Auf der MIR häuften sich 1997 nach mehr als zehnjährigem weitgehend
problemlosen Betrieb die Zwischenfälle: Ausfall der Energieversorgung, Versagen der
Sauerstofferzeuger, Computerprobleme, Feuer an Bord, und nicht zuletzt die Kollision mit
einem unbemannten Nachschubtransporter hielten die Besatzungen und die öffentlichkeit in
Atem.
Über den Zustand der Raumstation und teilweise auch über
die Besatzung wurde deshalb viel Häme und Spott ausgegossen. Dieser Bewertung
widersprachen die russischen Kosmonauten Wassilij Zibliew, Alexander Lasutkin, Valeri
Korsun und Alexander Kaleri sowie ihre deutschen Kollegen Dr. Reinhold Ewald, Dr. Siegried
Jähn und Hans Schlegel ganz entschieden. Mit einem Film sowie zahlreichen Dias
berichteten die Kosmonauten über ihre wissenschaftliche Arbeit sowie über die
dramatischen Ereignisse auf der MIR. Durch die erfolgreiche Bewältigung der aufgetretenen
Probleme seien neue Erfahrungen gesammelt worden, die bereits von den nächsten
Besatzungen eingesetzt werden konnten, wie etwa die manuelle Steuerung der gesamten
Station durch kleine Triebwerke.
Der Kommandant, Wassilij Zibliew, und sein Bordmechaniker,
Alexander Lasutkin, die mit den schwierigsten Ausfällen kämpfen mußten, sind inzwischen
offiziell von allen Vorwürfen freigesprochen worden. Den überlegten Einsatz von Zibliew
beim Brand an Bord der MIR hob unter anderem auch der zu diesem Zeitpunkt auf der Station
arbeitende deutsche Kosmonaut Walter Ewald hervor. Jeder Computer hätte die Evakuierung
der MIR ausgelöst und damit vielleicht auch das Ende der bemannten Raumfahrt eingeleitet.
Die Urteilskraft des Kommandanten hingegen habe zur situationsgerechten Einschätzung
geführt.
Überhaupt sei die Mission MIR 97 ein beispielhaftes
Unternehmen gewesen. Ewald betonte besonders die erfolgreiche internationale
Zusammenarbeit zwischen Russen, Amerikanern und Deutschen, die wichtig für die
Vorbereitung der neuen internationalen Raumstation sei. Ewald gab sich zuversichtlich,
daß Deutschland in Zukunft eine führende Rolle in der europäischen Raumfahrt spielen
werde.
Bei seinem Aufenthalt auf der MIR hatte der deutsche
Kosmonaut vor allem medizinische Experimente durchgeführt. Das dabei eingesetzte
Verfahren der Erfassung und Übertragung medizinischer Daten zur Erde könne in naher
Zukunft auch bei terrestrischen Anwendungen eingesetzt werden, sagte Ewald. Neben den
medizinischen Experimenten wurden an Bord der MIR unter anderem auch
materialwissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt.
Gastgeber der Veranstaltung war Prof. Dr. Ernst Messerschmid,
Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme und Prorektor Forschung der Universität
Stuttgart, der die Gäste an der größten europäischen Fakultät für Luft- und
Raumfahrt begrüßt hatte. Es sei seit der D1-Mission eine Tradition geworden, daß
alle zwei Jahre Astronauten nach Stuttgart kommen. Daß diese Tradition bei den
Studierenden kommt ankommt, belegen nicht nur der übervolle Hörsaal, sondern auch die
positive Entwicklung der Studierendenzahlen in der Luft- und Raumfahrttechnik.
/eng
KONTAKT:
Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart, Dipl.-Ing. Jan Osburg,
Tel. 0711/685-2417, Fax 0711/685-3596
WWW: http://www.irs.uni-stuttgart.de/EVENTS/MIR_Kosmonauten.html
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