Ein paar Vorlesungen oder Kurse in englischer Sprache zu halten, das
allein wäre für mich keine Internationalisierung", sagte Dr. Anita Fetzer vom
Institut für Linguistik/Fachrichtung Anglistik. Dies sei zwar die kostengünstigste
Variante, doch deren Nutzen sei ihrer Meinung nach fraglich. Fetzer schlug vor, den
Austausch von Methoden, Inhalten und Organisation der Lehre zwischen verschiedenen
Ländern zu fördern. Für Studierende beispielsweise bringe ein Auslandsaufenthalt nicht
nur vertiefte Sprachkenntnisse, er motiviere sie auch. Wer das Studium aus einer ganz
anderen Perspektive kennengelernt habe, sei viel besser in der Lage, seine
Hochschulausbildung in Deutschland strukturiert und damit schneller zu Ende zu führen.
Auch Professoren austauschen
Der einjährige Aufenthalt in Frankreich war eine Horizonterweiterung für
mich", berichtete Martin Renner, Student der Mathematik, Philosophie und Geschichte.
Um Deutschland für Studierende aus aller Welt attraktiver zu machen, müßten sich
die Universitäten bewegen und beispielsweise Leistungen anerkennen, die im Ausland
erbracht wurden. Daneben sollten nach Ansicht des Studierenden auch Professoren
ausgetauscht werden, damit sie andere Strukturen und andere didaktische Rahmen"
kennenlernen.
Die deutschen Universitäten seien charakterisiert durch die Einheit von Forschung und
Lehre, sagte der Prorektor für Lehre, Prof. Eckart Olshausen. Weil diese so typisch in
anderen Ländern nicht ausgeprägt sei, kämen ausländische Studierende vielleicht auch
aus diesem Grund hierher. In der Forschung sei die Internationalisierung schon
alltäglich. Daß bei diesem Thema der wirtschaftliche Aspekt vorherrscht",
störe ihn aber im Hinblick auf die Lehre. Vielmehr sei die Internationalisierung an sich
wünschenswert und müsse auch dann beibehalten werden, wenn nach der Wirtschaft andere
politische Themen im Vordergrund stünden.
Vorbereitung auf den internationalen Arbeitsmarkt
Daß die Studierenden auf den internationalen Arbeitsmarkt vorbereitet sind, hält Dr.
Wolf Wölfel vom Physikalischen Institut für einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt. Die
Hochschulen sollten durch ein erweitertes Angebot die Weltoffenheit der deutschen
Studierenden fördern, so Wölfel. Für die studierenden Ausländer müßten
Sprachbarrieren abgebaut und Abschlüsse standardisiert werden. Wichtig sei aber auch,
daß Bevölkerung und Behörden ihnen offener gegenüberträten: Wir müssen
Brükken bauen".
Hoher Lehrstandard
Da Studierende weltweit zwischen allen Hochschulen wählen könnten, sei für die
deutschen Universitäten ein besseres Marketing erforderlich, meinte Michael Lateier,
Student der Politikwissenschaft. Der Standard der Lehre sei hoch, was aber vielfach nicht
anerkannt werde.
Wir legen allen Studierenden nahe, ein Semester im Ausland zu verbringen",
berichtete Prof. Monika Auweter-Kurtz vom Institut für Raumfahrtsysteme. Sie betonte,
daß für einen solchen Austausch persönliche Kontakte der Mitarbeiter zu Instituten im
Ausland besonders hilfreich seien. Programme und Betreuung im Einzelfall erforderten
jedoch viel Arbeit. Viele Aktivitäten waren bisher nur möglich, weil sich die
Kräfte an unserer Fakultät so engagieren", so die Wissenschaftlerin. Statt neue
Kapazitäten für eine Internationalisierung zu schaffen, müsse in Zukunft aber Personal
abgebaut werden.
Keine Schmalspurstudiengänge
Das ist in meinen Augen nicht zur Deckung zu bringen", meinte Auweter-Kurtz.
Sie sehe die Aufgabe der Universitäten darin, einer Elite eine breite Wissensbasis und
selbstverantwortliches Lernen zu vermitteln. Verschulte Systeme aus anderen Ländern oder
Schmalspurstudiengänge wie in Amerika" könnten das Niveau der Ausbildung hier
senken. Daher sollten sie ihrer Ansicht nach den deutschen Hochschulen nicht als Beispiel
dienen, wenn über internationale Studiengänge diskutiert wird.
/op
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