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Erster Turm aus lebendigen Bäumen   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Tragwerk mit Triebkraft

Fast jedes Kind baut irgendwann einmal ein Baumhaus. Ferdinand Ludwig vom Institut Grundlagen Moderner Architektur und Entwerfen (igma) ging einen Schritt weiter und realisierte erstmals einen fast neun Meter hohen Baumturm. Der besteht nicht aus zusammengenagelten Brettern, sondern aus mehreren hundert Silberweiden, die noch wachsen werden. Das lebendige Bauwerk, das in der Gemeinde Wald zwischen Stockach und Pfullendorf steht, ist ein weiterer Erfolg der Forschungsgruppe Baubotanik des Instituts unter der Leitung von Prof. Gerd de Bruyn.

Turm  

Seit mehreren Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler der Forschungsgruppe Baubotanik damit, Tragstrukturen aus lebenden Holzpflanzen zu bilden. Der jetzt fertig gestellte Turm mit einer Grundfläche von etwa acht Quadratmetern veranschaulicht die architektonischen und ökologischen Potentiale dieses Forschungszweigs: Bäume leisten durch ihren Stoffwechsel einen wichtigen Beitrag zum Mikroklima unserer Städte und bereichern mit ihrem Erscheinungsbild unseren Alltag. Meist vergehen jedoch Jahrzehnte, bis ein Baum voll ausgebildet ist. Ziel baubotanischer Forschung ist es, lebende pflanzliche Strukturen als frei formbare, architektonische Baum-Tragwerke in der Dimension ausgewachsener Bäume zu konstruieren. In kurzer Zeit können so Grünräume gebildet werden, die die ästhetischen und ökologischen Qualitäten von Bäumen mit baulichen Nutzungsfunktionen verbinden.
Basis des Turms ist eine fachwerkartige Struktur aus mehreren hundert jungen, zwei Meter großen Silberweiden. Nur die untersten Pflanzen wurden in den Erdboden gesetzt, alle anderen wurzeln in Pflanzcontainern, die zunächst von einem Stahlgerüst getragen werden. Die Stuttgarter Architekten nutzen dabei eine alte Erfahrung: Pflanzen gleicher Art können durch eine mit dem „Pfropfen“ verwandte Methode zu einem einzigen Organismus verwachsen. Wenn die untersten Pflanzen des baubotanischen Turms in wenigen Vegetationsperioden ein leistungsfähiges Wurzelsystem im Erdboden entwickelt haben, werden die Pflanzcontainer entfernt. Schon in diesem Jahr bildeten die Pflanzen des Turmes durch ihren Austrieb eine grüne Wand aus, und im weiteren Verlauf der Entwicklung werden die momentan noch sehr dünnen Stämme immer dicker. Sobald die lebende Struktur stabil genug ist, um die drei einwachsenden Ebenen aus verzinktem Stahl zu tragen und die Nutzlasten des Bauwerks übernehmen zu können, wird das Gerüst entfernt. Dies könnte zwischen fünf und zehn Jahren dauern. Der Turm entstand im Rahmen der Promotion von Ferdinand Ludwig bei Prof. Gerd de Bruyn (Igma) und Prof. Thomas Speck (Plant Biomechanics Group Freiburg, Universität Freiburg) in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Cornelius Hackenbracht. Das Projekt wird von der Bundesstiftung Umwelt, zahlreichen Fachbetrieben, Ingenieurbüros und weiteren Sponsoren unterstützt.                                    zi/amg

 

So soll der Turm aussehen, wenn die Weiden gewachsen sind.
(Foto: Institut)

 

 

 

KONTAKT
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Ferdinand Ludwig
Institut Grundlagen Moderner Architektur und Entwerfen
Tel. 0711/685-83319
e-mail: ferdinand.ludwig@igma.uni-stuttgart.de