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Stuttgarter unikurier Nr. 77/78 Februar 1998
Dritter Transferbereich für die Universität Stuttgart:
Schwingungsmessung an Keramikbauteilen
 

Bereits den dritten Transferbereich (TFB) von insgesamt vier in Deutschland hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) nun an der Universität Stuttgart eingerichtet: „Rotationsresonanzvibrometrie an Keramikbauteilen“ lautet der Titel des neuen Transferbe-reichs, in dem das Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde und die Firmen CeramTec AG (Plochingen) und Polytec (Waldbronn) zusammenarbeiten. Die DFG, die die Grundlagenforschung beispielsweise im Rahmen langfristig angelegter Sonderforschungsbereiche (SFB) unterstützt, möchte mit der Einrichtung dieser Transferbereiche die Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse in die industrielle Praxis erleichtern.

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Der neue Stuttgarter Transferbereich ist aus dem ebenfalls an der Universität Stuttgart angesiedelten SFB 381 „Charakterisierung des Schädigungsverlaufes in Faserverbundwerkstoffen mittels zerstörungsfreier Prüfung“ enstanden. Ziel des Projektes ist es, Fehler in keramischen Bauteilen schneller und empfindlicher als bisher erfassen und so mit dieser neuartigen Qualitätssicherungsmöglichkeit den Praxiseinsatz sicherer machen.

Was ist Vibrometrie („Schwingungsmessung“)? Jeder weiß, wie eine Porzellantasse klingt, wenn sie einen Riß hat. Den Unterschied zur unbeschädigten hört man sofort. Hierbei wird die Schwingung durch Anschlagen erzeugt, vom Ohr aufgenommen und mit dem im Gehirn durch Erfahrung abgespeicherten Klangmuster der intakten Tasse verglichen und ausgewertet. Das ist die einfachste Form der Vibrometrie, die allgemein die Aufgabe hat, Frequenzen zu erfassen und zu interpretieren.

Eine vergleichbare Aufgabenstellung gibt es auch im SFB 381: Der Schädigungsverlauf von modernen Faserverbundwerkstoffen soll mittels Vibrometrie verfolgt werden. Der Vorteil gegenüber Röntgen- und Ultraschallverfahren liegt darin, daß man mit diesem „integralen“ Meßverfahren gewissermassen „auf einen Schlag“ ohne zeitaufwendige Bildrasterung und Auswertung erfährt, ob ein Bauteil Schaden genommen hat. Nur ist in diesem anspruchsvollen Fall das Ohr nicht der optimale Analysator: Mit aufwendigen Geräten ersetzt man Finger, Ohr und Gehirn, wobei auch sehr geringfügige Veränderungen des Klangspektrums erkannt und mit Schädigungen in Zusammenhang gebracht werden. Besonders gut geht das dann, wenn die Schwingungen völlig berührungslos erzeugt und erfaßt werden. Die Wissenschaftler der Abteilung „Zerstörungsfreie Prüfung“ des Instituts für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde (IKP) der Universität Stuttgart setzten dafür beispielsweise Laser ein: Einen Laser, der die Schwingung (durch Intensitätsmodulation) erzeugt, und einen weiteren für ihren Nachweis.
Eine gute Antwort kann zu mehr als einer einzigen Frage passen und so wurde am IKP die Methode nicht nur für die Aufgaben im SFB 381 eingesetzt, sondern auch zur Untersuchung keramischer Bauteile, wobei an diesem nur schwach dämpfenden Werkstoff die sehr hohe Empfindlichkeit der Methode auffiel. Die positiven Ergebnisse führten zu der Überzeugung, daß die winzigen Werkstoffdefekte (z.B. Poren, Körner...), die den routinemäßigen Einsatz z.B. von mechanisch hochbelasteten Bauteilen oft behindern, mit der hochaufgelösten berührungslosen Vibrometrie zu erkennen sein sollten, so daß entsprechende Aussortierungen oder - besser noch - produktionsverbessernde Maßnahmen möglich werden sollten. Für schnelle Prüfverfahren, die eine 100prozentige Kontrolle erlauben, interessiert sich die Industrie, zumal erfolgreiche Keramikforschung im Ausland (z.B. Japan) erheblichen Konkurrenzdruck ausübt.

Offizieller Start für den neuen TFB, in dem die Stuttgarter Wissenschaftler mit den Firmen CeramTec und Polytec zusammenarbeiten, war am 1. August 1997. Die CeramTec AG ist der weltweit drittgrößte Hersteller von technischer Keramik, Polytec ist weltweit führend als Vibrometerhersteller. Diese beiden Firmen finanzieren beinahe die Hälfte des Projektes, dessen Gesamtvolumen etwa 1,2 Mio DM beträgt; die andere Hälfte trägt die DFG. Die Mittel der DFG werden ausschließlich der Universität Stuttgart zur Verfügung gestellt.

 

KONTAKT
Prof. Dr. Gerhard Busse, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde der Universität Stuttgart, Pfaffenwaldring 32, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/685-2626, -2627, Fax 0711/685-2066

 


last change: 09.06.98 / eng
Pressestelle der Universität Stuttgart 1998