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Mikromechanik von Materialien und ihren komplexen Strukturen >>>>>>>>>>>>>>>>
Der Ausbreitung von Rissen auf der Spur
Wenn irgendwo auf der Welt in einem Labor irgendwelche Materialien unter
großem
Druck oder Zug bersten, dann hat Dr. Christian Linder zwar nicht unbedingt
seine „Hand im Spiel“. Dennoch liefern ihm diese Experimente Daten
für seine Forschung. Der Juniorprofessor für „Micromechanics
of Materials“ am Institut für Mechanik (Bauwesen) beschäftigt
sich mit der Mikromechanik von Materialien und ihren komplexen Strukturen über
mehrere Größenordnungen hinweg – und widmet sich dabei besonders
dem Verhalten von Rissen.
Im
Rahmen des SimTech-Projekts „Computational modeling of phenomena
in dynamic fracture“ entwickeln Christian Linder und sein Team numerische
Methoden, die – auf der Grundlage einer möglichst hohen physikalischen
Genauigkeit – die Rissausbreitung und -verzweigung simulieren können. „Der
Bedarf ist da“, wissen die Wissenschaftler. Denn obwohl man so gut wie
alles brechen kann, die Windschutzscheibe eines Autos gleichermaßen wie
einen Brückenpfeiler, Dämme, Metallrohre oder auch biologische Materialien
wie beispielsweise Arterien oder Knochen, gibt es derzeit nur wenige kommerzielle
Softwareprogramme, mittels derer sich die Rissausbreitung und -verzweigung
simulieren lässt.
Ein rechteckiger Block mit einem horizontalen
Schlitz wird oben und unten dynamisch mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit
(v) belastet, die linear bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit anwächst und
danach konstant gehalten wird. |
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Um berechnen zu können, wie sich Risse in den unterschiedlichsten
Materialien ausbreiten, nutzen die Stuttgarter Forscher die Finite-Elemente-Methode
(FEM). Bei dem im Ingenieurwesen weit verbreiteten numerischen Berechnungsverfahren
zur näherungsweisen Lösung von Differentialgleichungen werden
die unendlich vielen Freiheitsgrade auf eine endliche – finite – und
somit berechenbare Anzahl reduziert. Als Beispiel, um die Arbeit und die
Problematik dahinter weiter zu erklären, wählt Christian Linder
einen geborstenen Schiffsrumpf. In einem solchen Fall sollen sowohl das
Schiff als auch der Bruch nachgebildet werden – der klaffende Riss
möglichst genau, für das Schiff drum herum dagegen bedarf es
dieser Genauigkeit nicht. Und schon stecken die Forscher mitten in einer
sogenannten Mehrskalenproblematik. |
Doch
damit nicht genug: „Die Diskontinuitäten in der Form von Sprüngen
im Verschiebungsfeld, die so ein Riss mit sich bringt, in die Finte-Elemente-Methode
mit einzubinden, ist mathematisch sehr anspruchsvoll“, erklärt Christian
Linder. „Den Riss innerhalb der einzelnen Finiten Elemente zu repräsentieren
ist jedoch notwendig, um die entwickelten Berechnungsverfahren unabhängig
von der Diskretisierung des Problems zu machen.“
Wann und wie verzweigen sich Risse? Beeinflussen Haarrisse, also die feinen
Abzweigungen, den propagierenden Hauptriss? So lauten die Hauptfragen, um die
Phänomene rund um die Rissausbreitung und -verzweigung physikalisch zu
verstehen und verbesserte Kriterien dafür zu erarbeiten. Diese sind zuerst
zu klären. Danach soll es von der Makrostruktur immer mehr in Richtung
Mikroebene gehen, schwärmt Christian Linder. Dort werde es dann gelten,
die Finite-Elemente-Methode mit der Molekulardynamik zu kombinieren. Und schließlich
möchte er die Risse dreidimensional darstellen. „Dazu müssen
wir diese als Fläche beschreiben, das ist ausgesprochen schwierig“,
sagt Christian Linder. Der Juniorprofessor scheint sich sehr darauf zu freuen.
In diesem Sommersemester bietet er erstmals die Vorlesung „Fracture Mechanics
with an Introduction to Micromechanics“ an. Mit dieser will er auch den
Studierenden das spannende Forschungsfeld rund um die Rissbildung nahe bringen. Julia
Alber
KONTAKT
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JP Christian Linder
Institut für Mechanik (Bauwesen)
Tel. 0711/685-66382
e-mail: linder@simtech.uni-stuttgart.de
>>>> http://www.simtech.uni-stuttgart.de
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