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Stuttgarter unikurier Nr. 75/76 September 1997
Dem menschlichen Verhalten auf der Spur:
Wie Wissen zum Handeln wird
 

Wenn Menschen eine politische Partei wählen, wenn sie zu ihren Haltungen und Meinungen befragt werden, oder wenn sie, wie beispielsweise im Falle gentechnisch veränderter Lebensmittel, durch ihr Verhalten beim Einkauf entscheiden, folgen sie dabei in den seltensten Fällen ausschließlich rationalen Erwägungen. Ein Forschungsprojekt an der Universität Stuttgart ist jetzt den verschlungenen Pfaden der kognitiven Informationsverarbeitung im Blick auf Einstellungen und Verhalten der Menschen auf der Spur.

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Die Auflagenzahlen von Programmen politischer Parteien sprechen eine eigene Sprache: nur eine Minderheit der Wählenden hat sich wohl je damit beschäftigt. Und doch fühlt sich bei Wahlen eine überwältigende Mehrheit kompetent, den Stimmzettel auszufüllen. Prof. Dr. Dieter Urban, Lehrstuhl für Soziologie I der Universität Stuttgart, stellt im Zusammenhang mit diesem und anderen Phänomenen die Frage nach der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und ihrer Transformation in Wahrnehmung, Einstellung und Verhalten.

Am konkreten Beispiel der Gentechnologie sollen die Prozesse der subjektiven Informationsverarbeitung untersucht werden. Der sperrige Titel des Forschungsprojekts „Entwicklung kognitiver Modelle der Informationsverarbeitung zur empirischen Analyse von Einstellungen/Risikoperzeptionen gegenüber Anwendungen der modernen Gentechnologie“ läßt ahnen, daß bei der Erklärung menschlichen Verhaltens noch vieles im Dunkeln liegt.

Für die Forschung von zentraler Bedeutung ist die theoretische Erfassung der Prozesse zwischen Meinungs- und Einstellungsbildung auf der einen Seite und der Wahl zwischen verschiedenen Handlungsalternativen auf der anderen. Deshalb wird sich das Forschungsprojekt in seiner ersten Phase mit der Bildung theoretischer Erklärungsmodelle zum Verständnis menschlicher Informationsverarbeitung beschäftigen. Im Anschluß daran werden mittels einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage die Daten zum empirischen Test dieser Erklärungsmodelle gewonnen.

Die Gentechnologie eignet sich hervorragend als Objekt dieser soziologischen Forschung. Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der neuen Technik dringen heute immer mehr in das Alltagsleben der Menschen vor. Doch hat die Komplexität dieser Technologie zur Folge, daß nur ein geringer Teil der Bevölkerung darüber umfassend informiert ist. Von den meisten wird ein großes selbstempfundenes Informationsdefizit bekundet.Trotzdem haben Menschen unterschiedliche Meinungen und Einstellungen zur Gentechnik und begründen damit ihr Verhalten, beispielsweise beim Kauf gentechnisch modifizierter Nahrungsmittel.

Das Forschungsprojekt, das an Hand dieses konkreten Beispiels generell Prozesse der Meinungsbildung und Handlungsentscheidung verstehen will, hat eine Laufzeit von zwei Jahren und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit einem Betrag von rund 400.000 DM gefördert.     /ck

 

KONTAKT
Prof. Dr. Dieter Urban, Universität Stuttgart, Institut für Sozialforschung, Abteilung für Soziologie, Keplerstr. 17, 70174 Stuttgart; Tel. 0711/121-3577; Fax 0711/121-2768

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart 1998