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Max Bächer, Initiator des Austauschprogramms mit dem Georgia Tech:   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

„Das war kein Ferienaufenthalt“

Der Architekt Prof. Max Bächer war 1949 der erste deutsche Student, der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein vom International World Student Fund organisiertes Studienjahr am Georgia Institute of Technology (Georgia Tech) in Atlanta/USA absolvieren durfte. Der heute 84-Jährige war nach seiner Rückkehr Initiator des Austauschprogramms zwischen dem Georgia Tech und der damaligen TH Stuttgart. 1950 kam der erste amerikanische Austauschstudent, der spätere Architekt Frank Beckum, nach Stuttgart, den Max Bächer während seines Studiums am Georgia Tech kennen gelernt hatte. Bächer war zunächst Lehrbeauftragter für Städtebau an der TH Stuttgart und an der TH Darmstadt und führte ein Architekturbüro in Stuttgart und Darmstadt. Von 1964 bis 1994 war er Ordinarius für Entwerfen und Raumgestaltung an der TH Darmstadt. Johannes Baral sprach für den unikurier mit Bächer über seine Eindrücke und Erfahrungen in Atlanta.

Herr Professor Bächer, Sie wurden 1949 unter einigen hundert Studenten ausgewählt und für ein Jahr nach Atlanta an das Georgia Tech eingeladen. Nach welchen Kriterien wurde man damals – kurz nach dem Krieg – als deutscher Student ausgewählt?

Max Baecher  

Bächer:

Man konnte sich über die Hochschulen bewerben, aber ich hielt das zunächst für einen Scherz. Wir hatten zu der Zeit noch Lebensmittelmarken und brauchten Bezugsscheine für Schuhe oder für einen Anzug. Es gab eine Altersbegrenzung und aus der großen Masse der Interessenten schieden diejenigen von vornherein aus, die sich in der Hitlerjugend beziehungsweise deren Väter sich in der NSDAP engagiert hatten oder die aktive Offiziere gewesen waren. Damit schrumpfte die Zahl der Bewerber rasch zusammen und da ich keine „braunen Flecken“ aufzuweisen hatte, stiegen meine Chancen. Es gab zudem Fragebögen, die mir als Schwerkriegsbeschädigtem einige Pluspunkte gegeben haben könnten. Und wie bei jeder Auswahl musste man Zeugnisse und einen Lebenslauf einreichen sowie Sprachkenntnisse und gute Leistungen vorweisen können. Die letzten zehn Kandidaten mussten sich noch einem Vertreter des World Student Fund vorstellen, der uns zehn Mark für ein Bier in die Hand drückte. Wir sollten uns einfach gegenseitig bewerten und eine Reihenfolge bilden. Ich hatte Glück und bekam die meisten Stimmen.

Prof. Max Bächer (Fotos Eppler)

 

Welche Eindrücke und Erfahrungen konnten Sie in den USA sammeln und wie haben Sie davon profitiert?

Max Baecher  

Bächer:
Ich habe gelernt, hart zu arbeiten. Das war ja kein Ferienaufenthalt und ich musste einfach mithalten können. Außerdem stand ich einer enormen Erwartungshaltung gegenüber. Dabei unterstützten mich meine neuen Kommilitonen. Ich genoss die ersten internationalen Begegnungen mit Gleichaltrigen und wurde als privilegierter Gast überall herumgereicht. Eine Bewährungsprobe hatte ich bei Begegnungen mit jüdischen Emigranten zu bestehen, die in deutschen Konzentrationslagern überlebt hatten und kein Blatt vor den Mund nahmen. Ike Saporta, einer meiner Professoren, dessen Frau aus dem KZ Bergen-Belsen befreit worden war, pflegte mich den „bloody german“ zu nennen, bis sich meine Kommilitonen diese Anrede nicht mehr gefallen ließen. Dass daraus sogar am Ende eine enge Freundschaft entstand, war für mich ein Geschenk der Toleranz und Akzeptanz, das mein Leben bis heute geprägt hat.

"Meine Herkunft war wie ein Schlüssel."    

Was hat sich bei Ihnen persönlich verändert, als Sie nach Deutschland zurückkamen?
Bächer:
Alles schien mir auf einmal leichter zu fallen. Zwar erinnerte mich der Studienalltag in Atlanta eher an ein deutsches Gymnasium mit Anwesenheitspflicht und Strafarbeiten - von akademischer Freiheit keine Spur -, aber ich genoss eine andere, mir neue Freiheit, nämlich die, nicht organisiert zu sein. Dagegen fühlte ich mich in Deutschland nach einem Jahr eingeengt und ich hatte nach einer Rundreise durch die USA die Absicht, so schnell wie möglich in Stuttgart mein Diplom abzulegen, um wieder in die USA zurückzukehren.

Gewannen Sie während Ihres Aufenthaltes in den USA auch Anregungen für Ihr Studium und Ihren Beruf?
Bächer:
Mehr als ich mir träumen ließ! Ich besuchte berühmte Architekten wie Richard Neutra, Frank Lloyd Wright, Charles Eames, Erich Mendelsohn, Mies van der Rohe, Luis Kahn und einige der emigrierten Lehrer an der heutigen Bauhausuniversität, die mich vor wenigen Jahren zum Ehrendoktor ernannt hat.

War es schwierig, zu einer solchen Architektenelite Zugang zu bekommen?
Bächer:
Überhaupt nicht. Meine Herkunft war wie ein Schlüssel, denn viele wollten wissen, wie es denn in der alten Heimat, die kaum einer nach dem Krieg besucht hatte, aussah.

Haben Ihnen diese Begegnungen später in Ihrer beruflichen Laufbahn genützt?
Bächer:
Ja, sehr. Die amerikanische Moderne war für uns etwas völlig Neues. Befreit vom Dogmatismus vereinbarter Stilrichtungen konnte ich mich an verschiedenen Auffassungen orientieren, die durchaus auf meine Bauten abgefärbt und mir viele Anregungen für meine spätere Lehrtätigkeit gebracht haben.

Herr Professor Bächer, vielen Dank für das Gespräch.