|
|
Vertriebskonzepte mit nachhaltigen Geldanlagen >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Marktchancen für Nachhaltigkeitsfonds
Rund zehn Prozent des in Europa im vergangenen Jahr neu platzierten
Anlagefondsvolumens, genau gesagt 9,3 Milliarden Euro, entfielen
auf Produkte mit Nachhaltigkeitsthemen. In Deutschland sind „Nachhaltigkeitspapiere" jedoch
trotz ordentlicher Performance bisher kein Renner. Wie sie besser
vermarktet werden können, zeigt ein Best-Practise-Handbuch,
das der Lehrstuhl für Finanzwirtschaft der Uni im Rahmen eines
Forschungsprojekts im Auftrag der Wissenschaftsförderung des
Sparkassen-Finanzverbunds und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ausgearbeitet hat.
Der erste Teil des Projektes diente der konzeptionellen Standortbestimmung.
So berücksichtigen nachhaltige Geldanlagen neben Rendite und
Risiko zusätzliche, nicht-finanzielle Anlagekriterien, die
die soziale oder ökologische Leistung sowie das „gute
Benehmen“ des Wertpapieremittenten mit berücksichtigen.
Die Einzelkriterien und ihre Begründung entstammen letztendlich
ethischen Wurzeln. Sie finden ihren Ausdruck einerseits in den
Denkhaltungen der nachhaltigen Entwicklung beziehungsweise der
gesellschaftlichen Verantwortung. Dabei bestehen unter Anlegern
meist sehr individuelle und subjektiv gefärbte Vorstellungen,
was moralisch „gute“ oder „schlechte“ Unternehmen
sind. Angeboten werden in der Regel vorgefertigte Anlageprodukte,
bei denen der Produzent (meist eine Kapitalanlagegesellschaft)
von sich aus einen ganz bestimmten Ethik-Auswahlprozess zugrunde
gelegt hat.
Die Produktformen nachhaltiger Geldanlagen sind recht vielfältig.
Die mit Abstand höchste Bedeutung haben Investmentfonds auf
Aktienbasis, gefolgt von Zertifikaten. Zahlreiche wissenschaftliche
Studien weisen mittlerweile nach, dass nachhaltige Geldanlagen
keine schlechtere Performance erzielen als konventionelle Formen.
Anders als im Ausland hält sich das Interesse der Anleger
in Deutschland bisher dennoch in Grenzen. Aber auch hierzulande
trauen Experten den Ethik-Papieren in den kommenden Jahren zweistellige
Wachstumsraten zu.
Im zweiten Teil des Forschungsprojekts ging es denn auch darum,
Marketingstrategien zu entwickeln, mit denen nachhaltige Geldanlagen
als neues Geschäftsfeld für das breite Privatkundengeschäft
der Sparkassen erschlossen werden können. Aufgrund ihrer hohen
Komplexität und Erklärungsbedürftigkeit hängt
die Vermarktung dieser Anlageform sehr vom Vertrauen der Kunden
in die Produktempfehlung beziehungsweise von der Glaubwürdigkeit
der Berater sowie des Geldhauses ab. Gerade Sparkassen traut der
Kunde in punkto Glaubwürdigkeit, Verantwortung, Fairness und
Nachhaltigkeit potentiell mehr zu als vielen Mitbewerbern. Nachhaltige
Geldanlagen können so als Impuls zur Modernisierung und Aktivierung
dieses Geschäftspotenzials auf der gesamten Sparkassenebene
dienen.
Lifestyle der Kunden im Blick
Anleger mit einer Affinität für nachhaltige Wertpapiere
weisen häufig eine gute bis sehr gute Bildung und ein mittleres
bis höheres Einkommen auf. Besonders hohes Potenzial versprechen
so genannte „LoHaS“ (Lifestyle of Health and Sustainability):
Konsumenten, die nicht nur bei ihrer Ernährung, sondern auch
bei Kleidung, Urlaub und Wohnen Qualität und ein „gutes
Gewissen“ schätzen.
Produktpolitisch empfehlen die Stuttgarter Wissenschaftler eine
Arbeitsteilung, bei der themenbezogene Produkte nachhaltiger Geldanlagen
im produktorientierten Vertrieb herausgestellt und im beziehungsorientierten
Vertrieb das ganzheitliche Denken betont werden sollten. Da nicht
alle Anbieter die gesamten Produktfelder nachhaltiger Geldanlagen
abdecken (so fehlen zum Beispiel Altersvorsorgeangebote), sollte über
eine so genannte „White Label-Produktstrategie“ nachgedacht
werden. Dabei handelt es sich um ein Vorgehen, bei dem Produktions-
und Vertriebsgesellschaft nicht identisch sind.
Entscheidend für den Vertriebserfolg ist das Zusammenspiel
der Marketinginstrumente: Für spezielle Kundenbedürfnisse
geeignete Produkte sollten über die dazu passenden Vertriebswege
zum Kunden gelangen und – ganz wichtig - von der entsprechenden
Kommunikationsstrategie begleitet werden. Von erheblicher Bedeutung
sind zudem die Qualifizierung der Berater, eine einfallsreiche
Werbe- beziehungsweise Kommunikationsstrategie sowie die Unterstützung
durch die Führungsetage. Sehr geeignet erscheint die Einbindung
des Nachhaltigkeitsthemas in das Sparkassen-Finanzkonzept. Hierdurch
wird eine automatisierte Regelabfrage möglich, wie Kunden
zu Nachhaltigkeitsthemen stehen und wie es um ihre Bereitschaft
zu einer Anlage in diesem Bereich bestellt ist. Henry Schäfer/amg
KONTAKT
_________________________________
Prof. Henry Schäfer
Betriebswirtschaftliches Institut
Tel. 0711/685-86000
e-mail: h.schaefer@bwi.uni-stuttgart.de
|
|