Insgesamt fünfzig Ohrenärzte, Audiologen und Ingenieure aus Dänemark,
Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Japan, der Schweiz, Tschechien
und den USA trafen sich zu intensivem Austausch und kritischen Diskussionen ihrer
Ergebnisse auf dem Gebiet der Hörforschung. Drei Übersichtsvorträge waren den einzelnen
Themen Gehör, chirurgische Rekonstruktion und Innenohr gewidmet. Prof. Zenner aus
Tübingen referierte über das Thema Mechanical Sound Processing of the Ear,
Prof. Hüttenbrink aus Dresden erläuterte die Biological and Mechanical Aspects on
Middle Ear Reconstruction und Dr. Dancer aus St. Louis sprach über
Intrachochlear Acoustic Pressure Measurements, Transfer Functions of the Middle Ear
and Cochlear Mechanics. In zwölf Sektionen wurden einunddreißig weitere Vorträge
aus den Bereichen der theoretischen Untersuchungen, der angewandten Forschung in
Laboratorien und der Anwendung in Kliniken präsentiert und von dem interdisziplinär
zusammengesetzen Auditorium lebhaft diskutiert.
Die Vorträge befaßten sich hauptsächlich mit der
mathematischen Beschreibung der Schallübertragung durch das Mittel- und Innenohr und der
dortigen Umsetzung in die elektrischen Signale in den Nerven. Die zentrale Aufgabe ist
hierbei die Formulierung geeigneter Ersatzmodelle, die Bestimmung der zugehörigen
physikalischen Parameter und die Verifizierung der Modelle durch Simulationen und
Messungen. Deshalb waren auch viele Beiträge den Meßmethoden der Laservibrometrie,
Laser-audiometrie und Multifrequenztympanometrie gewidmet, um sowohl verfeinerte Aussagen
für die Diagnose als auch Eingrenzungen für die Parameter der Modelle zu erhalten.
Hohe Anforderungen an Ohrprothesen
Die Ergebnisse der Simulationsrechnungen aus den Modellen sind für die
forschenden und praktizierenden Ärzte von großer Bedeutung, da sich viele Beobachtungen
aus dem klinischen Alltag, wie beispielsweise otoakustische Emissionen, damit gezielter
interpretieren lassen und Vorhersagen über die Auswirkungen von chirurgischen Eingriffen
möglich sind. Insbesondere bei der Entwicklung von Prothesen als Ersatz für fehlende
oder funktionsuntüchtige Mittelohrstrukturen sind Simulationsmodelle notwendig, um das
Über-tragungsverhalten von rekonstruierten Gehören so zu optimieren, daß passive und
aktive Implantate eine möglichst natürliche Gesamtübertragungscharakteristik erreichen.
Bei einem rekonstruierten Gehör ist neben der optimalen konstrukiven Auslegung der
Prothese auch deren günstige Plazierung im Ohr und das Langzeitverhalten insbesondere
hinsichtlich ihrer Biokompatibilität von großer Bedeutung. Dabei zeigt sich, daß die
Frage nach der besten Prothese nicht global zu beantworten ist. Die
Übertragungscharakteristik einer Prothese darf nicht nur bei speziellen Frequenzen,
sondern muß über größere Frequenzbereiche beurteilt werden. Eine Prothese muß auch
robust sein, das heißt unempfindlich gegen die Veränderung von
Randbedingungen im Mittelohr oder beim Einsetzen der Prothese, sie muß auch von weniger
versierten Operateuren sicher einsetzbar sein.
Zusammenarbeit mit HNO-Klinik der Universität
Tübingen
Mit einer mathematischen Beschreibung der Modelle, wie sie am Institut B für
Mechanik seit Jahren erarbeitet werden, lassen sich auch Schädigungsmechanismen des
Gehörs infolge spezieller Schallereignisse wie laute Musik oder Knalle nachvollziehen und
erklären. Die Arbeiten am Stuttgarter Institut laufen in enger Zusammenarbeit mit der
Hals-Nasen-Ohrenklinik der Universität Tübingen und werden von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft gefördert.
KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. W. Schiehlen, Dr.-Ing. A. Eiber, Institut B für Mechanik,
Pfaffenwaldring 9, 70550 Stuttgart, Tel. 0711/685-6388, 6393, Fax 0711/685-6400
e-mail: ae@mechb.uni-stuttgart.de
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