Home           Inhalt
balken.gif (998 Byte)
Stuttgarter unikurier Nr. 75/76 September 1997
Presserundgang am Tag der offenen Tür:
Mobile Agenten und agile Mikroben
 

Nicht nur Lochstreifen und ein rappelnder Stahlschrank gehören heute ins Computermuseum, sondern auch schon Geräte, die mit ihren grauen Bildschirmen und schmuddelig-angegrabbelten Tastaturen ganz vertraut aussehen. Wozu man die heutigen PCs vielleicht schon bald verwenden könnte, zeigten Mitarbeiter der Fakultät Informatik an den Bildschirmen moderner Computer. Nicht nur Projekte aus der Informatik, sondern auch aktuelle Forschung aus der Bioverfahrenstechnik lernten Vertreter der Stuttgarter Medien beim Presserundgang am Tag der offenen Tür am 21. Juni kennen.

kleinbal.gif (902 Byte)
 

Sie ist schwarz und zylinderförmig, mit einem Kurbelgriff am oberen Ende, der stark an eine Pfeffermühle erinnert. Aber die mechanische Rechenmaschine funktioniert noch, ebenso wie die meisten anderen Geräte im Computermuseum. Die elektronische Rechenmaschine aus den 60er Jahren zum Beispiel flackert beim Rechnen eifrig in Rot. Zumindest in den ersten zehn Minuten nach dem Einschalten liefere sie noch zuverlässige Ergebnisse, berichtete Klemens Krause den Besuchern. Krause hat das Computermuseum der Fakultät Informatik aufgebaut und betreut es auch. Er hofft, daß noch viele interessierte Besucher dienstags zwischen 16.00 Uhr und 18.30 Uhr ins Museum in der Breitwiesenstraße 20-22 kommen.

Welcher ist der kürzeste Weg, um alle 127 Biergärten Augsburgs nacheinander aufzusuchen? Um diese scheinbar einfache Frage zu beantworten, müssen selbst schnelle Computer lange rechnen, weil es so viele Möglichkeiten zu berücksichtigen gebe, erläuterte der Informatiker Wolfgang Reissenberger. Wie man vom Computer schon nach kurzer Zeit zwar nicht die beste, aber eine ziemlich gute Lösung bekommen kann, versuchten Studierende der Fakultät Informatik in einer Projektarbeit auszutüfteln. Sie haben Rechenvorschriften entworfen, die es dem Computer ersparen, auch alle ungünstigen „Rundwege“ zu überprüfen. Statt dessen entwickelt der Rechner gute Varianten immer weiter und kommt so schneller zu einem Ergebnis. Die Idee zu dieser Vorgehensweise ist der Evolution abgeguckt, der Weiterentwicklung aller Lebewesen auf der Erde, die nach ähnlichen Prinzipien funktioniert. Neben der Planung von Kneipentouren ist die von den Studierenden verwendete Rechenstrategie natürlich auch nützlich, wenn es gilt, eine Maschine auf dem kürzesten Weg zwischen vielen verschiedenen Punkten hin und her zu steuern.

Nicht gerade kurz kann der Weg sein, der durchs Internet zur Information führt. Vielleicht übernehmen aber schon bald Programme, die „mobilen Agenten“, die zeitaufwendige Suche im Datennetz und besorgen Informationen oder erledigen mit elektronischem Geld Einkäufe. Stuttgarter Informatiker entwickeln solche „mobilen Agenten“, die ein Benutzer von seinem PC aus ins Internet schicken kann. Wenn der Computer zu Hause längst ausgeschaltet ist, bewegt sich der Agent durchs Netz und meldet sich nach erfolgreich abgeschlossener Mission - wenn die Reise gebucht oder die Kaffeemaschine gekauft ist - wieder beim Ausgangs-PC. Aber noch ist Vorsicht geboten beim Einsatz solcher dienstbaren Geister, denn einige Probleme mit der Datensicherheit sind noch nicht gelöst. Die bisher entwikkelten mobilen Agenten könnten nämlich von „böswilligen Rechnern ausgehorcht“ oder ihres elektronischen Geldes beraubt werden.

Im Zentrum Bioverfahrenstechnik erwartete die Besucher ein Einblick in die Welt der Mikroorganismen. Hinter dem Fenster eines stählernen Kulturgefäßes blubberte und schäumte eine gelbe, trübe Flüssigkeit. Im Inneren der Apparatur waren viele spezialisierte Hefezellen damit beschäftigt, Molke zu verarbeiten. Aus diesem eiweißhaltigen Abfall, der bei der Käseproduktion anfällt, bilden die Hefen Zusatzstoffe für Kosmetika. Wenngleich die winzigen Hauptakteure selbst weitgehend unsichtbar blieben, konnten die Besucher doch bestaunen, was Mikroben alles leisten können und wie die Wissenschaftler Methoden erproben, um die Fähigkeiten der Mikroorganismen zur Abwasser- und Bodenreinigung zu nutzen.

Alle, die unterwegs Appetit auf kulinarische Attraktionen bekommen hatten, konnten sich im Anschluß an den Rundgang beim Sommerfest - auch wenn das Wetter in diesem Jahr nicht so recht mitmachen wollte - auf dem Vaihinger Campus an Produkten erfreuen, an deren Herstellung gewöhnliche Bäcker- und Bierhefen beteiligt waren.     /op

 


last change: 09.06.98 / eng
Pressestelle der Universität Stuttgart 1998