderlichen Genauigkeit
entsteht, ist die Herausforderung, vor der Rainer Helmig und sein
Team jetzt stehen.
Patientenspezifische Tumortherapie als Vision
Man könnte nun einwenden, das Problem ließe sich
umgehen, indem man einfach alles genau beschreibt. Dies scheitert
jedoch an dem enormen Datenaufwand und der dafür erforderlichen
Rechenleistung. Ohne die Kombination von exakter und gröberer
Beschreibung der unterschiedlich komplexen und relevanten Vorgänge
bleiben daher nur zwei Möglichkeiten: Sich auf eine exakte
Beschreibung auf kleinstem Raum beschränken oder in einem
größeren Gebiet auch größere Ungenauigkeiten
in Kauf nehmen. Um die Ausbreitung eines Krebsmedikamentes
in der Lunge bis auf die Vorgänge beim Transport durch
die Zellwand so genau wie möglich abzubilden, sind beide
Ansätze unzureichend.
Die Vision, so betont Helmig, reiche
weit über die Zeit des SimTech-Projekts hinaus. Tatsächlich
geht es um nicht weniger als eine patientenspezifische Tumor-Therapie:
Diese würde von der Organ- bis hin zur Zellebene anhand
der persönlichen Kennzahlen des Patienten errechnet, simuliert
und schließlich angewendet. Julia Alber
|
|
Von Grob nach Fein: Übergänge
von makro- zu mikroskalischer
Betrachtung am Beispiel eines
Lungentumors.
(Grafiken:
Adam/Reuss) |
KONTAKT
_________________________________
Prof. Rainer Helmig
Institut für Wasserbau
Tel. 0711/685-64741
e-mail: helmig@simtech.uni-stuttgart.de
>>>> http://www.simtech.uni-stuttgart.de
|
|