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Internationale Tagung zu „Locating Postcolonial Narrative
Genres” >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Grenzüberschreitende Erzählmodelle
Das Forschungsgebiet „postcolonial studies“ wirkt wie ein Motor,
der die Literatur- und Kulturwissenschaften antreibt, sich den Prozessen der
Globalisierung zu zuwenden. Welche Transformationen sind zu erwarten, wenn
in einem grenzüberschreitenden Kulturmarkt die Erzählungen verschiedener
Völker, Sprachen und Kulturen aufeinandertreffen? Diese Fragen standen
im Mittelpunkt einer Tagung des Instituts für Literaturwissenschaft, Abteilung
Amerikanistik und Anglistik, und des Internationalen Zentrums für Kultur-
und Technikforschung (IZKT) im Juli.
War der Blick auf die postkoloniale Literatur bislang vorrangig auf die politische
Agenda gerichtet, so erfahren nun die ästhetischen Aspekte des oftmals
von Gewalt geprägten Kulturkontakts besondere Aufmerksamkeit. Der entscheidende
Impuls für die „postcolonial studies“ erfolgte 1989 mit der
Studie „The Empire Writes Back“. Einer ihrer Verfasser, Bill Ashcroft
(Sydney/Hongkong), eröffnete das Symposium. Ashcrofts vielbeachteter Vortrag
in der Stuttgarter Stadtbücherei zu „The Multipicity of Modernity – Postcolonial
Studies and Globalization“ setzte den programmatischen Akzent: Wie Modernität
nicht mehr monolithisch homogen, sondern spannungsreich im Plural zu begreifen
ist, so erfahren auch die tradierten Gattungen und Erzählmuster durch
ihre Translation, also ihre Übersetzung im geographischen und sprachlichen
Sinn, eine erstaunliche Dynamisierung.
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Historisch entstand der Roman zur gleichen
Zeit, wie im Westen die Prozesse der Kolonisierung, der Aufklärung
sowie der Disziplinierung seiner sich herausbildenden bürgerlichen
Subjekte einsetzten. Doch was passiert mit den Gattungen des Erzählens,
wenn sie auf völlig andere Bedingungen von Modernisierungen treffen?
Ob grenzüberschreitende Utopie, collagenhafte Autobiographie, metafiktionale
Liebesromanze oder parodierter Bildungsroman: Die Tagungsteilnehmer aus
einem Dutzend Länder und mehreren Kontinenten fanden überraschende
Gattungstransformationen an den Schnittstellen von lokal tradierten Formen
und internationalen Mustern. Dies gilt sowohl in Indien, als auch in
der Karibik, in Ägypten, oder in Nigeria.
So steht eine postkoloniale Ästhetik
vor der Herausforderung innovativer Erzählmodelle wie zum Beispiel
im Genre des surrealen Thrillers in Angola oder im Kongo, transnationalen
Kurzgeschichtenzyklen, oder einer neuen, spezifisch australischen Form
des Entschuldigungs-Romans. Eine Welt, in der Grenzen eine immer geringere
Rolle spielen, bietet ein reiches Angebot an hybriden, parodistischen
und innovativen Ausdrucksformen, die es in einer postkolonialen Ästhetik
zu beschreiben gilt. Elfi
Bettinger
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Postkoloniale Erzählgenres bewegen sich an
der Schnittstelle von lokaler Tradition und innovativen Erzählmodellen. (Foto:
Institut) |
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KONTAKT
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Prof. Walter Göbel
Institut für Literaturwissenschaft
Tel. 0711/685-83105
e-mail: walter_goebel@gmx.net
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