Günter Marotz verstorben Nach langer, schwerer Krankheit verstarb am 19. April 1997 67jährig Prof.
Dr.-Ing. habil. Günter Marotz. Mit ihm hat die Universität Stuttgart einen
hochgeschätzten akademischen Lehrer und Wissenschaftler verloren, dessen Name sich stets
verbindet mit der Versuchsanstalt für Wasserbau. Die Anfänge seines Wirkens für die
Stuttgarter Universität reichen zurück bis Anfang der 50er Jahre. Der Student des
Bauingenieurwesens an der damaligen Technischen Hochschule Stuttgart überzeugte schon als
junger Ingenieur in seiner ersten wissenschaftlichen Assistenzzeit bei Prof. Arthur
Röhnisch, dem damaligen Inhaber des Lehrstuhls für Wasserwirtschaft, Grundbau und
Wasserbau. Im Jahr 1963 wurde Marotz mit seiner Dissertation über das wissenschaftliche
Thema Zur Frage der Standfestigkeit von Asphaltbelägen im Wasserbau zum
Dr.-Ing. promoviert. Dieser Erfolg führte kurz danach zur Ernennung zum Oberingenieur und
gleichzeitig zum Leiter der seinerzeitigen Versuchsanstalt für Grundbau und Wasserbau der
TH Stuttgart.Sein Tatendrang, gepaart mit fundiertem Wissen, praktischen Fähigkeiten,
Organisationstalent und Geschick für die Führung von Mitarbeitern waren die
Voraussetzungen für eine glänzende Entwicklung seines Instituts. Sein praktisches und
wissenschaftliches Wirken führte 1968 zu der anerkannten Habilitationsschrift über
Die technischen Grundlagen einer Wasserspeicherung im natürlichen Untergrund
und zur Verleihung der venia legendi für die Fachgebiete Wasserwirtschaft und
Landwirtschaftlichen Wasserbau.Ein besonderer Tag für Günter Marotz war der 28. April
1972, als der Neubau der Versuchsanstalt für Wasserbau am Pfaffenwaldring in Vaihingen
eingeweiht wurde. Schon 1973 wurde Marotz außerplanmäßiger Professor, fünf Jahre
später erfolgte die Überleitung in eine C3-Professur und damit eine engere Einbindung in
den Lehrkörper der Universität Stuttgart. Mit deutsch- und englischsprachigen
Vorlesungen vor Bauingenieuren, Geodäten und Geologen der Universitäten Stuttgart,
Hohenheim und Tübingen begeisterte Marotz mit seiner berlinerischen Schlagfertigkeit,
Lebensfreude und Lebendigkeit seine Studenten.
In gleichem Maße erfolgreich und überzeugend wirkte Günter
Marotz in verschiedensten Gremien der akademischen Selbstverwaltung. Er war Dekan,
Prodekan, saß im Großen Senat, im Senat und in der Senatskommission Forschung der Uni
Stuttgart. Über zwei Jahrzehnte war er Mitglied der Prüfungskommission Bauingenieur- und
Vermessungswesen, darunter neun Jahre als deren Vorsitzender. Von 1990 bis 1995 gehörte
er dem Vorstand der Professorenschaft der Universität an und vertrat sie in diesen Jahren
beim Deutschen Hochschulverband. Von der DFG wurde er für 12 Jahre zum Gutachter des
Sonderforschungsbereichs Wasserforschung im küstennahen Bereich an den
Universitäten Braunschweig und Hannover bestellt.
Auch außerhalb des universitären Bereichs war Marotz
Mitglied verschiedener Fachverbände und wissenschaftlicher Organisationen. Seit 1977
oblag ihm die Hauptschriftleitung der Fachzeitschrift Wasserwirtschaft. Bis in
seine letzten Lebenstage hinein war er dieser Aufgabe leidenschaftlich zugetan.
Diese Fülle von Verantwortungen, Verpflichtungen und
Einsatzfeldern erfüllte Professor Marotz mit einer ihm gegebenen Leichtigkeit, die in
seinem Wesen und seinem Charakter begründet lag. Pflichterfüllung, Aufgeschlossenheit,
Hilfsbereitschaft, Teamgeist unter Hintanstellung persönlicher Interessen waren seine
Maxime, die auf dem Grund einer familiären Geborgenheit wirken konnten.
