Nach dem Studium der Fächer Physik und Mathematik war Hiller von
Beginn seiner Berufstätigkeit 1923 bis zu seiner Pensionierung beim Württembergischen
Erdbebendienst bzw. beim Landeserdbebendienst Baden-Württemberg tätig, seit 1934 als
dessen Leiter. 1927 promovierte er in Stuttgart zum Dr.-Ing. über die
Ausbreitungsgeschwindigkeit von seismischen Oberflächenwellen bei Weltbeben und
habilitierte sich ebenfalls in Stuttgart 1939.
Hiller, der seinem französischen Kollegen Elie Peterschmitt durch die Beschäftigung
in der württembergischen Erdbebenwarte einen unauffälligen Unterschlupf vor der
Verschleppung durch die Nationalsozialisten verschafft hatte, stieß nach dem Zweiten
Weltkrieg auf keine Schwierigkeiten, an die früheren internationalen Kontakte
anzuknüpfen. Seit 1950 Honorarprofessor in Stuttgart, seit 1957 in Tübingen, war er von
1951 bis 1956 Präsident der Europäischen Seismologischen Kommission. In den Jahren nach
dem Zweiten Weltkrieg galt Hiller als führender deutscher Seismologe. 1961 wurde er
außerodentlicher, 1962 ordentlicher Professor für Geophysik an der TH Stuttgart und
leitete das neugegründete Institut für Geophysik über seine Emeritierung hinaus bis
1969.
Hiller verstand sich als Erdbebenseismologe. Einen Arbeitsschwerpunkt fand er in den
Erdbeben Südwestdeutschlands und baute neben der Erdbebenstation im Untergeschoß der
Villa Reitzenstein - zu ihrer Zeit eine der leistungsfähigsten der Welt - zahlreiche
Seismographenstationen in Südwestdeutschland auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg konstruierte
er einen Nahbebenseismographen, der in einer Weiterentwicklung von 1955 zu den ersten
praxistauglichen elektronischen Seismo-graphen zählt.
Der Aktenbestand des Universitätsarchivs enthält die Gutachten und wissenschaftliche
Korrespondenz Wilhelm Hillers seit 1934, seine Unterlagen zu Forschungsarbeiten während
des Zweiten Weltkriegs, zum Aufbau und zur Verwaltung des Instituts für Geophysik, zu
Kolloquien und zur Lehrtätigkeit. Die Korrespondenz als Präsident der Europäischen
Seismologischen Kommission gewährt einen Einblick in die internationalen Kontakte Wilhelm
Hillers, die für seine Tätigkeit als Seismologe unerläßlich waren.
Norbert Becker
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