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Interkulturelle Dialoge um das koloniale Erbe >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
„Ach! Afrika…“
Afrika und seine Geschichte standen im Zentrum des Workshops „Interkulturelle
Dialoge“, der am 25. Juni im Stuttgarter Literaturhaus stattfand. Die
von Dr. Annette Bühler-Dietrich und Françoise Joly vom Institut
für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart organisierte
Diskussionsrunde mit afrikanischen, deutschen und französischen Wissenschaftlern
und Schriftstellern stieß auf großes Interesse.
Viele Studierende der Germanistik und Romanistik hatten den Weg ins Literaturhaus
gefunden, verstand sich doch der Workshop auch als eine Art Fortsetzung des
Projektseminars „Voyages d´Afrique“, das einige von ihnen
2008 in die westafrikanischen Länder Mali, Senegal und Burkina Faso geführt
hatte. Aber auch viel Publikum von außerhalb der Uni lockte die Veranstaltung
und besonders das Abendprogramm: Prinz Kum`a Ndumbe III, Autor und Professor
aus Kamerun, las aus seinem Werk „Ach! Afrika …“. Die Workshop-Teilnehmer
gingen der Frage nach, wie die afrikanische, die deutsche und französische
Literatur mit dem Erbe der Kolonialzeit umgeht und welche Bilder Afrikas und
Europas die Gegenwartsliteratur schafft.
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„Kritische Erinnerung und Remythisierung – Kolonialzeit
und Afrika-Diskurs im Gegenwartsroman“ hatte Prof. Dirk Göttsche
von der University of Nottingham seinen Vortrag überschrieben, in
dem er auch auf so populäre Romane wie die „Weiße Massai“ einging.
Dr. Thorsten Schüller von der Uni Mainz fokussierte in seinem Vortrag „Es
gibt keine afrikanische Literatur“ die schwierige Auseinandersetzung
französischsprachiger afrikanischer Autoren mit dem Bild ihres Kontinents.
Im Blick hatte er einerseits die Autorengeneration nach 1960 – reiselustige
Global Player, die ein neues Afrika verkörpern und die Normalität
suchen, wie etwa den in Frankreich lebenden togolesischen Autor Kossi
Efoui, Jahrgang 1962, den er wie folgt zitierte: „Der afrikanische
Schriftsteller wird nicht vom Tourismus-Ministerium bezahlt, er hat nicht
die Mission, die authentische afrikanische Seele auszudrücken (….)
Das Beste, was der afrikanischen Literatur passieren könnte, ist,
dass man sie mit Afrika in Ruhe lässt.“ Andererseits beschäftigte
sich Schüller mit weit vor 1960 geborenen Autoren wie etwa mit Ahmadou
Kourouma (Jahrgang 1927) aus dem Norden der Elfenbeinkünste, der
in seinen Romanen zeitgenössische Probleme Afrikas verarbeitete
und zu den Stilmitteln afrikanischer Erzähltraditionen griff. |
Françoise Joly und Prinz Kum`a Ndumbe III.
(Foto:
Institut) |
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Keine Entwurzelung
„Ein voller Erfolg“, und „eine Bereicherung für unsere
Studierenden“, freut sich Françoise Joly über den Workshop,
der dank der Unterstützung durch das Internationale Zentrum für Kultur-
und Technikforschung (IZKT) der Uni Stuttgart, das Institut Français
de Stuttgart und die DVA-Stiftung stattfinden konnte. Im Vorfeld hatten sich
die Studierenden mit den Werken von Kum`a Ndumbe III wie auch Wilfried N`Sondé beschäftigt,
mit denen sie nun eine lebendige Diskussion führen konnten und deren Leben
und Werk in so manche Studien- und Bachelor-Arbeit einfließen wird.
Prinz Kum`a Ndumbe III, 1946 als Mitglied einer Königsfamilie in Douala/Kamerun
geboren, kehrte nach langem Auslandsaufenthalt zurück in seine Heimat.
Der habilitierte Politologe lehrt an der Uni von Yaoundé und schreibt
für „seine Leute“. Wilfried N`Sondé, 1968 im Kongo
geboren, kam als Kind nach Paris und lebt seit gut 20 Jahren in Berlin. Er
habe einfach einen Liebesroman schreiben wollen, sagte er zu seinem Debütroman „Das
Herz der Leopardenkinder“, einem mehrfach übersetzten Bestseller.
Literatur solle sich zwar engagieren, aber dennoch Kunst bleiben, befand N`Sondé,
der sich nicht entwurzelt fühlt, denn: „Ich sehe an mir keine Wurzeln,
sondern Beine.“
Françoise Joly und Annette Bühler-Dietrich werden den interkulturellen
Dialog weiter verfolgen: In Stuttgart sind Abende im Literaturhaus mit französischen
und deutschen Autoren in der Planung, die über Afrika geschrieben haben.
Im Frühjahr war Françoise Joly als Gastdozentin an der Université de
Ougadougou in Burkina Faso, wo inzwischen immer wieder auch Studierende der
Uni Stuttgart etwa als Fremdsprachenassistenten tätig sind. Um auch den
Studierenden aus Afrika einmal den Weg noch Stuttgart zu ermöglichen,
werden derzeit Sponsoren gesucht. Julia Alber
KONTAKT
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Françoise Joly
Romanische Literaturen I
Tel. 0711/685-83111
e-mail: francoise.joly@ilw.uni-stuttgart.de
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