Für die Universität Stuttgart, seine Kollegen, Mitarbeiter
und Freunde war er eine glückhafte Bereicherung, die zu dankbarem Gedenken verpflichtet.
Die Lücke, die er hinterläßt, wird schwer zu schließen sein.
Jürgen Giesecke/uk
Zum Tod von Nikola Spassov Dimitrov
Im 76. Lebensjahr verstarb am 3. Juli 1997 Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing E.h. Nikola
Spassov Dimitrov, emeritierter Ordinarius und Direktor des Instituts für
Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart. Über mehr als
17 Jahre, von 1971 bis 1988, leitete er mit seinem, bei Studenten und Mitarbeitern
geschätzten, kraftvollen Arbeitsstil sein Institut. Hier baute der in Plovdiv, Bulgarien,
geborene Dimitrov eine Tragwerkslehre auf, die praxisorientiert und undogmatisch das
Entwerfen von Tragkonstruktionen als integralen Bestandteil des Gesamtentwerfens sieht.
Auf Studien der Mathematik und Physik in Sofia folgten Studien des Bauingenieurwesens an
der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg und den Technischen Hochschulen in
Breslau, München und Karlsruhe. Nach exzellenten Abschlüssen wurde Nikola S. Dimitrov
als Mitarbeiter des Instituts für Boden und Stahlbeton der TH Karlsruhe schon früh mit
der statisch-konstruktiven Bearbeitung und Prüfung vieler schwieriger
Ingenieurkonstruktionen betraut. Hierzu zählten beispielsweise die Schwarzwaldhalle in
Karlsruhe, das Atomei in München-Garching oder auch die Kinzigbrücke bei
Offenburg.
Die theoretische und praktische Beschäftigung mit Fragen der
Baustatik zieht sich als roter Faden durch sein Lebenswerk. Seiner Dissertation über
Beiträge zu den theoretischen Grundlagen der Verformungstheorie folgte seine
Habilitationsschrift über Balken und Platte als Gründungskörper. Für
letztere erhielt er 1956 die venia legendi für das Fachgebiet Sondergebiete der
Statik und des Stahlbetonbaus. Aus seiner wissenschaftlichen Vita besonders erwähnt
sei darüber hinaus eine Arbeit über Operatorenrechnung und ihre Anwendung auf die
Baustatik, für die er 1965 mit dem Freudenberg-Preis der Universität Karlsruhe
ausgezeichnet wurde. Seine ersten Kontakte zur Universität Stuttgart bestanden schon
lange vor seiner Berufung. Mit Vorlesungen über Baustatik , die er auch vor Architekten
hielt, unterstrich er schon früh sein Plädoyer für eine enge Zusammenarbeit zwi-schen
Architekten und Bauingenieuren und für mehr gegenseitiges Verständnis. Dies war
sicherlich mitentscheidend dafür, daß Dimitrov im Jahre 1970 zunächst als
Lehrstuhlvertreter und 1971 als Ordinarius und Direktor des Instituts für
Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen an die Universität Stuttgart berufen
wurde.
Als Prüfingenieur, Berater und Gutachter behielt er
weiterhin engen Kontakt zur Baupraxis, was für eine Lehre in seinem Fach unerläßlich
ist. Mit der Herausgabe von drei Schriftenreihen - Lehre, Forschung, Studentenarbeiten -
fand er eine passende Form, um die breite Fachöffentlichkeit ständig über das ganze
Spektrum der Institutsarbeit zu unterrichten. Seine späteren wissenschaftlichen Arbeiten
galten der Weiterentwicklung von numerischen Berechnungsmethoden und den
Einsatz-möglichkeiten von Computern in der Baustatik.
Nikola S. Dimitrov hat für die Wissenschaft, Lehre und
Praxis in seinem Fachgebiet vieles bewirkt. Seine ehemaligen Studenten und Mitarbeiter
gedenken seiner menschlichen, liebenswürdigen und großzügigen Art mit besonderer
Dankbarkeit.
Günter Eisenbiegler
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