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Brisantes Thema beim ZEIT Campus Dialog >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Wofür brauchen wir noch Ingenieure?
„Bei der Planung dieser Veranstaltung vor wenigen Monaten haben wir
noch nicht gedacht, dass uns derart aufregende Zeiten bevorstehen“, erklärte
Manuel J. Hartung, Moderator einer Diskussionsrunde zum Thema „Wofür
brauchen wir noch Ingenieure?“ an der Uni Stuttgart, die just in die
Woche des Bildungsstreiks im Juni fiel. Als Teil der Reihe „Zeit Campus
Dialog“ griff die Veranstaltung ein brisantes Thema auf, was sich auch
an einem bis an den Rand seiner Kapazitäten gefüllten Hörsaal
zeigte.
Noch vor der eigentlichen Diskussion kritisierte Christoph Gmoser vom Streik-Komitee
die Umstellung der Studienabschlüsse auf Bachelor und Master und forderte
mehr Demokratie und Mitspracherecht für Studierende an Hochschulen. Anschließend
begrüßte Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel die Anwesenden und betonte,
dass das Thema der Diskussion gut zur Universität Stuttgart und ihrem
regionalen Umfeld passe. „Die Zukunft der Ingenieurwissenschaften ist
eine heiße Frage, und Geisteswissenschaftler bringen Fähigkeiten
mit, die unsere Ingenieure dringend brauchen“, so Ressel.
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Wie viel Zündstoff in dem Thema steckt,
spiegelte auch die Diskussionsrunde, die sich im Verlauf des Gesprächs
nur in einzelnen Punkten einig werden konnte. „Was mir in der öffentlichen
Debatte um Hochschulpolitik wirklich auf den Keks geht, ist, dass oft
von wichtigen und unwichtigen Fächern gesprochen wird. Ich bin selbst
Sozialwissenschaftler und die Sozialwissenschaften werden immer zu den
unwichtigen Wissenschaften gezählt“, ereiferte sich Dr. Werner
Widuckel, Vorstand für Personal- und Sozialwesen der Audi AG. Ein
solches Auseinanderdividieren von Ingenieur- und Sozialwissenschaften
mache keinen Sinn. „Man muss allgemein mit der Schwarz-Weiß-Malerei
aufhören“, betonte auch der baden-württembergische Wissenschaftsminister
Prof. Peter Frankenberg. „Was zählt, ist ein geistiges Klima
der Innovation.“ Von besonderer Wichtigkeit sei dabei eine hervorragende
Forschung.
Dr. Wolfgang Malchow, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor der Robert
Bosch GmbH, sah keine Konkurrenz zwischen Geistes- und Ingenieurwissenschaften. „Wir
brauchen beides.“ Vor dem Hintergrund der zwei Wochen vor der Diskussion
vorgestellten Vorschläge zur Profilschärfung der Uni mit Blick auf
die zweite Runde der Exzellenzinitiative betonte Malchow, dass es an der Universität
Stuttgart ohnehin einen technologischen Schwerpunkt gebe. Dementsprechend würden
sich die angedachten Umstrukturierungen keineswegs gegen die Geisteswissenschaften
als solche richten. |
Heiße Debatte um die Zukunft von Ingenieur- und Geisteswissenschaften:
(v.l.n.r.) Dr. Werner Widuckel (Audi), Prof. Sandra Richter (Uni Stuttgart),
Moderator Manuel J. Hartung, Dr. Wolfgang Malchow (Bosch), Ben Voss (Student
Uni Stuttgart). (Foto:
Eppler) |
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„Wenn ganze geisteswissenschaftliche Studiengänge gestrichen werden
sollen, sehe ich das durchaus gegen die Geisteswissenschaften gerichtet“,
antwortete Ben Voss, der an der Uni Stuttgart Germanistik und Philosophie studiert.
(Eine solche Streichung war allerdings nie geplant, Anmerkung der Redaktion). Prof. Sandra Richter vom Institut für Literaturwissenschaft der Uni Stuttgart
erklärte in der abschließenden regen Publikumsfragerunde: „Die
Exzellenzinitiative hat durchaus viel bewegt, aber das Problem dabei ist die
Weiterfinanzierung. Die Schwerpunktbildung geht auf Kosten der Basis. Es wird
eine wichtige Frage in den nächsten Jahren sein, wie dies ausbalanciert
wird.“ Eine harte Trennung zwischen Ingenieur- und Geisteswissenschaften
gebe es jedoch nicht, betonte Richter. „Vor allem nicht an der Uni Stuttgart.“ Johannes
Baral
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