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Stuttgarter unikurier Nr. 77/78 Februar 1998
Zwischenbilanz der Bahnreform:
Betriebswirtschaftliche Unternehmensführung im Visier
 

Unter der wissenschaftlichen Leitung ihres Vizepräsidenten Prof. Dr.-Ing. Gerhard Heimerl von der Universität Stuttgart zog die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft (DVWG) auf einem Seminar am 4./5. September 1997 Zwischenbilanz zum Thema „Standortbestimmung der Bahnreform“: in Ansätzen sind positive Veränderungen erreicht, es steht aber noch ein mehrjähriger Anpassungsprozeß des Bahnverkehrs bevor, soll die größte Unternehmensreform der deutschen Nachkriegsgeschichte gelingen.

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Im Jahr 1994 wurden Bundesbahn und Reichsbahn zu einer Aktiengesellschaft zusammengeführt. Entschuldung, größere Marktnähe, Trennung von Fahrweg und Transport durch interne Neuorganisation, Kostentransparenz und die Öffnung des Fahrweges für andere Anbieter von Schienenleistungen waren die betriebswirtschaftlichen Maximen, an denen sich die Reform orientierte. Bis 1999 wird nun angestrebt, die heutigen Geschäftsbereiche Fahrweg, Personennah-, Personenfern- und Güterverkehr in Aktiengesellschaften zu überführen. Das Seminar am 4./5. September in Bonn diente der Standortbestimmung der Bahnreform.

Staatssekretär Hans-Jochen Henke vom Bundesverkehrsministerium zog eine äußerst positive Zwischenbilanz. Mit dieser Unternehmensreform seien die Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Bahn als starker Partner auf dem Verkehrsmarkt geschaffen worden und schon heute gelte die Schaffung der DB AG europa- und weltweit als Erfolgsmodell. Prof. Heimerl, Ordinarius für Eisenbahn- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart, verwies in diesem Zusammenhang besonders auf die deutlich erkennbare Modifikation des Aufgabenverständisses für den Verkehrsträger Bahn von seiten der Politik, der Wirtschaft und der Öffentlichkeit, aber auch der Bahnen selbst.

Traditionell waren die Eisenbahnen in Deutschland - wie im übrigen Europa - politischer Einflußnahme ausgesetzt. Politische Aspekte hatten vielfach Vorrang vor ökonomischen, was eine betriebswirtschaftliche Unternehmensführung behinderte. Unter diesen Rahmenbedingungen konnten auch Rationalisierungsmaßnahmen ohne Veränderung der Unternehmensstruktur nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg schaffen.

Eckpunkte der bisherigen Reformmaßnahmen waren einmal die Übertragung der Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr auf Länderebene zum 1.1.1996. Zudem haben inzwischen kleinere Bahngesellschaften die Betriebsführung auf Strecken übernommen, die von der DB nur noch mit reduziertem Angebot betrieben wurden oder zur Stillegung anstanden. Der Nahverkehr konnte durch neue Fahrzeuge attraktiver gemacht werden ebenso wie der inzwischen wirtschaftlich konsolidierte Fernverkehr. Der Güterverkehr bildet die Ausnahme und konnte nach zunächst erheblichen Einbrüchen erst im letzten Jahr leicht positive Zahlen schreiben.

Prof. Heimerl warnte indes in seiner Zusammenfassung vor der Auffassung, alle Probleme seien schon gelöst. Vielmehr stehe noch ein mehrjähriger Anpassungsprozeß bevor, in dem die Bahnen ihren Platz im Verkehrsmarkt behaupten und ausbauen müßten. Letzteres gelte, so Heimerl, vor allem für den Güterverkehr, der nicht zuletzt durch den Marktzugang osteuropäischer Niedriglohnunternehmen hart umkämpft sei.

ck

 

KONTAKT
Prof. Dr. -Ing. Gerhard Heimerl, Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen/ Verkehrswissenschaftliches Institut, an der Uni Stuttgart, Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/685-6367, Fax 0711/685-6666,
e-mail: euv.vwi@po.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart 1998