Home           Inhalt
balken.gif (998 Byte)
Stuttgarter unikurier Nr. 77/78 Februar 1998
Neu im Uni-Archiv:
Die Anfänge der Geophysik an der Universität Stuttgart
 

Nicht selten gelangen Unterlagen in das Universitätsarchiv, die die Lehr- und die Forschungstätigkeit eines Wissenschaftlers der Universität Stuttgart umfassend dokumentieren. So verhält es sich auch im Fall des Bestands „Institut für Geophysik" und seines ersten Leiters, Professor Wilhelm Hiller, der über die zu erwartenden Unterlagen hinaus noch Akten zur wissenschaftlichen Tätigkeit Wilhelm Hillers vor seiner Stuttgarter Professur und zu seinem Wirken in internationalen Gremien enthält.

kleinbal.gif (902 Byte)
 

Prof. Wilhelm HillerNach dem Studium der Fächer Physik und Mathematik war Hiller von Beginn seiner Berufstätigkeit 1923 bis zu seiner Pensionierung beim Württembergischen Erdbebendienst bzw. beim Landeserdbebendienst Baden-Württemberg tätig, seit 1934 als dessen Leiter. 1927 promovierte er in Stuttgart zum Dr.-Ing. über die Ausbreitungsgeschwindigkeit von seismischen Oberflächenwellen bei Weltbeben und habilitierte sich ebenfalls in Stuttgart 1939.

Hiller, der seinem französischen Kollegen Elie Peterschmitt durch die Beschäftigung in der württembergischen Erdbebenwarte einen unauffälligen Unterschlupf vor der Verschleppung durch die Nationalsozialisten verschafft hatte, stieß nach dem Zweiten Weltkrieg auf keine Schwierigkeiten, an die früheren internationalen Kontakte anzuknüpfen. Seit 1950 Honorarprofessor in Stuttgart, seit 1957 in Tübingen, war er von 1951 bis 1956 Präsident der Europäischen Seismologischen Kommission. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg galt Hiller als führender deutscher Seismologe. 1961 wurde er außerodentlicher, 1962 ordentlicher Professor für Geophysik an der TH Stuttgart und leitete das neugegründete Institut für Geophysik über seine Emeritierung hinaus bis 1969.

Hiller verstand sich als Erdbebenseismologe. Einen Arbeitsschwerpunkt fand er in den Erdbeben Südwestdeutschlands und baute neben der Erdbebenstation im Untergeschoß der Villa Reitzenstein - zu ihrer Zeit eine der leistungsfähigsten der Welt - zahlreiche Seismographenstationen in Südwestdeutschland auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg konstruierte er einen Nahbebenseismographen, der in einer Weiterentwicklung von 1955 zu den ersten praxistauglichen elektronischen Seismo-graphen zählt.

Der Aktenbestand des Universitätsarchivs enthält die Gutachten und wissenschaftliche Korrespondenz Wilhelm Hillers seit 1934, seine Unterlagen zu Forschungsarbeiten während des Zweiten Weltkriegs, zum Aufbau und zur Verwaltung des Instituts für Geophysik, zu Kolloquien und zur Lehrtätigkeit. Die Korrespondenz als Präsident der Europäischen Seismologischen Kommission gewährt einen Einblick in die internationalen Kontakte Wilhelm Hillers, die für seine Tätigkeit als Seismologe unerläßlich waren.

Norbert Becker

 


last change: 09.06.98 / eng
Pressestelle der Universität Stuttgart 1998