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Stuttgarter Materialwissenschaftler beherrschen die Kristallisationstemperatur >>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Aluminium sorgt für Ordnung
Wenn es gelingen würde, Silizium bei niedrigen Temperaturen von
der ungeordneten in eine geordnete Form umzuwandeln, wäre der Halbleiterindustrie
sehr geholfen. Denn dieses kristalline Silizium arbeitet beispielsweise in
Solarzellen deutlich effizienter. Prof. Eric Mittemeijer und seine Mitarbeiter
des Instituts für Materialwissenschaft der Universität Stuttgart
und des Max-Planck-Instituts für Metallforschung haben hierzu nun einen
Weg gefunden, bei dem sie sich das Metall Aluminium zu Nutze machen.
Ordnung im Spalt: Eine Aluminiumdeckschicht senkt
die Kristallisationstemperatur von amorphem Silizium (a-Si).
(Grafik:
Institut)
Kristallines Silizium lässt sich bislang nur bei Temperaturen von etwa
700 Grad Celsius herstellen und kann daher nicht auf hitzeempfindliche Materialien
wie Kunststoff oder Papier aufgetragen werden. Mit Hilfe des neuen Verfahrens
kann die Kristallisationstemperatur von amorphem Silizium gezielt gesenkt werden
- von 700 Grad bis auf 150 Grad und jede beliebige Temperatur dazwischen. Hierzu
brachte das Stuttgarter Forscherteam eine weniger als 20 Nanometer dünne
Aluminiumschicht auf dem amorphen Silizium auf, wobei die Dicke der Aluminiumschicht
die Kristallisationstemperatur bestimmt.
Auf der Basis von thermodynamischen Modellberechnungen haben die Forscher zudem
erklärt, warum das so ist. Thermisch aufgedampfte und Magnetron-gesputterte
(das heißt durch Ionen-Beschuss zerstäubte) Silizium-Schichten sind
in der Regel amorph. Bekannt war, dass Aluminium-Metall die Bindungen zwischen
den ungeordneten Atomen in amorphem Silizium schwächt. Es fällt diesen
daher leichter, sich bei niedrigen Temperaturen in geordneter Form anzuordnen,
also zu kristallisieren, was letztlich die Energie des Systems senkt. Wie weit
eine dünne Aluminium-Deckschicht die Kristallisationstemperatur des amorphen
Siliziums senkt, hängt von den energetischen Verhältnissen in dem System
ab. Eine große Rolle spielen hierbei die Energien an der Grenzfläche
zwischen dem Halbleiter und dem Metall.
Um die Gesamtenergie des Systems zu senken, lagern sich die Silizium-Atome
zunächst
ungeordnet in die Aluminium-Korngrenzen ein, man spricht dabei von Benetzung.
Sobald sich eine dünne Schicht gebildet hat, ergibt sich eine weitere Möglichkeit,
um Energie zu sparen: Die Silizium-Atome ordnen sich akkurat zum Kristall an.
Entscheidend ist dabei das Verhältnis von Kristallisations- und Grenzflächenenergie:
Es bestimmt, bei welcher Temperatur die benetzende Schicht aus amorphem Silizium
zu kristallisieren beginnt. Dieses empfindliche Gleichgewicht beeinflussen die
Forscher gezielt, indem sie die Dicke der Aluminium-Schicht variieren. In dem
nano-skaligen System führt dies zu einer bemerkenswerten Abhängigkeit
der Kristallisationstemperatur des amorphen Siliziums von der Dicke der Aluminium-Deckschicht.
Der in den Physical Review Letters*) veröffentlichte Beitrag der Stuttgarter
Wissenschaftler bietet nicht nur grundlegende Einblicke in den Prozess der metall-induzierten
Kristallisation, sondern zeigt auch, wie Ober- und Grenzflächenenergien
die Diffusion, Benetzung und Phasenumwandlungen in nanoskaligen Systemen beeinflussen.
Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, Solarzellen und andere elektronische
Bauteile wie aufrollbare Bildschirme auf billigen, leichten und flexiblen Materialien
wie Glas, Kunststoff oder gar Papier herzustellen.
Lars Jeurgens/amg
*) Zumin Wang, Jiang Y. Wang, Lars P. H. Jeurgens, and Eric J. Mittemeijer:
Tailoring the ultrathin Al-induced crystallization temperature of amorphous
Si by application of interface thermodynamics, in Physical Review Letters 100
(2008), 125503
(http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.100.125503)
KONTAKT
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Prof. Eric Mittemeijer
Institut für Materialwissenschaft
Tel. 0711/689-3311
e-mail: E.J.Mittemeijer@mf.mpg.de
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