Das Kolloquium orientierte sich an Prof. Rühles beruflichem, übrigens
reinen Stuttgarter Lebensweg. Schon in den späten 60er Jahren hat er der Anwendung der
elektronischen Datenverarbeitung in den Ingenieurwissenschaften den Weg geebnet,
insbesondere durch die maßgebliche Entwicklung des Daten und Methoden gleichermaßen
integrierenden Programmsystems RSYST als Basis für objektorientiertes Software
Engineering am Institut für Kernenergetik und Energiesysteme. Dies erläuterte Priv.-Doz.
Dr.-Ing. Fritz Schmidt als Leiter der dortigen Abteilung Wissensverarbeitung und Numerik
an Beispielen aus den Bereichen Reaktorsicherheit und Umwelttechnik. Den Studierenden des
Maschinenbaus hat Prof. Rühle im Rahmen seines Lehrstuhls Anwendungen im Maschinenwesen
schon sehr früh die immer wichtiger werdenden Kenntnisse in der Anwendung der
wissenschaftlichen Datenverarbeitung zur Lösung ingenieurwissenschaftlicher
Fragestellungen unter Verwendung komplexer Datenmodelle und Methoden zur Beschreibung
abstrakter Systeme und Modelle nahegebracht. Hierbei war ihm die Wiederverwendung von
Bewährtem wichtig, was die Langlebigkeit und Aktualität seiner Softwareentwicklungen und
-konzepte in hohem Maße kennzeichnet.
Rühles Verdienste um das wissenschaftliche Rechnen an der Universität
Stuttgart und seinen erfolgreichen Einsatz bei der Beschaffung modernster,
leistungsstarker Computer für den Wissensstandort Stuttgart hob Prof. Dr.-Ing. Alfred
Voss, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, hervor, der in
Vertretung des Dekans der Fakultät Energietechnik sprach. Als Leiter des Rechenzentrums
hat Prof. Rühle dieses zum weltweit anerkannten Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart
(HLRS) weiterentwickelt und dabei die Kooperation mit der Industrie stark ausgebaut, was
sich in der 1995 gegründeten hww GmbH als Betriebsgesellschaft für
Höchstleistungsrechner in einem verteilten Rechenzentrum zwischen den Standorten
Stuttgart-Untertürkheim und Vaihingen etabliert hat. Die gemeinsame Nutzung der
Rechneranlagen bringt dabei für alle Partner immense wirtschaftliche Vorteile und
Synergieeffekte. Im Rahmen des ersten Bundesrechenzentrums steht diese Rechnerleistung
allen wissenschaftlichen, öffentlich geförderten Einrichtungen in Deutschland zur
Verfügung, und zwar mit fachbezogener wissenschaftlicher Unterstützung durch Mitarbeiter
des HLRS und weiterer Kompetenzzentren.
Die Notwendigkeit und der nutzbringende Einsatz dieser
Vektor- und parallelen Supercomputer neuester Technologie in Forschung und Entwicklung
wurde an beeindruckenden Beispielen erläutert, wie etwa bei der numerischen Simulation
schlanker Wirbel im Zylinder eines Kolbenmotors bei 2.000 Umdrehungen pro Minute. Prof.
Dr. Egon Krause von der RWTH Aachen verwies auf die derzeit bundesweit nur in Stuttgart
verfügbare und für diese Art der Simulation unbedingt notwendige Rechen- und
Speicherkapazität.
Der Prorektor für Forschung und Technologie, Prof. Dr. Ernst
Messerschmid, würdigte den Forschungsmanager Rühle, seinen Einsatz und seinen Mut zum
Risiko, verbunden mit seinem Engagement, mit an der Spitze des technologischen
Fortschrittes zu stehen. Dies habe maßgeblich zum hohen internationalen Ansehen der
Universität und des Rechenzentrums beigetragen. Seine Initiativen in der Ausbildung mit
dem seit 1973 bestehenden Pflichtfach Anwendungen der Informatik im Maschinenwesen, in der
Softwareintegration, im Bereich der schnellen Netze und nicht zuletzt im
Informationsmanagement, unter anderem durch die sehr frühe Bereitstellung der
Internettechnologien, sowie im Bereich der Industrie- und internationaler
Projektkooperationen seien zu wichtigen Eckpfeilern der Universität geworden. Dies machte
auch Jean-Pierre Peltier von ONERA, der französischen Luft- und Raumfahrtbehörde, in
seinem Vortrag über Höchstleistungsrechnen und schnelle, multimediale
Kommunikationstechnologien deutlich; er betonte gleichzeitig die Notwendigkeit der
wissenschaftlichen Visualisierung von Simulationsergebnissen, wie sie am RUS seit Jahren
intensiv auch im Rahmen von europäischen Projekten eingesetzt, weiterentwickelt und
unterstützt wird.
Als intensiven Verfechter des Höchstleistungsrechnens in
Baden-Württemberg, der dieses wesentlich mitgeprägt habe, würdigte Dr. Georg Bopp vom
Wissenschaftsministerium Prof. Rühle. Die enge Zusammenarbeit mit der Industrie eröffne
neue Möglichkeiten des Wissenschaftstransfers und werde die Einführung des
entwicklungsbezogenen Parallelrechnens in der Industrie nachhaltig beschleunigen.
Aus industrieller Warte spannte Michael Heib von der debis
Systemhaus GmbH und gemeinsam mit Rühle Geschäftsführer der hww GmbH den Bogen über
zehn Jahre Supercomputing. Höchstleistungsrechnen in der Industrie ist heute trotz
verschiedenartiger Architekturen zur täglichen Notwendigkeit geworden.
Simulationsrechnungen dauern eben nicht mehr Wochen, sondern nur noch Stunden und können
so Entwicklungszeiten immens verkürzen helfen. Die nächste Herausforderung für den
alltäglichen, industriellen Einsatz sind Parallelrechner und parallele
Anwendungssoftware.
Der Leiter des Rechenzentrums der Universität Tübingen,
Prof. Dr. Dietmar Kaletta, zeigte den Wandel des klassischen Rechenzentrums zum
Dienstleistungszentrum und würdigte dabei Rühles Zukunftsorientierung.
J.A./H.P.
|