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Uni-Institute entwickeln Pendel für Deutschen Pavillon
bei Expo 2010 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Schlaflose Nächte für Shanghai
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„Balancity“ lautet
der Name des Deutschen Pavillons bei der Expo 2010 in Shanghai,
der auch eine ausbalancierte Energieversorgung thematisiert.
Kernstück
der Energiezentrale ist ein interaktives Pendel, das über
akustische Signale gesteuert wird und auf seiner Oberfläche
immer neue Bilder zeigt. Antrieb und Bewegungskonzept der
Zauberkugel wurden an der Uni Stuttgart entwickelt. (Fotos:
Milla & Partner/Schmidhuber + Kaindl, Koelnmesse
International) |
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Am Deutschen Pavillon für die Expo 2010 in Shanghai wird derzeit kräftig
gebaut. Doch auch Wissenschaftlern der Uni Stuttgart bereitete die Weltausstellung
in den letzten Monaten so manche schlaflose Nacht. Gemeinsam mit dem Ausstellungsgestalter
Milla und Partner entwickelten sie den Antrieb und das Bewegungskonzept für
ein interaktives Pendel, das das Kernstück der Energiezentrale des Ausstellungspavillons
bilden wird. Die schwebende Kugel mit dem Gewicht eines Kleinwagens gerät
auf Zurufe aus dem Publikum in Schwung und zeigt während der Schwingbewegungen
Bilder und Filme zum Expo-Leitthema „Better City, better Life“.
„Balancity“ lautet der Name des Deutschen Pavillons, der zeigen
will, wie angenehm es sich lebt, wenn sich die Dinge im Gleichgewicht befinden – Altes
und Neues, Arbeit und Freizeit, Natur und Urbanität und vor allem auch
die Energieversorgung. Die Energiezentrale ist denn auch das Highlight der
Balancity, und die bei jeder Bewegung geheimnisvoll glitzernde Kugel macht
sie zu einer besonderen Attraktion. Gehalten von einer vier Meter langen, dünnen
Stange hängt sie von der Decke des Pavillons und hat einen Durchmesser
von drei Metern. Die Oberfläche ist mit fast 400.000 LED-Leuchten besetzt. Über
deren Lichtpunkte werden immer neue Bilder, Farben und Formen auf die Kugel
gezaubert, die sich an den Wänden widerspiegeln und dem Raum eine fast
magische Atmosphäre geben.
Über einen in die Decke integrierten Antrieb wird das Pendel zu großen
Schwing- und Kreisbewegungen angeregt. Der Antrieb darf dabei nur sehr kleine
Horizontalbewegungen ausführen, um den Eindruck eines sich frei bewegenden
Pendels zu vermitteln. Die Besucher können die Kugel über Akustiksignale
zum Schwingen bringen und sogar die Richtung des Pendelausschlags beeinflussen.
Dabei gilt wie so oft: Erst wenn alle gemeinsam rufen, tut sich etwas. Damit
das funktioniert, werden die Gäste von Jens und Yanyan angeleitet, zwei
Studenten, die die ganze Ausstellung virtuell begleiten und in der Energiezentrale
real agieren.
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Konzeptionelle und technische Hürden
„Es war schon eine Herausforderung, als Milla und Partner bei uns anfragte,
ob es überhaupt möglicht sei, solch ein Pendel in der gewünschten
Form in Bewegung zu versetzen und ob wir das Regelungs- und Antriebskonzept entwickeln
könnten“, berichtet Prof. Peter Eberhard vom Institut für Technische
und Numerische Mechanik (ITM). Da die Forscher nur knapp eineinhalb Jahre Zeit
hatten, musste der gesamte Entwicklungsprozess simulationsgestützt ablaufen.
Dafür konnten Eberhard und sein Institutskollege Robert Seifried, Juniorprofessor
im Exzellenzcluster Simulation Technology (SimTech), weitere Partner an der Uni
gewinnen. Insgesamt waren zwölf Wissenschaftler aus drei Instituten beteiligt.
Am ITM wurde die Regelung entwickelt sowie das gesamte dynamische Verhalten modelliert,
berechnet und simuliert als Basis für die Auslegung und die Entwicklung
der Show. Das Institut für Maschinenelemente (IMA) übernahm die Konstruktion
der Pendeleinheit und berechnete die Lebensdauer. Eine besondere Herausforderung
war dabei die Auswahl des geeigneten Konzepts: Einerseits muss die Pendelkonstruktion
betriebssicher sein und über sechs Monate und 14.000 Vorstellungen hinweg
zuverlässig und wartungsfrei arbeiten. Andererseits sollte die Gestaltung
so unauffällig wie möglich sein, um den Eindruck einer frei schwebenden
Kugel hervorzurufen.
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Auftauchen der Kugel in der Energiezentrale.
(Foto: Milla & Partner/Schmidhuber + Kaindl) |
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Wie sich die komplexen Regelungsalgorithmen zuverlässig in eine Steuerung
umsetzen lassen, welche elektromechanischen Antriebskonzepte und welche Sensorik
für das Projekt geeignet sein könnten, untersuchte das Institut für
Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW).
Auch hier gab es harte Nüsse zu knacken, denn die Wissenschaftler sollten
eine neuartige Anlage entwerfen, ohne dass für die Auslegung ein vergleichbares
System zur Verfügung stand. Von Anfang an spannend waren schließlich
auch die sicherheitstechnischen Aspekte, da die Expo-Gäste dem Pendel
sehr nahe kommen werden.
Inzwischen sind alle Aufgaben erfolgreich gelöst, und das Pendel funktioniert
wie gewünscht. „Die gesamte Entwicklung lief simulationsgestützt“,
berichtet Seifried, das verdeutlicht die Leistungsfähigkeit der Simulationstechnik.“ Auch
wenn die Stimmungslage gelegentlich „zwischen Euphorie und Verzweiflung“ geschwankt
habe, „die Beteiligung an diesem Großprojekt hat sich schon aufgrund
des engen Bezugs zu Ausstellungsmachern und Medienleuten auf jeden Fall gelohnt.“ Profitieren
konnten davon auch Studierende, die über Studien- und Diplomarbeiten einbezogen
wurden. Während der EXPO werden in Shanghai auch Sondervorstellungen der
Uni Stuttgart für eingeladene Gäste der Stuttgarter Partnerhochschulen
in China sowie für Partner aus der Industrie organisiert um die Leistungsfähigkeit
der Uni Stuttgart zu demonstrieren. zi/amg
KONTAKT
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Prof. Peter Eberhard
Institut für Technische und Numerische Mechanik
Tel. 0711/685-66388
e-mail: eberhard@itm.uni-stuttgart.de
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