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Stahlplastik wiederentdeckt >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Massengleichheit in der Kunst
Schon 30 Jahre reichen aus, um eine Stahlplastik im öffentlichen Raum
aus den Augen zu verlieren. Nadine Lorenz, Absolventin des Instituts für
Kunstgeschichte der Uni Stuttgart, machte sich auf die Suche nach einem der
Stadt und der Öffentlichkeit verlorenen Kunstwerk. Sie war auf das Werk
im Zuge ihrer Magisterarbeit über die Stahlplastik der 70er und 80er Jahre
gestoßen. Nach mehreren Anläufen wurde sie auf dem Campus-Gelände
Stadtmitte im Stadtgarten fündig. Es handelt sich um eine Arbeit des Künstlers
Wolfgang Nestler (*1943) mit dem Titel „Positiv/Negativ“ von 1977.
Die flache Bodenarbeit, bestehend aus zwei großen flachen Stahlplatten,
war im Laufe der Zeit circa zehn Zentimeter tief in die Erde eingesunken und
so stark mit Rasen überwachsen, dass nur zwei wie Baufundamente anmutende
Restflächen zu sehen waren. Im August beförderte eine Baufirma die
Stahlplastik wieder ans Tageslicht. Rasen und Erde wurden abgetragen, die tonnenschweren
Bodenplatten mit Kran gehoben, die Einzelteile neu gesetzt und in Beton fixiert.
Das Kulturamt der Stadt Stuttgart begeisterte sich für den Fund und finanzierte
die Restaurierung.
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Die flache Bodenarbeit, bestehend aus zwei
großen flachen Stahlplatten, war im Laufe der Zeit circa zehn Zentimeter
tief in die Erde eingesunken und so stark mit Rasen überwachsen,
dass nur zwei wie Baufundamente anmutende Restflächen zu sehen waren.
Im August beförderte eine Baufirma die Stahlplastik wieder ans Tageslicht.
Rasen und Erde wurden abgetragen, die tonnenschweren Bodenplatten mit
Kran gehoben, die Einzelteile neu gesetzt und in Beton fixiert. Das Kulturamt
der Stadt Stuttgart begeisterte sich für den Fund und finanzierte
die Restaurierung.
Nestler hat die Stahlplastik für die von Tilman Osterwold kuratierte Ausstellung „Konzept
und Raum“ 1977 hergestellt. Damals war sie im unteren Schlossgarten zu
sehen. Nach der Ausstellung kam sie noch im gleichen Jahr in den Stadtgarten.
Aus den beiden drei Zentimeter dicken Stahlplatten hat der Künstler jeweils
eine Linie sowie die Grundformen Dreieck, Kreis und Quadrat – einmal als
Vollfläche und einmal deren Umrandungslinien – ausgeschnitten und
vor das Quadrat gespiegelt angeordnet. Die formverschiedenen Teilstücke
sind dabei nicht nur flächengleich, sondern durch die einheitliche Materialstärke
auch massengleich. Wolfgang Nestler, der sich bereits seit 1972 mit dem Thema
der Längen- und Massengleichheit auseinandersetzte, schuf mit dem Werk „Positiv/Negativ“ ein
Erstlingswerk zu diesem Thema im öffentlichen Raum. Die Massengleichheit
avancierte in der 70er Jahren international zum bedeutendsten ästhetischen
Prinzip der gegenstandslosen Stahlplastik. Künstler der Documenta VI, wie
der Amerikaner James Reineking, griffen 1977 dieses Prinzip ebenfalls auf.
Bärbel Küster |
Mit der Restaurierung von „Positiv/Negativ“ im Stadtgarten
würdigt Stuttgart Nestler als einen der entscheidenden Impulsgeber
eines wichtigen Themas in der Stahlplastik der 70er Jahre. „Für
mich schließt sich ein Kreis“, sagt Nadine Lorenz, deren
Magisterarbeit im November als Buch*) erscheint.
(Foto:
Institut für Kunstgeschichte) |
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*) Nadine Lorenz: Gleiches ungleich. Zum Thema der Formvariation und Massenäquivalenz
in der Stahlplastik der 1970er/1980er Jahre in Deutschland, hg. v. Matthias
Bleyl, (= Theorie der Gegenwartskunst, Bd. 17), Münster: LIT-Verlag, 2009
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