Wie im
Sonneninneren wird in der technisch erzeugten Kernfusion die Energie durch die
Verschmelzung von leichten Atomkernen freigesetzt. Der Brennstoff für diese nahezu
unerschöpfliche Energiequelle ist ein dünnes Gas aus den beiden Wasserstoffsorten
Deuterium und Tritium, das beim Fusionsprozeß zu Helium verbrennt. Zum Zünden und zum
Brennen des Fusions-Feuers" muß dieser Brennstoff auf sehr hohe Temperaturen
aufgeheizt und in Magnetfeldern eingeschlossen werden.
Ringförmiger Magnetfeldkäfig
Als Prototyp eines Fusionsreaktors diesen Typs wird der ITER in internationaler
Zusammenarbeit an den drei Fusionszentren in San Diego/USA, in Naka/Japan und am
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München erarbeitet. Als mögliche
Standorte der etwa 30 Meter hohen ITER-Anlage, die als ringförmig geschlossener
Magnetfeldkäfig geplant ist, gelten derzeit Japan, Italien oder Kanada. Zwanzig
supraleitende Hauptfeldspulen und acht Zusatzspulen erzeugen das Magnetfeld um das Plasma,
in dem ein Strom mit Stärke von 21 Millionen Ampere fließt. 100 Megawatt Startleistung
werden zum Zünden der Fusionsreaktionen benötigt, das Plasma soll eine Fusionsleistung
von 1500 Megawatt über Pulsdauern von mindestens 1000 Sekunden erzeugen.
Mikrowellen-Plasmaheizung
Mit Beiträgen zur Auslegung der Mikrowellen-Plasmaheizung und zur Entwicklung von
Plasmadiagnostik-Systemen ist das Institut für Plasmaforschung (IPF) der Universität
Stuttgart an den Forschungsarbeiten zum Aufbau des Experimetalreaktors beteiligt.
Eine besonders wirkungsvolle Heizung des Plasmas wird dadurch erreicht, daß - ähnlich
wie in einem Mikrowellenherd, allerdings mit erheblich höherer Leistung und größerer
Frequenz - Wellen in das Plasma eingestrahlt werden und die Wellenener-gie bei der
sogenannten Elektron-Zyklotron-Resonanz auf die im Magnetfeld kreisenden Elektronen des
Plasmas übertragen werden. Bei geeigneter Einstrahlungsgeometrie kann mit diesen Wellen
auch ein hoher Strom im Plasma erzeugt werden.
Das IPF entwickelt Komponenten für die möglichst verlustfreie Übertragung sehr hoher
Mikrowellen-Leistungen von den Sendern zum Plasma und für die Wandlung der Wellen in die
zur Plasmaheizung besonders geeigneten Moden. Die entwickelten Systeme werden in
Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München
erprobt und zur Plasmaheizung, zum Stromtrieb sowie zur Unterdrückung von
magnetohydrodynamischen Instabilitäten an den in Garching laufenden Fusionsexperimenten
bereits sehr erfolgreich eingesetzt. Die dabei gewonnenen Erfahrungen haben es dem IPF
ermöglicht, detaillierte Planungen für ITER sowie für die in Greifswald im Aufbau
befindliche europäische Fusionsanlage Wendelstein 7-X auszuführen.
Wegen der zunehmenden Bedeutung der Wechselwirkung der Plasmen mit den Wänden und den
damit zusammenhängenden Materialfragen beschäftigt sich das IPF auch mit der
detaillierten Analyse der Randschichten magnetisch eingeschlossener Fusionsplasmen durch
hochauflösende optische Spektroskopie. Diese Fragen stehen in enger Beziehung zur
Plasmatechnologie, einem weiteren wichtigen Arbeitsgebiet des IPF, das immer häufiger
industrielle Anwendung findet. Das IPF wird dazu im März nächsten Jahres die 9.
Bundesdeutsche Fachtagung für Plasmatechnologie ausrichten.
KONTAKT
Prof. Dr. rer. nat. Uwe Schumacher, Institut für Plasmaforschung, IPF, Pfaffenwaldring
31, 70569 Stuttgart; Tel. 0711/685-2302; Fax: 0711/685-3102;