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Stuttgarter unikurier Nr. 75/76 September 1997
Workshop:
Computersimulationen im Nanobereich
 

Computersimulationen von Werkstoffeigenschaften können auf verschiedensten Größen- und Längenskalen durchgeführt werden. Um die Simulation auf atomarer Ebene - dabei liegt die Längenskala im Nanometer- und die Zeitskala im Picosekundenbereich - ging es bei einer Veranstaltung am 3. Juli. Unter Leitung von Prof. Siegfried Schmauder traf sich zum zweiten Mal eine Gruppe aktiver Forscher an der Staatlichen Materialprüfungsanstalt (MPA) zum Workshop über „Nanoscale Simulation of Fracture, Interfaces and Deformation“ in Stuttgart.

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Die über 30 vornehmlich deutschsprachigen Teilnehmer diskutierten dabei die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Nanosimulation. Eines der Themen war die Simulation des Fließverhaltens von reinem Eisen mit Methoden der Molekularstatik. Der Einfluß der Randbedingungen auf diese Fließkurven wurde quantifiziert; Ziel derartiger Untersuchungen sind die Verformungs- und Versagensprozesse in Stählen.

Die Diskrete-Versetzungs-Dynamik wurde vorgestellt und die Vor- und Nachteile gegenüber der atomistischen Modellierung beschrieben. Für die atomare Beschreibung spricht vor allem ihre Selbstkonsistenz, dagegen sprechen die Problematik der Randbedingungen, die große benötigte Datenmenge und die kleinen Zeitskalen.

Die Rißausbreitung in Quasikristallen wurde mit einem massiv parallelen Molekular-Dynamik-Programm berechnet und die Ergebnisse in einem Film dargestellt. Das am Institut für Theoretische und Angewandte Physik der Uni Stuttgart entwickelte Programm kann etwa eine Billion Atome handhaben (zu diesem jüngsten Stuttgarter Weltrekord siehe auch den Bericht in der Rubrik „Forschung & Wissenschaft“).

Im Film zeigten die Stuttgarter Physiker, daß die Risse an ihrer Spitze erst Versetzungen emittieren bevor sie sich weiter ausbreiten.

Nanostrukturierte Materialien besitzen eine sehr große Dichte von Korngrenzen, ein großer Anteil von Atomen befindet sich in den Grenzflächen. Wenn die Korngröße etwa in Ni unterhalb 8 nm liegt, wird daher das Material weicher, das heißt der Elastizitätsmodul ist reduziert.

Mit einem dreidimensionalen Molekulardynamik-Modell wurde die Werkstoffbeschichtung durch Ausscheidungen aus der Gasphase simuliert. Je nach Temperatur wurde ein bestimmter Grad der Durchmischung der Substratatome mit den Filmatomen beobachtet. Diese Grenzflächenmischung ist von großer Bedeutung für die Haftung des Films auf dem Substrat.

Auch die spannungsinduzierte Phasenumwandlung wurde mit molekulardynamischen Modellen abgebildet. Dabei wurden Phononendispersionen berechnet und aus der Änderung der Dispersionskurven auf eine Phasentransformation geschlossen. Die Simulation von Silberteilchen in Glas zeigte ein Wachstum der Teilchen mit zunehmender Temperatur. Die Simulation von Herstellung und Eigenschaften von nanostrukturierten Materialien mit Hilfe von Molekulardynamik-Methoden wurde ebenfalls vorgestellt. Es zeigt sich, daß die Eigenschaften der Nanokristalle stark vom Herstellungsprozeß abhängen. Abschließend wurde gezeigt, daß sich mit Hilfe von ab-initio-Rechnungen und dem Peierls-Nabarro-Modell Versetzungsaufspaltungen in intermetallischen Phasen berechnen lassen.

1998 wird der Workshop in Stuttgart mit dem jährlichen Treffen der Mitglieder des internationalen Projekts für Molekulardynamik mit dem Titel „Hierarchical Estimation of Materials Strength by Molecular Dynamics Simulations“ zusammenfallen: Termin ist 20. und 21. Juli.

 

M. Ludwig/S. Schmauder

 

KONTAKT
Prof. Schmauder, Staatliche Materialprüfungsanstalt (MPA), Universität Stuttgart, Pfaffenwaldring 32, 70569 Stuttgart; Tel. 0711/685-2556; Fax 0711/685-2635
e-mail: Schmauder@mpa.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart 1998