Der Rektor der Universität, Prof. Dr.-Ing. Dres. h.c. Günter Pritschow,
eröffnete den Festakt. Er erinnerte in seinem Grußwort an die große Tradition der
Stuttgarter Elektrotechnik und beglückwünschte die Fakultät zu dem neuen Gebäude, mit
dem sie nun ihrem ausgezeichneten Ruf entsprechend ausgestattet sei. Sein Dank ging an das
federführende Universitätbauamt sowie an die Landesregierung, die in Zeiten des
Sparens" dennoch diese besondere Leistung ermöglicht habe.
Basiswissenschaft im Informationszeitalter
Auch der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Erwin Teufel, betonte in seiner
Ansprache die große Tradition der Elektrotechnik, von der Ende des 19. Jahrhunderts die
zweite industrielle Revolution" ihren Anfang nahm und die sich zusammen mit dem
Maschinenbau und der Fahrzeugtechnik zur Schlüsselbranche in Baden-Württemberg
entwickelt habe. Heute stehe die Elektrotechnik als Basiswissenschaft auch für das
Zeitalter der Information und Kommunikation, sagte der Ministerpräsident. In ihrer
Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gelte die Stuttgarter Elektrotechnik als einer der
wichtigen Kristallisationspunkte für technische Entwicklungen von morgen und für die
Arbeitsplätze der Zukunft.
Der Ministerpräsident bezeichnete die weitsichtige und wichtige Entscheidung der
frühen 60er Jahre zur Errichtung eines neuen Campus für die Universität Stuttgart in
Vaihingen als eine Zukunftsinvestition in der Vergangenheit, die sich ausgezahlt habe.
Die Universität Stuttgart hat die in sie gesetzten hohen Erwartungen
erfüllt", lobte Teufel. Ihre herausragende Bedeutung als Technische Universität sei
unbestritten, und die Ausstrahlung der geleisteten Forschung reiche weit über die
Landesgrenzen und über die nationalen Grenzen hinaus.
Schlüsselfaktoren Bildung und Wissenschaft
Es sei zwar erfreulich, daß der Rückgang der Studienbewerber gerade in den
Ingenieurwissenschaften allmählich zum Stillstand komme. Teufel rief aber gleichzeitig zu
weiteren Anstrengungen auf, die Abiturienten für ein Studium zu begeistern, das
gute und sichere Berufsperspektiven" biete. Die Schlüsselfaktoren für die
Zukunftschancen der jungen Generation lägen in den Bereichen Bildung, Wissen und
schöpferischer Kreativität. Dies bedeute aber auch, so der Ministerpräsident, daß für
die Generation der Eltern die Bildung und berufliche Qualifikation ihrer Kinder wichtiger
sein müsse, als das Geld auf die hohe Kante zu legen. Dies gelte auch für Staat und
Gesellschaft, und mit der Zukunftsoffensive Junge Generation habe Baden-Württemberg
bereits bundesweit Maßstäbe gesetzt.
Vom Wissen zum Produkt, vom Produkt zum Markterfolg und vom Markterfolg über
öffentliche und privatwirtschaftliche Forschungsausgaben wieder zu neuem Wissen. Dieser
Kreislauf muß funktionieren", betonte der Ministerpräsident.
Der Sprecher der Geschäftsleitung der Bosch Telecom GmbH, Dr.-Ing. Werner Andexser,
der selber an der Universität Stuttgart studiert und wissenschaftlich gearbeitet hat,
sprach anschließend über die Rolle der Telekommunikation innerhalb der weltweit
bestimmenden Globalisierung. Deregulierung und internationaler Wettbewerb im
wirtschaftlichen Geschehen haben unter anderem zur Folge, sagte Andexser, daß bei einem
Unternehmen wie Bosch Telecom die Umsätze aus der Produktion rücklaufig, die Umsätze
aus Dienstleistungen dagegen steigend seien. Gerade die Technologien der Telekommunikation
hätten die heutige Arbeitswirklichkeit nachhaltig verändert und hierauf müsse auch die
Ausbildung reagieren.
Bedeutung der Technik herausstellen
Einen möglichen Grund für das seit längerem bemerkbare Desinteresse an technischen
Fächern vermutete Andexser in der ausgeprägten Benutzerorientierung der modernen
Technik. Die heutigen Anwender moderner Technologien seien gerade wegen der Perfektion der
Produkte nicht mehr in der Lage, die zugrundeliegende technische Leistung zu registrieren
und zu würdigen. Die damit verborgene Bedeutung der Technik könne auch nur schwer als
weitere Herausforderung reizen. D. h., man wolle die Technik nutzen, ohne sie zu kennen
oder gar zu studieren. Der Mangel an geeigneten Absolventen habe bei Bosch Telecom bereits
heute dazu geführt, einen Teil des Ingenieur-Nachwuchses im Ausland zu rekrutieren,
bezeihungsweise ganze Bereiche ins Ausland zu verlagern.
Ausgezeichnete Berufsaussichten
Auch der Dekan der Fakultät, Prof. Dr.-Ing. Joachim Speidel, stellte die glänzenden
Berufsaussichten angehender Ingenieure heraus. In einer Hochrechnung der gegenwärtigen
Studierendenzahlen ermittelte der Dekan, daß im Jahre 2000 bundesweit nur knapp 1.800
Absolventen die Universitäten verlassen werden. Dagegen setzte er die Tatsache, daß
allein Siemens jährlich 3.000 junge Ingenieure einstelle.
Eine Neuausrichtung des Studiengangs Elektrotechnik sei derzeit in Vorbereitung, sagte
der Dekan, der stärker die Kommunikations- und Informationstechnologie in den Mittelpunkt
stelle. Nach neun Semestern sei dabei der gleichzeitige Abschluß als Diplom-Ingenieur und
Master vorgesehen; dazu könne bereits nach dem siebten Semester der Bachelor-Abschluß
erworben werden. Zusätzlich zum bereits bestehenden Doppeldiplom mit einer französischen
Universität sei gerade ein Doppeldiplomstudium mit einer amerikanischen Universität in
Vorbereitung.
Zum Abschluß des Festaktes wußte das Blechbläserquintett des Kammerorchesters noch
einmal die Aufmerksamkeit der zahlreichen Gäste mit einem Stück von Antonin Dvorak auf
sich zu lenken. /eng
Foto: Janzer
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