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Stuttgarter unikurier Nr.79/Juni 1998
Stuttgarter Beiträge für internationalen Fusionsreaktor:
Plasmaheizung mit leistungsstarken Mikrowellen
 

Seit 1988 arbeiten Wissenschaftler im Rahmen der vier großen Fusionsprogramme der Welt - Europas, Japans, der russischen Föderation und der USA - gemeinsam daran, einen Internationalen Thermonuklearen Experimentalreaktor (ITER) zu konzipieren. Der Testreaktor ITER soll zeigen, daß es physikalisch und technisch möglich ist, durch Kernverschmelzung Energie zu gewinnen. Im April diesen Jahres hielt Dr. Robert Aymar, der Direktor des ITER-Projektes, an der Universität Stuttgart einen Vortrag über die Ziele dieses weltweiten Forschungsprogramms. Auch das Institut für Plasmaforschung der Universität Stuttgart ist mit seinen Forschungen zur Plasmaheizung mit leistungsstarken Mikrowellen und mit Entwicklungen zur Plasmadiagnostik in dieses Programm eingebunden.

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Wie im Sonneninneren wird in der technisch erzeugten Kernfusion die Energie durch die Verschmelzung von leichten Atomkernen freigesetzt. Der Brennstoff für diese nahezu unerschöpfliche Energiequelle ist ein dünnes Gas aus den beiden Wasserstoffsorten Deuterium und Tritium, das beim Fusionsprozeß zu Helium verbrennt. Zum Zünden und zum Brennen des Fusions-„Feuers" muß dieser Brennstoff auf sehr hohe Temperaturen aufgeheizt und in Magnetfeldern eingeschlossen werden.

 

Ringförmiger Magnetfeldkäfig
Als Prototyp eines Fusionsreaktors diesen Typs wird der ITER in internationaler Zusammenarbeit an den drei Fusionszentren in San Diego/USA, in Naka/Japan und am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München erarbeitet. Als mögliche Standorte der etwa 30 Meter hohen ITER-Anlage, die als ringförmig geschlossener Magnetfeldkäfig geplant ist, gelten derzeit Japan, Italien oder Kanada. Zwanzig supraleitende Hauptfeldspulen und acht Zusatzspulen erzeugen das Magnetfeld um das Plasma, in dem ein Strom mit Stärke von 21 Millionen Ampere fließt. 100 Megawatt Startleistung werden zum Zünden der Fusionsreaktionen benötigt, das Plasma soll eine Fusionsleistung von 1500 Megawatt über Pulsdauern von mindestens 1000 Sekunden erzeugen.

 

Mikrowellen-Plasmaheizung
Mit Beiträgen zur Auslegung der Mikrowellen-Plasmaheizung und zur Entwicklung von Plasmadiagnostik-Systemen ist das Institut für Plasmaforschung (IPF) der Universität Stuttgart an den Forschungsarbeiten zum Aufbau des Experimetalreaktors beteiligt.

Eine besonders wirkungsvolle Heizung des Plasmas wird dadurch erreicht, daß - ähnlich wie in einem Mikrowellenherd, allerdings mit erheblich höherer Leistung und größerer Frequenz - Wellen in das Plasma eingestrahlt werden und die Wellenener-gie bei der sogenannten Elektron-Zyklotron-Resonanz auf die im Magnetfeld kreisenden Elektronen des Plasmas übertragen werden. Bei geeigneter Einstrahlungsgeometrie kann mit diesen Wellen auch ein hoher Strom im Plasma erzeugt werden.

Das IPF entwickelt Komponenten für die möglichst verlustfreie Übertragung sehr hoher Mikrowellen-Leistungen von den Sendern zum Plasma und für die Wandlung der Wellen in die zur Plasmaheizung besonders geeigneten Moden. Die entwickelten Systeme werden in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München erprobt und zur Plasmaheizung, zum Stromtrieb sowie zur Unterdrückung von magnetohydrodynamischen Instabilitäten an den in Garching laufenden Fusionsexperimenten bereits sehr erfolgreich eingesetzt. Die dabei gewonnenen Erfahrungen haben es dem IPF ermöglicht, detaillierte Planungen für ITER sowie für die in Greifswald im Aufbau befindliche europäische Fusionsanlage Wendelstein 7-X auszuführen.

Wegen der zunehmenden Bedeutung der Wechselwirkung der Plasmen mit den Wänden und den damit zusammenhängenden Materialfragen beschäftigt sich das IPF auch mit der detaillierten Analyse der Randschichten magnetisch eingeschlossener Fusionsplasmen durch hochauflösende optische Spektroskopie. Diese Fragen stehen in enger Beziehung zur Plasmatechnologie, einem weiteren wichtigen Arbeitsgebiet des IPF, das immer häufiger industrielle Anwendung findet. Das IPF wird dazu im März nächsten Jahres die 9. Bundesdeutsche Fachtagung für Plasmatechnologie ausrichten.

 

KONTAKT
Prof. Dr. rer. nat. Uwe Schumacher, Institut für Plasmaforschung, IPF, Pfaffenwaldring 31, 70569 Stuttgart; Tel. 0711/685-2302; Fax: 0711/685-3102;

e-mail: schumach@ipf.uni-stuttgart.de
WWW: http://www.uni-stuttgart.de/ipf

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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