Stuttgarter
unikurier Nr. 77/78 Februar 1998 |
Buch-Tip: |
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Mobilität in Stadtregionen
Stadt - Mobilität - Logistik: Perspektiven, Konzepte und Modelle" - so
lautet der Titel eines Bandes der Reihe Stadtforschung aktuell, der aus einer
fakultätsübergreifenden Ringvorlesung im WS 1995/96 entstand. Im Mittelpunkt stehen neue
Konzepte, Modelle und Experimente zur Bewältigung ökologischer, ökonomischer und
städtebaulicher Probleme gegenwärtiger Formen räumlicher Mobilität - ein Auftrag für
Architekten, Stadtplaner, Bauingenieure und Logistiksystemplanern gleichermaßen.
Es wächst die Einsicht, daß die bisherige, im wesentlichen auf das Automobil
orientierte Mobilitätsentwicklung nicht mehr fortgeschrieben werden kann. Global wird die
Reduktion der CO2-Emissionen heute als Ziel gesetzt, während in den Stadtregionen die
Selbstblockade des motorisierten Individualverkehrs die Problematik verdeutlicht.
Inzwischen ist unbestritten, daß nur interdisziplinäre Lösungsansätze das
Mobilitätsgeschehen angemessen erklären und wirkungsvoll beeinflussen können.
Dennoch ist der fachliche Austausch unter Forschern und Praktikern immer noch sehr auf
die eigene Disziplin begrenzt. Mit dem nun vorliegenden Band unternehmen die drei
herausgebenden Institute der Universität Stuttgart - das Städtebauliche Institut, das
Institut für Fördertechnik und das Institut für Straßen- und Verkehrswesen - den
Versuch, diese Grenzen zu überwinden. /ck
Prof. Dr. Johann Jessen, Prof. Dr.-Ing. Horst J. Roos und Dr.-Ing. Walter Vogt
(Hrsg.), Stadt - Mobilität - Logistik: Perspektiven, Konzepte und Modelle; Band 63 der
Reihe Stadtforschung aktuell; Birkhäuser-Verlag (ISBN 3-7643-5445-3).
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Organisierung von Innovation
Innovation" hieß das Thema eines Kolloquiums im WS 1995/96 der Abteilung
für Soziologie des Instituts für Sozialforschung der Uni Stuttgart.
Die Ergebnisse sind zusammengefaßt in einem Reader mit dem Titel: Zwischen
Akteur und System. Die Organisierung von Innovation." Birgit Blättel-Mink und Ortwin
Renn haben den Band herausgegeben.
Die Annäherung an das Thema erfolgt in vier Schritten. Den Theoretischen
Konzepten in der Innovationsforschung", die einen Überblick über die
Innovationsforschung geben und einen Rahmen schaffen für die nachfolgenden Abschnitte,
folgen in dem Band die Institutionellen Bedingungen von Technikgenese und
Innovation". Hier werden die aktuellen Probleme benannt, die sich in den einzelnen
Phasen des Innovationspro-zesses ergeben und die die wirtschaftlichen und
außerwirtschaftlichen Akteure dazu veranlassen, neue Lösungswege einzuschlagen. Ein
dritter Abschnitt beschäftigt sich mit der Internalisierung externer Effekte".
Darin geht es um neue industrielle Leitbilder ebenso wie um die Akzeptanz neuer Techniken.
Der Band schließt mit dem Verhältnis von Innovation und Diffusion", wo es zum
Beispiel auch um individuelle Bewertungskriterien moderner Kommunikationstechnik geht.
Zusammengefaßt zeigen die Beiträge, daß außerwirtschaftliche Faktoren in immer
stärkerem Maße die Organisierung von Innovationen bestimmen. Verstärkte Kooperation
innerhalb der Wirtschaft und die Notwendigkeit, zu wissen, was außerhalb des Unternehmens
vor sich geht, fördern die Bildung neuer Organisations- und Kommunikationsformen. Eine
Institutionalisierung von Kommunikation außerhalb von Markt und Hierarchie scheint dazu
geeignet, die unterschiedlichen Formen und die unterschiedliche Strukturierung technischen
Wissens zu überwinden. Daß Innovationen den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen
fördern und daß durch eine sozial- und umweltverträgliche Technikgestaltung spezifische
Wohlfahrtseffekte für die Gesellschaft insgesamt zu erwarten sind, scheint dabei außer
Frage zu stehen. /ck
Blättel-Mink, Birgit / Renn, Ortwin (Hg.; 1997), Zwischen Akteur und System.
Die Organisierung von Innovation. Opladen: Westdeutscher Verlag, DM 78.-
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Gehirn und Verhalten
Hermann Haken kommt nicht nur von der Synergetik, wie er im letzten Kapitel seines
jüngsten Buches (Gehirn und Verhalten", 1997) vorsichtig bemerkt, sondern er
hat diese Disziplin ganz wesentlich geprägt und hervorgebracht. Der emeritierte Leiter
des Instituts für Theoretische Physik und Synergetik der Universität Stuttgart, Prof.
Dr. rer. nat. Dr. h.c. Hermann Haken, ist für seine wis-senschaftlichen Verdienste
vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt wurde ihm von der TU München die Würde eines
Doktors der Philosophie ehrenhalber verliehen.
