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Stuttgarter unikurier Nr. 77/78 Februar 1998
Fertigungstechnisches Kolloquium:
Innovation durch Technik und Organisation
 

Die Einheit von Produkt, Entwicklung und Produktion stand im Mittelpunkt des Fertigungstechnischen Kolloquiums am 11. und 12. November 1997, einer Veranstaltung von sechs Instituten der Universität Stuttgart, zwei Fraunhofer-Instituten und des Zentrums Fertigungstechnik Stuttgart. Unter dem Motto „Stuttgarter Impulse - Innovation durch Technik und Organisation“ beschäftigten sich rund 500 Fachleute aus Industrie und Wissenschaft mit Innovationspotentialen in der Fertigungstechnik.

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„Wir brauchen den Mut, Deutschland zum innovationsfreudigsten Land zu entwickeln“, ermutigte Prof. Günter Pritschow, Rektor der Universität Stuttgart, in seiner Eröffnungsrede die Anwesenden. Insbesondere die Ausbildung werde zukünftig die Position unserer Wirtschaft im Wettbewerb bestimmen. Hier müßten sowohl von den Universitäten als auch der Industrie die richtigen Signale ausgehen. „Es gilt, den Dialog zwischen Theorie und Praxis zu stärken, nur so können zukunftsweisende Innovationsquellen erschlossen werden“, betonte Prof. Pritschow und forderte einen noch engeren Austausch zwischen Forschung und Praxis.

In einleitenden Impulsvorträgen gaben Fachleute aus Wirtschaft und Wissenschaft einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Trends in der Fertigungstechnik. Aspekte wie „Kundenorientierung“, „Mitarbeiterorientierung“ sowie die enge Zusammenarbeit von Forschung und Anwendung wurden hier als zentrale Punkte angesprochen.

Die Kontroverse „Product or market driven“ stand im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. H. Sabel von der Universität Bonn. Er reklamierte bei heutigen Entwicklungsprozessen eine mangelnde Nutzenorientierung. „Think in the head of the customer - die technologische Lösung muß sich dem Markt unterwerfen“, lautete seine klare Botschaft aus wirtschaftswissenschaftlichem Blickwinkel. Innovation dürfe nicht erst aus Krisen heraus entstehen, sondern müsse ein beständiger, vom „will to kill“ angetriebener Prozeß sein.

Die Realisierung eines technologisch führenden Produktes mit hohem Nutzen präsentierte Dr. Thomas Weber von der Daimler-Benz-AG am Beispiel des neuen Motorenwerkes Bad Cannstatt. „Wirtschaftliche Produktion am Standort Deutschland, die ökologisch vernünftig ist und sichere Arbeitsplätze bietet, ist möglich“, so die Erfahrung bei Daimler Benz. In seinem Beitrag zu Perspektiven in der Fahrzeugentwicklung betonte Daimler Mitarbeiter Dr. Michael Krämer: „Innovation kann nur durch Menschen entstehen“. Die Trends in der Fahrzeugentwicklung würden heute auch durch den Wandel gesellschaftlicher Werte bestimmt. Mit Lifestyle-orientierten Produkten, wie z.B. Minivans, Compact Roadster und Minicars, trage man dieser Entwicklung Rechnung.

Die Innovationen der letzten Jahre im Werkzeugmaschinenbau illustrierte Dr. Hans Klingel von der Firma Trumpf. „Bedürfnisse der Kunden und neue Forschungsergebnisse müssen heute die technologische Weichenstellung bestimmen“, faßte er die Tendenzen in diesem Bereich zusammen. Die Produktion sei ein dynamisches Feld, das sich an seinen immer wieder aufs Neue zu definierenden Grenzwerten orientiere. „Im Moment findet eine Mutation vom Maschinen- zum Systemlieferanten statt“, resümierte Klingel den Trend von der Produktherstellung zur Lieferung von Ideen und Problemlösungen.

„Die Ausweitung von Innovationsprozessen über die Produktion hinaus auf die gesamte Wertschöpfungskette wird vor allem durch ganzheitliche Lösungen mit vernetzen Strukturen unterstützt“, führte Dr. Claus Heinrich von der SAP AG in Konzepte einer völlig neuen Anwendersoftware ein. Diese soll als integrierte Lösung die Durchführung und Abbildung ganzer Produktprozesse ermöglichen. Zukunftspotential sieht man in dem Softwareunternehmen dabei konkret im Einsatz von Internet und Intranet, beispielsweise für die Beschaffung.

Die Einladung der Tagungsteilnehmer in Laborräume und Versuchsfelder der neun beteiligten Fertigungstechnischen Institute bot Gelegenheit, vor Ort aktuelle Forschungs-projekte kennenzulernen. Parallel zum Besichtigungsprogramm stellten 30 Vorträge die Arbeit der Institute im Detail vor und vermittelten Einblick in neue Forschungsergebnisse aus Bereichen mit Innovationspotential.

Die zweite Hälfte des Kolloquiums widmete sich in vertieften Fachvorträgen Teilbereichen der Fertigungstechnik. Prof. Klaus Siegert vom Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart berichtete im Bereich „Fertigung im und für den Fahrzeugbau und Karosseriebau“ über die „Verkürzung der Prozeßkette bei der Herstellung von Blechbauteilen durch integrierte Verfahrenskombinationen“. Im Teilbereich „Wandlungsfähige Produktion“ stellte Prof. Engelbert Westkämper vom Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb der Uni Stuttgart Konzepte und Visionen zur „Lernfähigen Produktion“ vor. Um „Dienstleistung als neue Kernkompetenz des Produktionsbetriebs“ drehte sich der Beitrag von Prof. Hans-Jörg Bullinger vom Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement im Teilbereich „Chancen für den Produktionsbetrieb im Dienstleistungsbereich. In einer weiteren Session standen „Innovationen im Maschinenbau“ im Blickpunkt der Fachvorträge.

Wie in vergangenen Jahren bot auch das diesjährige Fertigungstechnische Kolloquium eine breite Plattform, um den Austausch zwischen Industrie und Forschung zu fördern. „Wir müssen uns der Verpflichtung zur Innovation unterziehen“, lautete der Aufruf von Uni-Rektor Pritschow in seiner Begrüßungsrede - mit der erfolgreich durchgeführten Veranstaltung ist man diesem Ziel einen Schritt näher gekommen.

U. Felger

 

KONTAKT
Institut für Werkzeugmaschinen, Dipl.-Ing. Harald Krondorfer, Holzgartenstraße 17, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3863, Fax 0711/121-3858
e-mail: harald.krondorfer@po.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart 1998