Auch Viktor Veil, dessen schriftlicher Nachlaß dem Universitätsarchiv vor
kurzem übergeben wurde, gehörte zu denjenigen, die in den ersten Augusttagen 1914 die
Hörsäle verließen und in den Krieg zogen. Der Beruf des Vaters, der in Schorndorf eine
Maschinen-Werkstätte" betrieb, wird für die Wahl einer technischen Ausbildung
ausschlaggebend gewesen sein. Der Sohn besuchte zunächst die Oberrealschule in Cannstatt
und studierte dann ab dem Wintersemester 1911/12 an der TH Stuttgart Bauingenieurwesen.
Als Baustein für die Universitätsgeschichte enthält der Nachlaß zwei Schwerpunkte:
Eine große Zahl von sorgfältig ausgearbeiteten Vorlesungsmitschriften sowie Veils
Studienarbeiten sind Dokumente für den Stand der Lehre im Bauingenieurwesen vor dem
Ersten Weltkrieg. Der zweite Schwerpunkt wird von privaten Unterlagen gebildet:
Schriftstücke und Fotos zeigen Veil als Aktiven des akademischen Vereins
Hütte". Hier fand er Zugang zum Kreis prominenter Absolventen der Technischen
Hochschule, wie Robert Bosch oder Carl Bach, ein Beleg für den sozialen Aufstieg des
Handwerkersohns, dessen Grundlage mit dem Ingenieurstudium gelegt war. Diese Unterlagen
und die weiteren Aufzeichnungen wie Stundenpläne, Briefkonzepte, Notizen über Einnahmen
und Ausgaben sowie Veils Natur- und Gelegenheitsgedichte gewähren Einblicke in den Alltag
und das Lebensgefühl der Studentengeneration vor dem Ersten Weltkrieg.
Viktor Veil konnte sein Studium nicht beenden. Er war gerade 24 Jahre alt, als er im
April 1915 an der Westfront fiel.
Norbert Becker