Die Techniken der Vergasung und der Pyrolyse von Biomasse dienen der
Umwandlung des meist festen Einsatzmaterials (Holz, Stroh, organische Abfälle,
Energiepflanzen) in gasförmige und flüssige Sekundärenergieträger. Diese lassen sich
zum Beispiel in Motoren oder in Gasturbinen im Vergleich zu anderen Nutzungsmöglichkeiten
vielseitiger, effizienter und umweltfreundlicher einsetzen. Sie können damit im
Ver-gleich zur direkten Verbrennung einen größeren Beitrag zu einer umwelt- und
klimaverträglicheren Energieversorgung leisten. Vergasung und Pyrolyse sind von allen
Möglichkeiten zur Energienachfragedeckung über den Zwischenschritt der Umwandlung von
festen Bioenergieträgern in flüssige oder gasförmige Sekundärenergieträger die
Optionen mit dem höchsten Potential und den besten Zukunftsperspektiven, wie Dr.-Ing.
Martin Kaltschmitt vom IER in seinem Eröffnungsvortrag ausführte. Defizite gibt es
jedoch bei beiden Techniken.
Dies wurde bei dem Vortrag von Prof. Tom Beenackers von der
University of Groningen (Niederlande) sehr deutlich, der einen Überblick über den
weltweiten Stand der Vergasungstechnik gab; er berichtete aber auch, daß die
Biomassevergasung in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte - insbesondere bei Anlagen
im größeren Leistungsbereich - gemacht hat.
Auch die Pyrolyse von Biomasse ist noch weitgehend im
Forschungsstadium, wie Prof. Tony Bridgwater von der Aston University in Großbritannien
berichtete; im wesentlichen werden die Möglichkeiten, aus Holz ein beispielsweise in
Motoren einsetzbares Öl zu produzieren, erst im Labormaßstab erprobt. Erste Ansätze
einer möglichen großtechnischen Umsetzung sind bisher kaum erkennbar.
Berichte über eine Anlage in Värnamo in Schweden - dort
wurde weltweit erstmals eine Gasturbine mehrere hundert Stunden mit Biomasse betrieben -
und Projekte in Indien ergänzten dies; dort werden Open-Top-Vergaser im kleinen
Leistungsbereich zur Stromerzeugung mit Motoren bereits erfolgreich bei der
Elektrizitätsversorgung im ländlichen Bereich eingesetzt.
Bei der Pyrolyse wurde ebenfalls über aktuelle Projekte
berichtet. Bei Versuchen englischer Fachleute, in Dieselmotoren Pyrolyseöl einzusetzen,
zeigten sich - trotz einiger ermutigender Ergebnisse - noch erhebliche technischen
Probleme. Ähnliches gilt auch für den Einsatz von Pyrolyseölen in den marktüblichen
Heizölbrennern zur Wärmebereitstellung. Aber es gibt auch sehr vielversprechende
Ansätze einer Nutzung von Pyrolyseprodukten außerhalb des Energiesektors: beispielsweise
kann die verflüssigte Biomasse als Chemierohstoff genutzt werden (zum Beispiel als liquid
smoke).
Die Tagung hat gezeigt, daß in den letzten Jahren sowohl bei
der Vergasung als auch bei der Verflüssigung erhebliche Fortschritte gemacht wurden; eine
ganze Reihe größerer und kleinerer nationaler und internationaler Projekte laufen. Mit
weiteren Fortschritten kann gerechnet werden. Andererseits wurde deutlich, daß beide
Techniken bisher weder technisch ausgereift oder gar großtechnisch verfügbar sind.
Deshalb müssen - und das war Konsens unter den Teilnehmern - die Forschungs- und
Entwicklungsanstrengungen national wie international verstärkt werden, damit die mit
diesen Technologien erreichbaren Umweltvorteile für Deutschland und Europa besser genutzt
werden können. Dann könnte die Biomasse einen deutlich weitergehenden Beitrag zur
Lösung der Energie- und Umweltprobleme leisten.
KONTAKT
Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, Dr.-Ing. M.
Kaltschmitt, Heßbrühlst. 49 a, 70565 Stuttgart; Tel. 0711/780-6116; Fax 780-6177
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