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Kohlenstoff-Nanoröhren in der Displayentwicklung >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Kostengünstig und biegsam
Kohlenstoff-Nanoröhren (Carbon Nanotubes, kurz CNT) wurden schon in
einem Damaszener Schwert aus dem
17. Jahrhundert nachgewiesen. Entdeckt und erforscht werden sie jedoch erst
in den letzten zwei Jahrzehnten. Die Winzlinge mit einem Durchmesser von ein
bis zwei Nanometern weisen eine einzigartige Kombination aus elektrischen,
mechanischen, und optischen Eigenschaften auf. Wissenschaftler des Lehrstuhls
für Bildschirmtechnik (LfB) der Uni Stuttgart machen sich diese für
die Entwicklung kostengünstiger und flexibler Flachbildschirme zu Nutze.
Je nach Struktur kann eine Kohlenstoff-Nanoröhre metallisch leitend oder
halbleitend sein. Für den Einsatz in Flachbildschirmen untersuchen die
Stuttgarter Wissenschaftler beide Varianten: Als transparente Leiter und als
Halbleiter in Dünnschichttransistoren. Ihr Ziel ist die günstigere
Herstellung von Flachbildschirmen sowie der Realisierung von flexiblen Displays,
die mit den heute üblichen Materialien und Prozessen nicht ohne Weiteres
machbar sind. Verwendet werden dafür Kohlenstoff-Nanoröhren in Pulverform,
die mit Hilfe von Tensiden in eine wässerige Suspension gebracht werden.
Aus dieser flüssigen Phase können die Nanoröhren mit einfachen
und kostengünstigen Verfahren, zum Beispiel durch Aufschleudern oder Aufsprühen,
abgeschieden werden.
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Der Einsatz von Kohlenstoff-Nanoröhren
als transparente Leiter setzt an dem Umstand an, dass man für nahezu
alle aktuellen Displaytechnologien optisch möglichst transparente
und dennoch elektrisch leitfähige Schichten benötigt. Als optimales
Material hat sich hierfür in der Vergangenheit Indium-Zinn-Oxid
durchgesetzt. Indium ist jedoch ein sehr seltenes Element und nicht zuletzt
wegen der stark gestiegenen Produktionszahlen von großflächigen
Flüssigkristalldisplays inzwischen ziemlich teuer. Künftig
bieten sich Kohlenstoff-Nanoröhren als preiswerte Alternative an.
Sie werden einfach aus der flüssigen Phase aufgesprüht, wobei
sich ein ungeordnetes Netzwerk bildet. Dieses kann anschließend
strukturiert werden, so dass eine leitfähige und dennoch transparente
Fläche entsteht. Ein teurer Vakuumprozess, wie er für die Abscheidung
von Indium-Zinn-Oxid erforderlich ist, entfällt somit.
In punkto Leitfähigkeit können die Nanoröhren mit dem
konventionellen Verfahren zwar noch nicht ganz mithalten. Dafür
haben sie neben dem günstigeren Prozess den weiteren Vorteil, dass
sie sehr flexibel sind. Während nämlich eine mit dem amorphen
und brüchigen Indium-Zinn-Oxid beschichtete Folie ihre Leitfähigkeit
schnell verliert, wenn man sie ein paar mal hin und her biegt, finden
bei einer Nanoröhrenschicht fast keine Veränderung statt. |
Flüssigkristalldisplay mit Kohlenstoff-Nanoröhren
als transparente Segmentelektroden.
(Fotos:
Institut) |
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Die Forscher des Lehrstuhls für Bildschirmtechnik entwickelten Prozesse
zur Herstellung von Flüssigkristallbildschirmen, bei denen Netzwerke aus
Kohlenstoff-Nanoröhren als transparente Pixelelektroden eingesetzt werden
und somit komplett auf Indium-Zinn-Oxid verzichtet werden kann. Dabei wurden
zwei Arten von Flüssigkristallanzeigen realisiert: Vollfarbige Aktivmatrix-Displays,
wie sie in der Mehrzahl der Fernsehgeräte, in Laptops und bei Computermonitoren
zum Einsatz kommen, sowie einfachere flexible Foliendisplays mit Segment-Anzeige,
die beispielsweise bei Uhren gebräuchlich sind. Das neue Material kann
also ohne wesentliche Änderungen bei herkömmlichen Displays eingesetzt
werden und ist zusätzlich für zukünftige flexible Displays sehr
gut geeignet.
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Leistungsfähigere Transistoren
Doch auch als Halbleiter eröffnen Nanoröhren aus Kohlenstoff
in der Bildschirmtechnik neue Perspektiven. So befindet sich bei Flüssigkristalldisplays
bei jedem Bildpunkt ein kleiner Transistor, der während des Einschreibens
der Bildinformation leitet und in der übrigen Zeit ausgeschaltet bleibt.
Bei den neueren Displays mit organischen, lichtemittierenden Dioden (OLED)
werden sogar mehrere Transistoren pro Bildpunkt benötigt. Für
diese Transistoren nutzt man bisher als Halbleiter amorphes Silizium. Auch
hier werden für die Abscheidung teure Vakuumprozesse benötigt.
Die erzeugten Schichten sind hart und brüchig und nicht kompatibel
zu flexiblen Plastiksubstraten. Zusätzlich wären für die
Herstellung hohe Prozesstemperaturen erforderlich, die solche Folien jedoch
zerstören würden.
Die Elektronenbeweglichkeit des amorphen Siliziums ist vergleichsweise
gering, was die Verwendung solcher Transistoren für zusätzliche
Ansteuerelektronik auf dem Display stark einschränkt. Eine einzelne
Nanoröhre kann hingegen eine bis zu 10.000 Mal höhere Elektronenbeweglichkeit
aufweisen.
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Vollfarbiges aktiv-matrix Display mit Kohlenstoff Nanoröhren
Netzwerken als transparente Pixelelektroden. Dargestellt ist ein Testmuster. |
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Solch
hohe Werte werden sich zwar in der praktischen Anwendung bei weitem nicht erreichen
lassen. Dennoch birgt der Einsatz von Nanoröhren erhebliches Potential,
um die Elektronenbeweglichkeit und damit die Arbeitsgeschwindigkeit und Leistungsfähigkeit
elektronischer Schaltungen zu verbessern.
Am Lehrstuhl für Bildschirmtechnik gelang es bereits, sowohl auf Glas als
auch auf flexiblen Foliensubstraten Kohlenstoff-Nanoröhren-Transistoren
mit guten Eigenschaften herzustellen. Die nächste Herausforderung besteht
nun darin, eine höhere quantitative Ausbeute zu erreichen und die Homogenität über
das gesamte Substrat zu verbessern. Hierzu untersuchen die Wissenschaftler derzeit
Verfahren, die es erlauben die Nanoröhren gezielt nur im Kanal des Transistors
abzuscheiden. In Zukunft möchten die Wissenschaftler die Technologie für
den Einsatz in der so genannten flexiblen Elektronik (gemeint sind komplette
Schaltungen, die in Dünnschichttechnik auf flexiblen Trägern aufgebracht
sind) weiterentwickeln. Denkbar sind beispielsweise RFID-Etiketten auf der Basis
von Kohlenstoff-Nanoröhren, die auf Verpackungen oder Kleidung zum Einsatz
kommen könnten.
KONTAKT
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Axel Schindler
Lehrstuhl für Bildschirmtechnik
Tel. 0711/685-69322
e-mail: lfb@lfb.uni-stuttgart.de
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