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Stuttgarter unikurier Nr. 75/76 September 1997
Multimedia für Telemedizin und Telelearning:
Ist es der Blinddarm? - Sicherheit mit DIANE
 

Ein Szenario der Zukunft: Ein Patient wird wegen starker Bauchschmerzen in eine Klinik eingeliefert. Nach Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen erläutert der Stationsarzt dem Patienten am Bildschirm anhand dieser Aufnahmen den Befund. Er ist sich seiner Diagnose einer akuten Blinddarmentzündung jedoch nicht ganz sicher und möchte eine zweite Meinung einholen. Nach einigen Aktionen mit Maus und Tastatur erscheint auf dem Bildschirm zusätzlich ein kleines Fenster mit einer Videoaufnahme des Arztes, die von einer kleinen, auf dem Monitor angebrachten Kamera erzeugt wird; daneben ist ein Mikrofon. Der Arzt diktiert dann für einen Kollegen seine Diagnose, die er durch Bewegungen der Maus und Markierungen auf den Untersuchungsaufnahmen, ähnlich einem Textmarker, unterstützt. Er leitet das erzeugte Dokument an den Kollegen weiter und unterhält sich mit seinem bauchwehgeplagten Patienten. Nach einigen Minuten erscheint auf dem Rechner als Film die Antwort des Kollegen, der die Diagnose bestätigt. Noch am selben Tag wird der Patient von seinem schmerzhaften Anhängsel befreit.

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Derartige Anwendungen werden künftig mit DIANE möglich sein. Hinter dem schönen Namen DIANE („Design, Implementation and Operation of a Distributed Annotation Environment“) steht ein von der Europäischen Union im Rahmen des ACTS Programms finanziertes Projekt; Start für die dreijährige Laufzeit war im September 1995. Sechs Partner aus verschiedenen Mitgliedsländern der Europäischen Union arbeiten im DIANE-Konsortium zusammen. Die vier für die Entwicklung verantwortlichen Partner sind das Institut für Parallele und Verteilte Höchstleistungsrechner (IPVR) der Universität Stuttgart, die KAPSCH AG in Österreich, SILOGIC in Frankreich und die STISA in Spanien. Die Europäische Kommission fördert Forschung und Entwicklung für dieses Projekt am IPVR mit 609.000 ECU.

Assoziierte Partner für Feldversuche mit DIANE sind das Hospital General de Manresa (HGM) in Spanien und das VCPC in Österreich. Das HGM wird DIANE in einem medizinischen Umfeld (Telemedizin) erproben, während das VCPC Schulungen (Teleteaching) und Support als Testfeld verwenden wird.

Wie aus der englischen Übersetzung des Akronyms DIANE hervorgeht, handelt es sich hier um ein Annotationssystem für verteilte Umgebungen, also Netzwerke. DIANE soll es ermöglichen, multimediale Dokumente zu betrachten und zu „annotieren“. Mit Annotation ist hier die Tätigkeit bezeichnet, die der Krankenhausarzt mit den Untersuchungsauf-nahmen seines Bauchwehpatienten durchgeführt hat oder dessen Kollege mit dem an ihn weitergeleiteten Dokument. Das Erzeugen von Annotationen ist also nichts weiter als die weitverbreitete und schon recht alte Gewohnheit, Kommentare an den Rand von Texten zu schreiben oder bestimmte Textstellen mit Textmarkern hervorzuheben; in diesem Fall übertragen in die Welt multimedialer Dokumente.

Im Klartext: Mit DIANE ist es möglich, multimediale Dokumente zu betrachten und sie mit Hilfe beliebiger Medientypen wie Video, Audio etc. zu kommentieren, d.h. zu annotieren. Diese Annotationen sind selbst wiederum eigenständige multimediale Dokumente, die dann natürlich auch wieder annotiert werden können.

Das Erzeugen solcher Dokumente soll einfach sein, und es soll möglich sein, alles in solchen Dokumenten unterzubringen, was überhaupt von anderen Anwendungen sichtbar oder hörbar ist. Dafür wird ein Werkzeug mit der Bezeichnung „Application Output Recorder“ verwendet, das alles aufzeichnen kann, was während der Benutzung einer beliebigen Anwendung (wie z.B. Word für Windows) geschieht.

 

Erster Prototyp fertiggestellt
Gemeinsam mit den Projektpartnern haben die Stuttgarter Informatiker eine geeignete Systemarchitektur gefunden, die den Einsatz von DIANE in einer verteilten Umgebung unter Berücksichtigung der geforderten Sicherheits- und Leistungsaspekte erlaubt.

Im Rahmen des Projektes wird DIANE für die Plattformen Windows NT und Sun Solaris entwickelt. Um jedoch eine möglichst große PPUnabhängigkeit von der verwendeten Plattform zu erreichen, wird DIANE so weit wie möglich in der plattformunabhängigen Sprache JAVA implementiert. Seit Ende Mai 1997 ist der erste Prototyp fertiggestellt und kann zu Demonstrationszwecken vorgeführt werden. Ende April 1998 wird der zweite Prototyp lauffähig sein, der dann die komplette, hier beschriebene Funktionalität aufweisen wird. Dies wird die endgültige Version im Rahmen des EU-Projektes sein. Das Konsortium wird DIANE weiter zu einem kommerziellen Produkt weiterentwikkeln und vermarkten.

 

KONTAKT
Institut für Parallele und Verteilte Höchstleistungsrechner (IPVR), Abteilung Verteilte Systeme, Prof. Dr. Kurt Rothermel, Dipl.-Inform. Hartmut Benz, Dipl.-Inform. Steffen Fischer, Dipl.-Inform. Rolf Mecklenburg, Dipl.-Ing. (FH) Andreas Wenger, Breitwiesenstraße 20-22, 70565 Stuttgart, Tel.: 0711/7816-448, -297, Fax.: 0711/7816-424

e-mail: Hartmut.Benz@informatik.uni-stuttgart.de
WWW: http://www.informatik.uni-stuttgart.de/ipvrvs/projekte/DIANE/

 


last change: 09.06.98 / eng
Pressestelle der Universität Stuttgart 1998