Die Verfasser, Koautorin ist Prof. Hakens Tochter Maria Haken-Krell, suchen den
methodischen Zugang zum Rätsel von Gehirn und Verhalten über einen nach den Prinzipien
der Synergetik arbeitenden Computer, der auf beeindruckende Weise in der Lage ist,
beliebige Muster und Gesichter zu erkennen, und damit in Arbeitsweise und Leistung unserem
Gehirn vergleichbar wird.
In einem spannenden Wechselspiel von experimentellem Befund und algorithmischem Modell
entfalten die Autoren immer neue Aspekte ihrer zentralen These, daß unser Gehirn und
Verhalten nicht von einer Zentralinstanz gesteuert werden, sondern in
Selbstorganisationsprozessen sogenannte Ordner oder Ka-tegorien entwickeln, die aus der
rohen Vielfalt sensorischer Eindrücke Bedeutung und Gestalt entstehen lassen. Der
synergetische Computer und das Gehirn entfalten ihre Leistungsfähigkeit eben nicht dank
prozessorschnellen Abarbeitens endloser Serienrechnungen wie etwa ein Schachcomputer,
sondern durch parallel geschaltete gleichzeitige Bildung und Verarbeitung von Verbindungen
- das Ordnerprinzip. Während ein Schachcomputer eher mit schierer Gewalt als mit
Intelligenz" arbeitet, könnte der synergetische Computer auch ein neues Paradigma
für Artificiell Intelligence (AI) hervorbringen. Haken denkt an autonome
Agenten", die sich mit situationsbezogener Intelligenz in eingegrenzten Umwelten
selbständig verhalten und wie ein anpassungsfähiges Lebewesen bestimmte Aufgaben
erfüllen können.
Ist das Gehirn also eine Maschine? Souverän und mit einem erfrischenden Schuß Ironie
skizziert Hermann Haken in diesem Zusammenhang Perspektive und Paradoxie einer Theorie
künstlicher Intelligenz: Auf der einen Seite will das menschliche Gehirn eine
Maschine konstruieren, deren Fähigkeiten denen des menschlichen Gehirns gleichen oder
diese sogar übertreffen, und auf der anderen Seite will das menschliche Gehirn beweisen,
daß es immer einer solchen Maschine überlegen ist." /eng
Hermann Haken, Maria Haken-Krell: Gehirn und Verhalten: unser Kopf arbeitet
anders als wir denken. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1997, 286 Seiten, 44 Mark.
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Innovation und Arbeit
Stärken Innovationen die Beschäftigung oder vernichten sie Arbeitsplätze? In dieser
Frage ist eines der brisantesten wirtschaftspolitischen Probleme der Gegenwart
zusammengefaßt. In zwölf Beiträgen verfolgt der von dem Stuttgarter Ökonomen, Prof.
Hermann Schnabl, herausgebene Band die vielfältigen Aspekte dieser Thematik. Nach einer
eher qualitativ argumentierenden Übersicht über die Auswirkungen der Innovationen auf
die zukünftige Arbeitswelt werden auch die statistischen Erfassungsprobleme diskutiert.
In mehreren empirischen Untersuchungen der jüngsten Geschichte wird sodann die These
verfolgt, daß Arbeitszeitverkürzungen auf der Ebene der Wochen- und Jahresarbeitszeiten
den mit Innovationen verbundenen Beschäftigungsabbau offenkundig abfedern konnten und
daß ohne Umverteilung der Arbeit via Arbeitszeitverkürzung die Beschäftigungslage noch
viel dramatischer wäre.
Im Gegensatz dazu argumentieren die folgende Beiträge, daß gerade Produktinnovationen
beschäftigungssteigernde Wirkungen auslösen können. Zunächst allgemein vorgestellt an
den Beschäftigungspotentialen durch umweltpolitische Neuerungen wird danach in
empirischen Analysen für Baden Württemberg und für Deutschland und Japan in der Dekade
zwischen 1980 und 1990 gezeigt, daß Produktinnovationen tendenziell die Beschäftigung
steigern, während ein Unterlassen innovativer Aktivitäten, statistisch gesehen,
Arbeitsplätze gekostet habe.
Leider wird in keinem der Beiträge der ausdrückliche Versuch einer Vereinbarkeit
dieser gegensätzlichen Thesen unternommen, so daß die im Klappentext angesprochene
Versöhnung" der beiden gegensätzlichen Standpunkte dem Nachvollzug der
Argumente überlassen bleibt.
Der Band besticht durch eine Vielzahl von Tabellen und Graphiken sowie durch ein
Stichwortverzeichnis, das auch dem Eiligen einen raschen Zugriff auf die Inhalte erlaubt.
Auch wenn sich das Buch primär an den Fachmann oder die Fachfrau wendet, so stellt es
doch auch für den nur" Interessierten eine durchaus lesbare und auch
informative Lektüre dar. /eng
Innovation und Arbeit - Fakten - Analyse - Perspektiven, Hrsg. v. Hermann
Schnabl, Mohr-Siebeck, Tübingen, 1997, 271 Seiten, Preis: DM 128.-
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