Die Welt ändert sich atemberaubend schnell, deshalb darf die Planung
nicht als reine Lehre auf der Strecke bleiben", sagte Christa Thoben,
Staatssekretärin aus dem Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.
Neue Vorstellungen für staatliches Planen und Handeln seien notwendig. Dabei seien die
Politiker in Zeiten der Umgestaltung auf den Rat der praxisorientierten Wissenschaft
angewiesen. Mit zeitnahen Lösungen könne die Raumordnung an Bedeutung gewinnen und
ebenso, wenn sie das Konfliktmanagement übernähme.
Zwischen den östlichen und westlichen Bereichen Ungarns hätten sich nach dem Fall des
Eisernen Vorhangs regionale Disparitäten verstärkt, berichtete Dr. Péter Szaló. Szaló
ist Unterstaatssekretär im ungarischen Ministerium für Umwelt und Regionalpolitik. Im
Osten seines Landes sei beispielsweise die Arbeitslosigkeit hoch und der Lebensstandard
niedrig, während gerade die Gegend um Budapest schon besonders weit entwickelt sei. Um
diese Unterschiede auszugleichen, sei im Jahr 1992 der Regionalentwicklungsfond gegründet
worden. Ohne aber Prinzipien der Europäischen Union wie Dezentralisierung, Partnerschaft
und Unterstützung umzusetzen, würden die knappen Mittel oft unkoordiniert dafür
eingesetzt, die Infrastruktur zu verbes-sern. In China stünden die Regionalplanung und
die nachhaltige Entwicklung häufig im Konflikt mit den kurzfristigen Interessen der
Menschen, sagte Prof. Chen Yuxiang aus Peking. Yuxiang ist stellvertretender
Generaldirektor des Verwaltungszentrums für die Agenda 21 der Volksrepublik China. Die
wirtschaftliche Entwicklung sei bereits vorangeschritten, werde aber vielfach immer noch
als wichtiger angesehen als beispielsweise der Schutz der Umwelt. Als Ursache hierfür
sieht Yuxiang die nach wie vor weit verbreitete Armut. Damit Verbesserungsprogramme Erfolg
haben, müsse man besonders die Sichtweise der Entscheider zu verändern suchen und
systematische Planungsmethoden anwenden. Wer die Verschmutzung eines Sees managen
will, muß sich zuerst um den Fluß kümmern, der ihn speist, und noch davor um die
Quellregionen, in denen die Armut dazu führt, daß Menschen das Ökosystem
schädigen", so Yuxiang. China könne bei der Entwicklungsplanung von den
industrialisierten Ländern lernen. In diesem Sinne dankte der Wissenschaftler seinen
deutschen Kollegen vom Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Uni
Stuttgart. Er hoffe, daß sie auch weiterhin zusammenarbeiten würden.
Prof. Jean-Louis Guigou von der französischen Raumentwicklungsbehörde DATAR stellte
die Arbeitsweise seiner 1963 gegründeten Institution vor. Mit knapp 200 Mitarbeitern habe
sie unter anderem die Aufgabe, alle Pläne, die mit der Raumordnung zu tun hätten, zu
überprüfen und aufeinander abzustimmen - unabhängig davon, aus welchem Ministerium sie
kämen.
In Deutschland gibt es Lösungen für die hiesigen Probleme, in Frankreich
solche, die für unsere Probleme geeignet sind - nur europäische Lösungen gibt es
bislang nicht", so Guigou weiter. Dabei werde Europa bald wachsen. Die heutige
Entwicklung in den osteuropäischen Ländern, an denen Deutschland besonderes Interesse
zeige, sei nur gemeinsam und mit viel Solidarität zwischen den Ländern möglich. Für
die südeuropäischen Staaten bedeute der Mittelmeerraum aber ähnlich viel, denn Italien
liege zum Beispiel nur eine halbe Tagesreise von Nordafrika entfernt. Darum bitte
ich Sie, helfen auch Sie uns später aus Solidarität und Freundschaft, die Länder im
Mittelmeerraum zu entwikkeln", schloß Guigou seinen Vortrag.
Wer an seinen Plan glaubt, ist schon auf dem falschen Weg", sagte Prof.
Peter Treuner vom Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität.
Pläne erfüllten ihren Zweck, wo sie als Vehikel zum Überlegen dienten und flexibel
interpretiert würden. Möglichst unterschiedliche Meinungen seien für einen Dialog
genauso wichtig wie die praxisrelevanten Ideen. Die Vorschläge für die Zukunft
haben die jungen Mitarbeiter, die nicht alles glauben, was ihre Chefs erzählen",
meinte Treuner weiter, wir müssen auch Ideen für morgen und übermorgen
produzieren, für die die Nachfrage zum Beispiel von seiten der Politiker noch gar nicht
da ist". /op