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Stuttgarter unikurier Nr. 77/78 Februar 1998
Ersatz fossiler durch nachwachsende Energieträger:
Brennholz ist besser als sein Ruf!
 

Das Wissen um die Endlichkeit fossiler Energieressourcen hat Gesellschaft und Wissenschaft herausgefordert, nach Alternativen wie Hölzern, Gräsern und Pflanzenölen zu suchen. Der Vergleich nachwachsender mit fossilen Energieträgern läßt - unter Abwägung aller ökologischen Vor- und Nachteile - Hölzer dafür am vielversprechendsten erscheinen; dies ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts unter Federführung des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart (IER) .

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Die Vor- und Nachteile einer Substitution fossiler durch nachwachsende Energieträger sind nicht ohne weiteres erkennbar. Umwelteffekte treten nämlich nicht nur bei der letzten Umwandlung in der Feuerungsanlage auf, sondern können bereits bei der Pflanzenproduktion eine Rolle spielen. Ein Vergleich verschiedener Energieträger unter ökologischen Aspekten muß daher die gesamten Lebenswege von der „Wiege" bis zur „Bahre" im Auge haben.

Genau dies waren Anspruch und Ziel einer Untersuchung, die in den Jahren 1993 bis 1997 mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück, in Höhe von 1,5 Millionen DM durchgeführt wurde. Die Federführung hatten Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt vom IER der Universität Stuttgart und Dr. Guido A. Reinhardt vom IFEU - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH. An der Untersuchung waren auch das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) in Darmstadt und das Institut für Umweltstudien GmbH in Heidelberg beteiligt.

 

Alternative Energieträger
Als Ersatz für die fossilen Brennstoffe wurden Energiepflanzen wie Triticale, Chinaschilf und Pappeln zur Wärme- und Stromherstellung untersucht, ebenso Biokraftstoffe wie Rapsöl, Rapsölmethylester und Bioethanol als Treibstoffe für Motoren, und zuletzt land- und forstwirtschaftliche Rückstände wie Stroh, Grasschnitt und Waldrestholz zur Wärme- und Strombereitstellung.

Was den Verbrauch erschöpflicher Energieressourcen betrifft, lassen sich durch Biomasse - in unterschiedlichem Ausmaß - immer Einsparungen erzielen.

Hinsichtlich des Treibhauseffekts führen alle untersuchten nachwachsenden Energieträger zu einer Reduktion der Freisetzungen an klimarelevanten Spurengasen. Großteils resultiert dies aus dem im wesentlichen klimaneutralen geschlossenen CO2-Kreislauf, der bei der Verbrennung von Biomasse entsteht. Bei den Bio-Substituten kommt es zu einem stärkeren Abbau der stratosphärischen Ozonschicht. Dies ist auf die höheren Freisetzungen an Distickstoffoxid (N2O, Lachgas) zurückzuführen.

Die Ergebnisse der Untersuchung lassen keine eindeutigen Aussagen zu über eine Veränderung der potentiellen Versauerung von Böden und Gewässern. Auch unter dem Aspekt der human- und ökotoxischen Wirkung von Schwefeldioxid- und Stickstoffoxid-Emissionen lassen sich keine eindeutigen Aussagen machen.

 

Stichwort „Umweltbelastung"
Bei der Nutzung von Biomasse kann es auch zu höheren Freisetzungen und damit einer potentiell höheren Umweltbelastung kommen. Bei Festbrennstoffen liegt dies insbesondere an den Emissionen aus der eigentlichen Verbrennung. Hölzer setzen dabei in geringerem Maße Stoffe frei als Halmgüter. Diese zeigen häufig höhere Emissionen. Bei der Nutzung fossiler und biogener Kraftstoffe in Motoren sind infolge der Katalysatorwirkung die Emissionen gleich mit Ausnahme von Rapsöl, eingesetzt in Schleppern. Die bei biogenen Kraftstoffen höheren Emissionen im Gesamtlebensweg resultieren im wesentlichen aus den Vorketten und hier wiederum vor allem aus der aufwendigen industriellen Verarbeitung der organischen Ausgangsprodukte. Eine Verbesserung aus ökologischer Sicht ist durch eine optimierte Bereitstellung möglich. Hier sind die Möglichkeiten jedoch begrenzt, da schon heute, insbesondere bei der Rapsölgewinnung, aus Umweltsicht sehr weit entwickelte Verfahren vorhanden sind.

 

Lebenswegabschnitt „Pflanzenproduktion"
In der Studie wurden für den Lebenswegabschnitt „Pflanzenproduktion" die potentielle Belastung der Oberflächengewässer mit Phosphat, Stickstoff und Pflanzenschutzmitteln, die potentielle Belastung des Grundwassers mit Nitraten und Pflanzenschutzmitteln, die Artenvielfalt (Biodiversität) und die boden-ökologischen Funktionen untersucht.

Meist waren keine wesentlichen potentiellen Minder- oder Mehrbelastungen des Grundwassers mit Nitrat erkennbar. Lediglich bei Raps, Winterweizen zur Ethanoproduktion und der Zuckerrübe ergeben sich etwas höhere potentielle Grundwassereinträge.

Mehrjährige Kulturen führen zu geringeren potentiellen Belastungen der Oberflächengewässer mit Stickstoff und Phosphat. Wenn die nachwachsenden Energieträger nach guter fachlicher Praxis angebaut werden, ist eine potentielle Belastung von Grund- und Oberflächengewässern durch Pflanzenschutzmittel als nicht signifikant einzuschätzen.

Bei einjährigen Energiepflanzen sind kurzfristige Unterschiede in der Artenvielfalt festzustellen. Bei den mehrjährigen Energiepflanzen ergeben sich Unterschiede in der Zusammensetzung von Fauna und Flora. Nachhaltige Veränderungen der Transformations- und Lebensraumfunktion des Bodens durch den Anbau nachwachsender Energieträger sind allerdings nicht festzustellen.

 

Brennholz ist besser als sein Ruf
Bei der Nutzung alternativer Bioenergieträger sind , dies zeigte die Studie, primär die Hölzer zu favorisieren. Flüssige Bioenergieträger sind dagegen weniger empfehlenswert. Bei den meisten Varianten ist ein Beitrag zur Schonung nicht erneuerbarer Energieressourcen gering. Gleiches gilt auch für die Verringerung des Treibhauseffekts.

Davon unberührt bleiben vielversprechende Einsatzbereiche der Biokraftstoffe, deren Eigenschaften in einem besonderen Maße positiv zur

Geltung kommen. Beispielhaft sei hier auf den Rapsmethylester bzw. Biodiesel verwiesen, der aufgrund seiner guten biologischen Abbaubarkeit als Kraftstoff für Fahrzeuge in Wasserschutzgebieten oder für Motorschiffe auf Seen, die der Trinkwassergewinnung dienen, verstärkt eingesetzt werden sollte.     /ck

 

KONTAKT
Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, IER - Abt. NET, Universität Stuttgart, Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt, Heßbrühlstr. 49a, 70565 Stuttgart, Tel.: 0711 -7806116, Fax: 0711 -7806177
e-mail: MK@ier.uni-stuttgart.de

 


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