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Kulturwissenschaftliche Tagung zu Friedrich Theodor Vischer >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Zwitter zwischen Philosophie und Poesie
„Friedrich Theodor Vischer und die Kunst- und Denkformen seiner Zeit“ lautete
der Titel einer Tagung, die das Institut für Literaturwissenschaft in
Zusammenarbeit mit dem Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung
der Universität Stuttgart im Juni veranstaltete. 19 Forscher verschiedener
Nationalitäten kamen zusammen, um sich drei Tage lang intensiv mit dem
Werk des Begründers der Stuttgarter Germanistik auseinanderzusetzen.
Die Beschäftigung mit dem Werk Vischers stellt eine besondere Herausforderung
dar: Vischer war nicht nur als Philosoph und Schriftsteller tätig, sondern
auch als Kunst- und Literaturhistoriker, Theologe, Zeichner, Politiker, Journalist,
Essayist und Professor. Sich selbst bezeichnete er als „Zwitter zwischen
Philosophie und Poesie“. Vischers schillernde Intellektualität übersteigt
herkömmliche disziplinäre Ordnungssysteme. Gefragt war dem entsprechend
ein offener Dialog zwischen den verschiedenen Fachrichtungen, der die übergreifenden
Denkstrukturen Vischers auch in den Randphänomenen erkennbar werden lassen
sollte.
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Neben Vischers Hauptwerken, der Ästhetik
und den literarischen Schriften, untersuchten die Referenten auch weniger
bekannte Aspekte wie Vischers Engagement als Politiker und Tierschützer,
seine Essays zur Mode und seine Selbstkarikaturen. Der gewählte
kulturwissenschaftliche Ansatz ermöglichte es, komplexe Wechselbeziehungen
zwischen Kunst, Wissenschaft und Lebensführung, zwischen Theorie
und Praxis offen zu legen, ohne über unauflösbare Widersprüche
im Vischerschen Werk hinwegzutäuschen.
Diesem Gedanken der multiperspektivischen Annäherung war auch der öffentliche
Abendvortrag „Zwischen Dilettantismus und Wissenschaft – Friedrich
Theodor Vischer“ verpflichtet, den Prof. Hermann Bausinger von der Universität
Tübingen vor dem vollbesetzten Auditorium des Max-Bense-Saals der Stadtbücherei
Stuttgart hielt: Vischer, der von 1869 bis zu seinem Tod 1887 am Stuttgarter
Polytechnikum lehrte, sei alles andere als ein „Fachidiot“ gewesen.
Er verstand es nicht nur Studenten, sondern auch interessierte Bürger in
seine Vorlesungen zu locken. Der Stuttgarter Professor der Ästhetik habe
einen lebendigen Austausch zwischen der akademischen Welt und der Bevölkerung
angeregt, der damals wie heute für die Kultur einer Stadt unverzichtbar
sei. In diesem Sinne fiel auch die Bilanz der Tagung aus: Das Werk des Stuttgarter
Geisteswissenschaftlers müsse wieder stärker ins Zentrum rücken,
da von Vischers Wissenschafts-, Kultur- und Alltagsbegriff wichtige Impulse für
die Gegenwart ausgehen könnten.
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Friedrich Theodor Vischer (1807–1887).
(Foto: Städtisches Museum Ludwigsburg)
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Im Jahr 2010 werden die Veranstalter, Dr. Barbara Potthast und Dr. Alexander
Reck, einen Tagungsband in der Reihe „Beihefte zum Euphorion“ (Winter-Verlag)
mit allen Beiträgen der Referenten herausgeben.
Petra Mayer
KONTAKT
_________________________________
Dr. Barbara Potthast
Institut für Literaturwissenschaft
Abteilung Neuere Deutsche Literatur I
Tel. 0711/685-83070
e-mail: Barbara.Potthast@ilw.uni-stuttgart.de
>>> http://www.friedrich-theodor-vischer.de
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