Die Vor- und Nachteile einer Substitution fossiler durch nachwachsende
Energieträger sind nicht ohne weiteres erkennbar. Umwelteffekte treten nämlich nicht nur
bei der letzten Umwandlung in der Feuerungsanlage auf, sondern können bereits bei der
Pflanzenproduktion eine Rolle spielen. Ein Vergleich verschiedener Energieträger unter
ökologischen Aspekten muß daher die gesamten Lebenswege von der Wiege" bis
zur Bahre" im Auge haben.
Genau dies waren Anspruch und Ziel einer Untersuchung, die in den Jahren 1993 bis 1997
mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück, in
Höhe von 1,5 Millionen DM durchgeführt wurde. Die Federführung hatten Dr.-Ing. Martin
Kaltschmitt vom IER der Universität Stuttgart und Dr. Guido A. Reinhardt vom IFEU -
Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH. An der Untersuchung waren auch
das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) in Darmstadt
und das Institut für Umweltstudien GmbH in Heidelberg beteiligt.
Alternative Energieträger
Als Ersatz für die fossilen Brennstoffe wurden Energiepflanzen wie Triticale, Chinaschilf
und Pappeln zur Wärme- und Stromherstellung untersucht, ebenso Biokraftstoffe wie
Rapsöl, Rapsölmethylester und Bioethanol als Treibstoffe für Motoren, und zuletzt land-
und forstwirtschaftliche Rückstände wie Stroh, Grasschnitt und Waldrestholz zur Wärme-
und Strombereitstellung.
Was den Verbrauch erschöpflicher Energieressourcen betrifft, lassen sich durch
Biomasse - in unterschiedlichem Ausmaß - immer Einsparungen erzielen.
Hinsichtlich des Treibhauseffekts führen alle untersuchten nachwachsenden
Energieträger zu einer Reduktion der Freisetzungen an klimarelevanten Spurengasen.
Großteils resultiert dies aus dem im wesentlichen klimaneutralen geschlossenen
CO2-Kreislauf, der bei der Verbrennung von Biomasse entsteht. Bei den Bio-Substituten
kommt es zu einem stärkeren Abbau der stratosphärischen Ozonschicht. Dies ist auf die
höheren Freisetzungen an Distickstoffoxid (N2O, Lachgas) zurückzuführen.
Die Ergebnisse der Untersuchung lassen keine eindeutigen Aussagen zu über eine
Veränderung der potentiellen Versauerung von Böden und Gewässern. Auch unter dem Aspekt
der human- und ökotoxischen Wirkung von Schwefeldioxid- und Stickstoffoxid-Emissionen
lassen sich keine eindeutigen Aussagen machen.
Stichwort Umweltbelastung"
Bei der Nutzung von Biomasse kann es auch zu höheren Freisetzungen und damit einer
potentiell höheren Umweltbelastung kommen. Bei Festbrennstoffen liegt dies insbesondere
an den Emissionen aus der eigentlichen Verbrennung. Hölzer setzen dabei in geringerem
Maße Stoffe frei als Halmgüter. Diese zeigen häufig höhere Emissionen. Bei der Nutzung
fossiler und biogener Kraftstoffe in Motoren sind infolge der Katalysatorwirkung die
Emissionen gleich mit Ausnahme von Rapsöl, eingesetzt in Schleppern. Die bei biogenen
Kraftstoffen höheren Emissionen im Gesamtlebensweg resultieren im wesentlichen aus den
Vorketten und hier wiederum vor allem aus der aufwendigen industriellen Verarbeitung der
organischen Ausgangsprodukte. Eine Verbesserung aus ökologischer Sicht ist durch eine
optimierte Bereitstellung möglich. Hier sind die Möglichkeiten jedoch begrenzt, da schon
heute, insbesondere bei der Rapsölgewinnung, aus Umweltsicht sehr weit entwickelte
Verfahren vorhanden sind.
Lebenswegabschnitt Pflanzenproduktion"
In der Studie wurden für den Lebenswegabschnitt Pflanzenproduktion" die
potentielle Belastung der Oberflächengewässer mit Phosphat, Stickstoff und
Pflanzenschutzmitteln, die potentielle Belastung des Grundwassers mit Nitraten und
Pflanzenschutzmitteln, die Artenvielfalt (Biodiversität) und die boden-ökologischen
Funktionen untersucht.
Meist waren keine wesentlichen potentiellen Minder- oder Mehrbelastungen des
Grundwassers mit Nitrat erkennbar. Lediglich bei Raps, Winterweizen zur Ethanoproduktion
und der Zuckerrübe ergeben sich etwas höhere potentielle Grundwassereinträge.
Mehrjährige Kulturen führen zu geringeren potentiellen Belastungen der
Oberflächengewässer mit Stickstoff und Phosphat. Wenn die nachwachsenden Energieträger
nach guter fachlicher Praxis angebaut werden, ist eine potentielle Belastung von Grund-
und Oberflächengewässern durch Pflanzenschutzmittel als nicht signifikant
einzuschätzen.
Bei einjährigen Energiepflanzen sind kurzfristige Unterschiede in der Artenvielfalt
festzustellen. Bei den mehrjährigen Energiepflanzen ergeben sich Unterschiede in der
Zusammensetzung von Fauna und Flora. Nachhaltige Veränderungen der Transformations- und
Lebensraumfunktion des Bodens durch den Anbau nachwachsender Energieträger sind
allerdings nicht festzustellen.
Brennholz ist besser als sein Ruf
Bei der Nutzung alternativer Bioenergieträger sind , dies zeigte die Studie, primär die
Hölzer zu favorisieren. Flüssige Bioenergieträger sind dagegen weniger empfehlenswert.
Bei den meisten Varianten ist ein Beitrag zur Schonung nicht erneuerbarer
Energieressourcen gering. Gleiches gilt auch für die Verringerung des Treibhauseffekts.
Davon unberührt bleiben vielversprechende Einsatzbereiche der Biokraftstoffe, deren
Eigenschaften in einem besonderen Maße positiv zur
Geltung kommen. Beispielhaft sei hier auf den Rapsmethylester bzw. Biodiesel verwiesen,
der aufgrund seiner guten biologischen Abbaubarkeit als Kraftstoff für Fahrzeuge in
Wasserschutzgebieten oder für Motorschiffe auf Seen, die der Trinkwassergewinnung dienen,
verstärkt eingesetzt werden sollte. /ck
KONTAKT
Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, IER - Abt. NET,
Universität Stuttgart, Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt, Heßbrühlstr. 49a, 70565 Stuttgart,
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